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Die Folgen verweigerter Mitwirkung

Neues BSG-Urteil: Ausnahme vom Kopfteilungsprinzip bei verweigerter Mitwirkung

Unterkunftskosten bei Hartz IV

Ein häufiger Streitpunkt zwischen Hartz IV-Empfängern und den Jobcentern ist die angemessene Höhe der Unterkunftskosten (lesen Sie hierzu mehr!

Das Kopfteilungsprinzip und seine Ausnahmen

Doch auch wenn hierzu Einigkeit besteht, kann es Probleme geben, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht nur vorübergehend abwesend ist, wenn es eine (Voll-)Sanktionierung gegen ihn gibt oder Mietschulden als einmalige Leistung für die Sicherung der Unterkunft von der Behörde gezahlt werden (zu letzterem: BSG vom 18.11.2014, Az.: B 4 AS 3/14 R). Jetzt hatte das BSG über einen Fall zu entscheiden, wo die Individualansprüche der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht erhöht wurde, nachdem einem Hartz IV-Empfänger die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I gesperrt wurden.

Die Verletzung von Mitwirkungspflichten eines BG-Mitglieds nach § 66 I SGB I

Zurecht, wie das Bundessozialgericht jetzt feststellte (BSG vom 14.2.2018, Az.: B 14 AS 17/17 R). Die Bedarfsgemeinschaft als hier nichtfunktionierende Einstandsgemeinschaft müsse ihr nichtmitwirkendes Mitglied in die Verantwortung nehmen oder die Konsequenzen seines Verhaltens tragen. Mit ihrer Rüge der Verletzung von § 22 SGB II drangen die Kläger daher nicht durch.

Achtung: Nach dem SG Gießen vom 06.09.2021 (Az.: S 22 AS 214/21 ER) darf keine vorläufige Zahlungseinstellung bei fehlender Mitwirkung vom Jobcenter verhängt werden.

Tipp vom Anwalt: Haben Sie ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt? Drängen Sie auf eine Auflösung der Bedarfsgemeinschaft. Anders ist dies aber bei Verhängung einer Sanktion gegen ein BG-Mitglied, hier darf die Kopfanteilsmethode nach dem BSG nicht angewandt werden (Urteil vom 23.05.2013, Az.: B 4 AS 67/12 R).

Dieser Beitrag ist keine Rechtsberatung, sondern dient der Vorstellung der Rechtsberatungsdienstleistungen der Kanzlei Niggl, Lamprecht & Kollegen. Lassen Sie sich daher in jedem Fall individuell von RA Christopher Richter, LL.M.Eur.  beraten. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Infos wird nicht gehaftet. Mehr Infos hier: Hartz IV

Update wegen neuem BGH-Urteil zu “Die 10 häufigsten Fehler in Ihrer Betriebsnebenkostenabrechnung”

Fehler in Betriebsnebenkostenabrechnungen

Sie können richtig Geld sparen! Gerade jetzt, wo die Gas- und Ölpreise in die Höhe schießen, lohnt es sich genau hinzuschauen!

Schätzungsweise jede zweite Betriebskostenabrechnung enthält Fehler. In diesem zweiteiligen Beitrag   stellt Ihnen Rechtsanwalt Christopher Richter diesmal  zehn häufige Fehler bei der Umlage von Betriebskosten durch Ihren Vermieter vor. „Update wegen neuem BGH-Urteil zu “Die 10 häufigsten Fehler in Ihrer Betriebsnebenkostenabrechnung”“ weiterlesen

