Standgeld

Standgeld

Backgroundcheck Standgeld: Der Empfänger schuldet grundsätzlich zur Fracht ein Standgeld wegen Überschreitung der Entladezeit, wenn der Absender das Entladen schuldet und der Frachtführer von der Verzögerung Mitteilung gemacht hat. Oder wenn das Standgeld vertraglich vereinbart wurde.

Rechtliche Lage in den CMR-Staaten unterschiedlich

Der Standgeldanspruch entfällt, jedoch wenn die Zeitüberschreitung in den Verantwortungsbereich des Absenders fällt. Dies ist etwa nicht der Fall, wenn der Frachtführer die Verladung und Entladung übernommen hat und er sich deshalb Defekte seiner Ladehilfsmittel, den Krankenstand oder Streik seiner Arbeitnehmer zurechnen lassen muss. Beim Auftreten von neutralen Verzögerungen, wie etwa einer rechtswidrigen Beschlagnahme des LKWs an der Grenze, ist die Rechtslage in den verschiedenen CMR-Staaten unterschiedlich (siehe unten).

Angemessenheit des Standgeldes

Die Angemessenheit der Vergütung bemisst sich dann grds. an den am Ort der Entladezeit üblichen Sätze, wenn die angemessene Vergütung nicht aus dem Mittel von Fahrerlohn zuzüglich Spesen und Auslösungen sowie etwaigen betriebsabhängigen Kosten ermittelt wird. Von 33 Euro/Stunde (Amtsgericht Bonn) über 66 Euro/Stunde (Amtsgericht Villingen) bis 60 Euro/Stunde (Amtsgericht Mannheim) reichen die Sätze, die deutsche Gerichte pauschal als angemessen akzeptieren. Der österreichische OGH hat kürzlich sogar 200 Euro als Standgeld für angemessen erachtet.

Standgeld und Ladungssicherung

Vorsicht bei der Ladungssicherung: Da dem Gesetz nach der Absender die beförderungssichere Verladung schuldet, fallen Verzögerungen in die Sphäre des Frachtführers, wenn mangels ausreichender Weisungen des Frachtführers betriebsunsicher verladen wird und nachträglich eine betriebssichere Ladung vorgenommen werden muss. Hier entfällt der Standgeldanspruch!

Widersprechende Standgeldregeln in AGBs

Fall des AG Mannheim:  Der Frachtführer führte für den Absender einen Transport innerhalb Deutschlands durch. Der Auftrag kann zunächst telefonisch zu Stande, danach übersandte die Absenderin per Mail ihren Transportauftrag, den der Frachtführer schriftlich bestätigte In den gegenseitig übersandten AGBs befanden sich widersprechende Bedingungen zur Zahlung von Standgeld. Als Ladetermin wurde ein Zeitraum von 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr festgelegt. Gleichwohl wurde erst um 14:45 Uhr mit der Beladung begonnen und diese um 15:10 Uhr beendet worden, obwohl der Frachtführer bereits vor 12:00 Uhr zum Ladeort gekommen war und sich ladebereit gemeldet hatte. Für die entstandene Verzögerung möchte der Frachtführer ein Standgeld von 30 Euro/halbe Stunde vom Empfänger haben.

AG Mannheim entschied zugunsten des Frachtführers

Zurecht, wie das Gericht unter Verweis auf die Standgeldvereinbarung und § 412 III HGB feststellte, weil der Frachtführer zu Beginn des Zeitintervalls ladebereit an der Verladestelle bereitstand. Auf diesen Zeitpunkt und nicht das Ende des Zeitintervalls sei abzustellen, um einen geordneten Ladebetrieb und Frachtumschlag sicherzustellen. Ansonsten müsste der Frachtführer ja auch bei großzügig bemessenen Ladeterminen – solche können mehrere Stunden erreichen oder auch nur den Tag angeben – erst nach stundenlangem Zuwarten mit der Verladung beginnen.

Vertragliche Regeln zum Standgeld treffen

Praxishinweis: Vertraglich sollten die Voraussetzungen und die Höhe von Standgeldern vereinbart werden, denn das deutsche Recht trifft mit § 421 III HGB nur eine grundsätzliche Regelung. Zum Teil ging die Praxis bisher sogar davon aus, dass pauschal maximal zwei Stunden Wartzezeit für die Beladung und maximal zwei Stunden für die Entladung bei Komplettladungen von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 40 Tonnen ein angemessener Zeitraum seien und zu keinem Standgeldanspruch führen. Daher: Gestalten Sie die Rechtslage für sich um!