Update (Teil 2)… die häufigsten Fehler in Ihrer Betriebsnebenkostenabrechnungen

Betriebsnebenkostenabrechnung

Lesen Sie hier Beitrag 1 zu den Fehlern in der Nebenkostenabrechnung

6. Umlage der Kosten für Gebäudereinigung

Ihr Vermieter kann grundsätzlich alle Kosten auf den Mieter umlegen, die ihm durch die Reinigung der gemeinschaftlich genutzten Teil des Gebäudes entstehen, insbesondere das Treppenhaus. Nach Auskunft des deutschen Mieterbundes sind dies 2,04 € pro Quadratmeter im Jahr hierfür normal.  Umlagefähig sind etwa die Kosten der zur Reinigung notwendig Putzmittel und die Betriebskosten die hierzu eingesetzten Maschinen. In der Regel darf der Vermieter einmal im Monat das Treppenhaus reinigen lassen darf, wenn es die Miete nicht vereinbarungsgemäß selber machen müssen. Eine Reinigung mehr als zweimal pro Woche dürfte daher zuviel sein. Kosten einer besonderen Verschmutzung, wie nach einer Baumaßnahme, Graffitibeseitigung oder einer Überschwemmung hingegen bleiben ohnehin am Vermieter hängen. „Update (Teil 2)… die häufigsten Fehler in Ihrer Betriebsnebenkostenabrechnungen“ weiterlesen

Selbständiger Handelsvertreter nur auf Namensschild?

Eine spannende Entscheidung für selbständige Vertreterim Bereich von Finanzprodukten, die auch für Handelsvertreter in anderen Bereichen, wie Versicherungen oder Vermögensverwaltungen, Bedeutung haben kann, hat das Sozialgericht Frankfurt/Main kürzlich getroffen (Az.: S 18 BA 93/18).

Bescheid nach Clearingverfahren

Im Rahmen eines Clearing-Verfahrens stellte die Deutsche Rentenversicherung die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung für rund 2 1/2 Jahre eines langjährigen Vertreters eines großen deutschen Bankhauses fest. Das Bankhaus, dass in der Vergangenheit mehrere seiner Filialen aufgelöst, umgebaut und als outgesourcte Agenturen wiedereröffnet hatte, zog gegen den Bescheid vor Gericht.

Tipp vom Anwalt: Die freiwillige Einleitung eines Clearingverfahrens kann u.U. helfen Geld zu sparen und senkt das Risiko wegen den Vorenthaltens von Sozialabgaben nach § 266a StGB strafrechtlich belangt zu werden.

Handelsvertreterverträge geschlossen

Mit freien Vertretern schloss das Geldhaus dann Handelsvertreterverträge i.S.d. §§ 84 ff. HGB, die umfassende Berichts- und Genehmigungspflichten, aber nur wenige Freiheiten vorsahen. Eingebunden waren die sogenannten Handelsvertreter über ein Back-Office-System in die normalen Tätigkeiten des Geldhauses ohne hierfür gesondert vergütet zu werden. Zudem wurden sie scheinbar ständigt gemonitort und durch Telefonanrufe und Teambesprechungen regelmäßig gebrieft und auf Linie gebracht. Der Handelsvertretervertrag wurde durch die tägliche Praxis also konterkariert, schilderte auch ein Mitarbeiter, so dass wegen der Vorgaben zum Corporate Design eigene Werbemaßnahmen zuvor vom Geldhaus genehmigt werden mussten. Vielmehr stellte das Geldhaus Briefbögen, Visitenkarten und Werbemittel kostenfrei zum Einsatz zur Verfügung. Auch über interne Fortbildungen seien Vorgaben gemacht worden, welche Finanzprodukte nach vorne gebracht werden sollten. Für Beratungsgespräche wurden sehr detaillierte Checklisten zur Verfügung gestellt. Das i-Tüpfelchen war dabei noch, dass die selbständigen Vertreter keine neuen Kunden aquerieren durften.

Tipp vom Anwalt: Achten Sie bei der Gestaltung von Handelsvertreterverträgen darauf, dass den Vertretern nicht zu starke Weisungspflichten auferlegt werden. Die Verhandlungen und das Vertragsergebnis sollen zwei Partner auf Augenhöhe wiederspiegeln.

Backoffice und Service

Für den Endkunden sei nicht deutlich erkennbar geworden, ob sie in eine reguläre Filiale oder in eine Agentur eintreten, meinte das Sozialgericht. Insbesondere am Vergütungssystem des klagenden Geldhauses bissen sich die Sozialrichter fest: Die in einer Tabelle festgelegten Provisionen bei erfolgreichen Abschlüssen konnte das Geldhaus einseitig ändern, wenn es hierfür geschäftspolitische Gründe hätte, wie es recht schwammig im Vertrag hieß. Gleichzeitig gab es für die Handelsvertreter in ihrem Gebiet aber keinen Kunden- oder Gebietsschutz, so dass sie an Abschlüssen, an denen sie nicht selber mitgewirkt haben, nicht partizipieren konnten. Dass die Umsätze übe rein Geschäftskonto bei der Klägerin laufen mussten, auf dass diese noch recht frei zugreifen konnte, setzte dem Ganzen noch die Krone auf.

Regelmäßige Berichte an Agentur- und Regionalleiter

Das Gericht sah vorallem die Weisungsabhängigkeit in diesem ziemlich formalen Geschäftsmodell als zu erdrückend: Die “Berichts- und Rechenschaftskaskade” vom Vertreter zum Agenturleiter zum Gebiets- und schließlich zum Regionalleiter würden zu einer Eingliederung in den Betrieb des Geldhauses und daher zu einer abhängigen Beschäftigung führen.

Erfassen von negativen Kundenbewertungen im System

In der Gestaltung ihres Arbeitstages waren die Vertreter nicht frei, sondern es lag “eine funktionsgerecht dienende Teilhabe” vor, wie es das Gericht formulierte: So mussten feste Öffnungszeiten der Agenturen gewährleistet werden und es wurde erwartet, dass Serviceleistungen erbracht werden, die über den in den Handelsvertreterverträgen geregelten Umfang hinausgingen. Negative Kundenbewertungen flossen offenbar in die hauseigene Bewertungs-Matrix ein.

Subventionsbetrug durch staatliche Ausbildungsförderung?

Aus dem Gesamtbild der Tätigkeit folgerte das Sozialgericht eine abhängige Beschäftigung. Und am Ende seiner Urteilsbegründung ließ das Gericht noch eine kleine “Bombe” platzen: Es deutete an, dass die Ausbildungszeit der Vertreter nur vorgeschoben seien könnte, um unrechtmäßig an externe Fördermittel zu kommen. Auf die Frage, ob dies bereits für einen Anfangsverdacht eines Subventionsbetrug i.S.d. § 264 VIII StGB ausreicht, ging das Sozialgericht nicht näher ein. Es darf mit Spannung abgewartet werden, ob der Rechtsstreit noch eine strafrechtliche Komponente erhält, da hier bereits ein leichtfertigtes Handeln pönalisiert ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Berufung wurde bereits eingelegt.

Tipp vom Anwalt: Seien Sie also nicht zu kreativ bei der Gestaltung von Geschäftsverträgen und lassen Sie Ihre Verträge auf sozial- und strafrechtliche Risiken prüfen. Liegt Eigennutz vor, dann ist eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren dem Gesetz nach vorgesehen. Jedoch sieht das Gesetz eine Strafbefreiung bei qualifizierter Selbstanzeige vor. Lassen Sie sich individuell beraten.

Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung da und enthält subjektive Meinungen des Autors. Für Vollständigkeit und Richtigkeit wird nicht gehaftet. Lassen Sie sich in jedem Fall anwaltlich individuell beraten!

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Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren

Entschädigungsklage bei überlanger Verfahrensdauer

Weder ein gewisser Hang zum Querulantentum, noch ein aggressives Auftreten gegenüber dem Gericht hinderten einen Harz IV-Empfänger bei einem überlangem Gerichtsverfahren erfolgreich eine Entschädigungsanspruch wegen “seelischem Unbill” geltend zu machen. So hat es das LSG Niedersachsen-Bremen einst entschieden. Fachanwalt für Sozialrecht Christopher Richter, LL.M.Eur. stellt Ihnen das interessante Urteil und neuere Entwicklungen in diesem Bereich vor.