CMR kennt originären Standgeldanspruch nicht

Vorsicht: Im internationalen Straßengüterverkehr sieht die CMR zwar einen Kostenersatzanspruch für reine Verladekosten vor, nicht aber für das Standgeld (str.). Daher sollten Sie im internationalen Straßengüterverkehr immer eine Standgeldvereinbarung treffen, da in den CMR-Staaten nur teilweise ein Handelsbrauch dahingehend besteht, dass Standgeld gezahlt werden muss.

Transporte nach Österreich

Dazu eine interessante Entscheidung des OGH Wiens vom 17.04.2013: Der Empfänger hatte den Frachtführer mit dem Transport von 20.000 kg gebrauchten Stahlrohren von Panama über Kiew nach Österreich zu Frachtkosten von 1.350,00 Euro. beauftragt. Frachtführer und Empfänger kannten sich, da diese vor über vier Jahren regelmäßig bei Rußlandtransporten zusammengearbeitet hatten (damals ca. 500 LKWLadungen/Jahr). Aus irgendwelchen Gründen endete die Zusammenarbeit. In den AGBs des Frachtführers war seinerzeit folgende Klausel enthalten:  „Die Frachtrate versteht sich zuzüglich der der vereinbarten Kosten für Zusatzleistungen und zuzüglich der üblichen Nebenspesen. Standgeld in GUS, TR, Kaukasus-Republiken bzw. Orientländer: 24 Stunden frei für Be-/Entladung (inkl. Zollformalitäten) in Westeuropa, 48 Stunden frei für Be-/Endtladung (inkl. Zollformalitäten) in GUS, TR, KaukasusRepubliken bzw. Orientländern. Darüber hinaus verreichnen wir 420 Euro pro angefangene 24 Stunden.“

Beschlagnahme der Fracht durch Zoll

Über Frachtpreise und Bedingungen wurde zwischen Empfänger und Frachtführer nicht gesprochen. In seiner Auftragsbestätigung verwies der Frachtführer aber auf seine AGBs, denen der Empfänger nicht widersprach. Es kam dann zum erwarteten Chaos: An der ukrainischen Grenze wurde der Sattelschlepper mit den Stahlrohren vom Zoll fünf Monate lang zu Unrecht beschlagnahmt, weil die Grenzer die Ladung als Abfall eingestuft hatten. Erst auf den Beschluss eines ungarischen Verwaltungsgerichts gab die Staatsanwaltschaft die Ladung frei. Daraufhin forderte der Frachtführer von dem Empfänger ein Standgeld für 167 Tage in Höhe von 33.400 Euro und bekam von den österreichischen Gerichten Recht.

Verzögerung während Beförderung

Warum? Nach österreichischer Rechtsauffassung gehen neutrale Ursachen, wie hier die rechtswidrige Beschlagnahme durch den Zoll, nicht zulasten des Frachtführers. In Deutschland steht zu dieser Frage eine höchstrichterliche Entscheidung noch aus. Anders als nach deutschem Verständnis kann hier auch ein Standgeldanspruch bei Verzögerungen während der Beförderung bis zum Zeitpunkt der Ablieferung entstehen, da es nach der bisherigen Rechslage in der Alpenrepublik keine Sonderregelung im dortigen HGB, wie bei uns in Deutschland gibt. Die vertragliche Standgeldvereinbarung schließlich sah der österreichische Gerichtshof dann durch den Verweis in der Auftragsbestätigung und die zwar zurückliegende, aber Jahre lang andauernde Geschäftsbeziehung zwischen Empfänger und Frachtführer als wirksam vereinbart an. Auch inhaltlich sah er die Klausel als voll wirksam an.

Vorsicht vor unwirksamen Klauseln

Praxistipp: Daher treffen Sie als Frachtführer Standgeldvereinbarungen. Lassen Sie sich dabei von einem Rechtsanwalt beraten, da Klauseln, wie „24 Stunden sind zur Be- bzw. Entladung standgeldfrei“ bereits von deutschen Gerichten als unwirksam erachtet worden sind. Auch die Abrede zwischen Absender und Frachtführer, dass die Ablieferung „frachtfrei“ zu erfolgen habe, führt nach Ansicht des AG Villingen-Schwennigen nicht dazu, dass der Standgeldanspruch gegen de Empfänger entfiele.

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