Verzögerungsrüge durch Anwalt

Im März 2011 hatte der schwerbehinderte, unter diversen psychiatrischen Beschwerden leidende Mann einst seine „etwas“ wirre Klage wegen „Justizverbrechen“ gegen die Unfallversicherung erhoben. Weil er jüdischer Religionszugehörigkeit sei, werde er durch ein Zusammenwirken von Justiz, Unfallversicherung und Regierungskreisen angeblich diskriminiert. Zunächst mussten gerichtliche Ermittlungen in den Niederlanden wo sich der Mann jahrelang aufgehalten hatte, erfolgen. Später erfolgten diverse gerichtlich angeordnete Sachverständigengutachten.

Tipp vom Anwalt: Frühestens sechs Monate nach der Erhebung der Verzögerungsrüge und spätestens sechs Monate nach der endgültigen Entscheidung muss die Entschädigungsklage erhoben werden. In sozialrechtlichen Angelegenheiten ist das jeweils zuständige Landessozialgericht richtiges Klagegericht und das jeweilige Land richtiger Beklagter.

Im Februar 2014 fragte der nunmehrige Anwalt des Klägers nach dem Sachstand. Ein für Juli 2015 angesetzter mündlicher Termin wurde aufgehoben; im August 2016 erhob der Klägeranwalt die Verzögerungsrüge. Am 27.April 2017, also mehr als sechs Jahre nach Klagerhebung erging ein Gerichtsbescheid nachdem die Unfallversicherung dem Mann ab Juli 2005 für mehr als zwei Jahre eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 von Hundert zu gewähren.

Anrechnungsfreiheit der Entschädigungsleistungen nach § 198 III GVG?

Zurecht, wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremenentschieden hat und dem Mann gem. §§ 202 I 2 SGG i.V.m. § 198 GVG 2.400 € für die 24 Monate zu lange Verfahrensdauer zusprach. Der Clou: Der Betrag wurde bisher weder auf Hartz IV noch die Grundsicherung angerechnet. Denn das Geld diene nach der Meinung der Sozialrichter der Kompensation für die erlittene Beeinträchtigung bzw. den teilweisen Verlust von Lebensqualität durch das überlange Verfahren. Letztlich solle so präventiv das Recht des Einzelnen auf ein zügiges Verfahren abgesichert werden. Auch andere zweckbestimmte Leistungen, wie das Landesblindengeld oder die erhöhte Hinterbliebenenrechte für das sogenannte Sterbevierteljahr, seien ja anrechnungsfrei. Nach einer neueren Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.11.2019 (derzeit anhängig beim BSG) sind diese Entschädigungszahlungen angeblich doch anrechenbar auf die SGB II-Leistungen (Az.: L 11 AS 1044/18)

Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz

Die Richter wurden ungewöhnlich deutlich: Würde anders entschieden, könnte in der Justiz der fatale Eindruck entstehen, dass Verfahren von “Hartzern” oder Empfängern der Grundleistung nicht dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot unterlägen und womöglich nur nachrangig abzuarbeiten seien. Ihren Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz könnten diese Personen dann nicht in angemessener Zeit verwirklichen im Vergleich zu Nichtmittellosen.

Tipp vom Anwalt: Lassen Sie anwaltlich überprüfen, was die angemessene Verfahrensdauer für ihr Verfahren gewesen wäre (1) und ob und welche Zeiten im konkreten Fall abzuziehen seien, die etwa auf Umständen beruhen, die Sie selber verursacht haben (2). Zuletzt ist dann festzustellen, ob die Gesamtdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten hat (3).

1.200 € Entschädigung  je Jahr ohne Verfahrensförderung

Das Landessozialgericht hatte zunächst entschieden, dass es zu 39 Monaten Verfahrenslaufzeit ohne Verfahrensförderung gekommen sei. Die in dieser Zeit getroffene Prozesskostenhilfeentscheidung, wie auch ein Schreiben, ob Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftliche Wege bestehe, unterbrachen diesen Zeitraum nicht. Hiervon zog das Gericht dann zwölf Monate an Vorbereitungs- und Bedenkzeit für das Gericht und nochmals drei Monate wegen dem konfrontativen Verhalten des Klägers ab. Weil die vom Kläger eingelegte Berufung sehr schnell zurückgenommen worden war, war dieses Rechtsmittel hier für die Entschädigung unschädlich.

Tipp vom Anwalt: Tritt in einem ordentlichen Sozialgerichtsverfahren ein Leerlauf von länger als einem Jahr oder drei Monate für das Verfahren zur Kostengrundentscheidung (z.B. nach Erledigung, dazu LSG Berlin-Brandenburg vom 30.10.2019, Az.: L 37 SF 38/19 EK AS) auf, stehen die Chancen nicht schlecht, dass ein Entschädigungsanspruch für Sie besteht. Dieser beträgt 100 € je vollem Monat. Solche Entschädigung gibt es auch auch vor Zivil- und Verwaltungsgerichten bei überlangen Verfahren.

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Fitnesscenter wehrte Sozialversicherungsbeitragsnachforderung ab

Unbillige Härte durch staatlich erzwungene Betriebsschließung

Das LSG Bayern hat am 06.05.2020 ein interessantes Urteil im Eilverfahren im Bereich der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen erlassen und zugleich ein Urteil des Sozialgerichts München aufgehoben (Az.: L 7 BA 58/20 B ER). Die Entscheidung ist bahnbrechend, weil sie nicht nur aktuelle Bezüge zur aktuellen coronabedingten Wirtschaftskrise aufweist, sondern eine Zäsur zur bisherigen Linie der Rechtsprechung darstellt, die ansonsten regelmäßig dem Liquiditätsinteresse der Sozialversicherungskassen gegenüber dem angeschlagener Unternehmen den Vorzug einräumt.

Selbständige oder angestellte Fitnesstrainer?

Ein Fitnessstudio-Betreiber mit mehreren Filialen erhält im Zuge des Urteils über 7.000 € an gezahlten Sozialbeiträgen vorläufig zurück. Seine Tätigkeit umfasste  die Durchführung eines funktionellen Trainingskonzepts bzw die eines Fitnesstrainers für Kleingruppentraining. Aufgrund einer Betriebsprüfung kam die Rentenversicherung zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Tätigkeit der Fitnesstrainer um keine selbständige, sondern um eine abhängige Beschäftigung handelte. Sie forderte durch Bescheid Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung nach. Die Nachforderung wurde aufgrund einer Einzugsermächtigung, die der zuständigen Einzugsstelle eingeräumt war, vom Konto der Antragstellerin eingezogen.

Tipp vom Anwalt: Legen Sie in einer solchen Situation auch gegen den Beitragsnachforderungsbescheid Widerspruch ein.

Liquiditätsengpass infolge Corona-Krise?

Die Antragstellerin hatte vorm Sozialgericht München u.a. eine unbillige Härte durch die Zahlung der Beiträge eingewandt. Der behauptete Liquiditätsengpass aufgrund der Corona-Krise interessierte das Sozialgericht jedoch wenig, da es auf Bundes- und auf Landesebene ja Sofortprogramme gäbe, um solche Liquiditätsengpässe zu überbrücken.

Totaler Einnahmeausfall durch erzwungene Schließung aufgrund Allgemeinverfügung

Das sah die Klägerseite freilich anders: Bei ihrem Fitnesscenter handele es sich um ein  grundsätzlich gesundes Unternehmen, welches nur durch die staatlich erzwungene Schließung aufgrund der Allgemeinverfügung der Bayerischen Staatsregierung seit Mitte März in Schwierigkeiten gerate sei. Da durch die Schließung auch der Vergütungsanspruch gegenüber den Kunden nach § 326 BGB untergehe, müsse das Fitnessstudio mit einem Totalausfall all ihrer Einnahmen rechnen. Diese Situation habe die Antragstellerin bis April nur überstanden, weil die Gesellschafter über den totalen Gehaltsverzicht hinaus 7 000 EUR einbezahlt hatten.

Wiedereröffnung der Studios im Blick

Die  laufenden Zahlungen in höhe eines kleinen fünfstelligen Betrages  konnten zuletzt aus den noch vorhandenen flüssigen Mitteln bestritten werden (allein für Gehälter fielen 8.000 € an). Im Laufe des Monats Mai fielen weitere Betriebsausgaben an, die lediglich dann vollständig gezahlt werden könnten, wenn auf die streitige Beitragsnachforderung zurückgegriffen werden könnte. Die Existenz des Betriebes bis zur  erwartenden Wiedereröffnung der Studios könnte nur mit der begehrten Rückzahlung gesichert werden und das Fitnesscenter sei “über dem Berg”.

Beschränkungen durch Allgemeinverfügung kein Sonderfall?

Die Fitnessstudio-Kette hatte bereits alle für eine Wiedereröffnung notwendigen Voraussetzungen geschaffen, im Hinblick auf die zu erwartenden Auflagen, insbesondere die Anzahl der trainierenden Personen im Verhältnis zur Fläche reduziert. Die Sozialversicherung zeigte sich trotz dieser ganzen Umstände eiskalt und betonte auch aktuell bestehe ein öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der Beitragsschulden.  Ein Sonderfall läge trotz Corona nicht vor. So sei die Beitragsnachforderung nicht geeignet, die laufenden Betriebskosten des Fitness-Studios auf längere Sicht auszugleichen. Und es sei auch nicht absehbar, wann die Antragstellerin ihren Betrieb wieder fortführen könne. Im Insolvenzfall sei die Beitragsforderung jedenfalls nicht mehr realisierbar. Gerade in der aktuellen Krisensituation sei zu berücksichtigen, dass Beitragsforderungen, die heute nicht realisiert würden zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt nicht mehr durchsetzbar sein würden.

Beitragsnachforderung unbillige Härte im Einzelfall

Anders sah dies das bayerischen Landessozialgericht hier, da die Vollziehung für die abgabepflichtigen Fitnessstudios eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sah es als offen, da die für die Antragstellerin ausgeübte Tätigkeit als Fitnesstrainer sowohl als abhängige Beschäftigung als auch als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden könne. Die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass das Festhalten an der sofortigen Vollziehung der Beitragsnachforderung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für sie zur Folge hätte. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass die aktuelle finanzielle Situation der Antragstellerin auf staatliche Maßnahmen (zur Bekämpfung des neuen Coronavirus) zurückgeht, die keine spezifische Ursache im Betrieb der Antragstellerin habe, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgten. Die Klägerin habe durch verschiedene Maßnahmen, wie den Verzicht der Geschäftsführer auf Gehalt, die Einzahlung privater Mittel durch die Gesellschafter auch alles versucht um den entstandenen Liquiditätsengpass anders zu beseitigen.

Fortbestehen des Betriebs im Interesse der Solidargemeinschaft

Das Landessozialgericht betonte, dass das Fortbestehen des Betriebs d mit mehreren Arbeitnehmern und monatlichen Beiträgen zur Sozialversicherung im vierstelligen Bereich im Interesse der Solidargemeinschaft stehe.  Die fehlende Rückzahlung würde das Fortbestehen des Betriebs der Antragstellerin und damit der von ihr eingegangenen sozialversicherungsbeitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse gefährden.

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Update: Mieterhöhung bei fehlendem Mietspiegel tückenreich

Austausch der Einbauküche rechtfertigt nicht immer Mieterhöhung

Im Mietrecht kann der Vermieter die Miete nicht einfach willkürlich erhöhen. Ist die Miete vor 15 Monaten erhöht werden, kann eine Erhöhung der Miete nach § 558 II 1 BGB grds. nicht erfolgen. Für Vermieter ist die Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete zudem mit vielen Tücken versehen, insbesondere wenn kein qualifizierter Mietspiegel für die Gemeinde vorhanden ist, in der die Wohnung liegt.

Vergleichsmiete bei fehlendem qualifiziertem Mietspiegel schwer ermittelbar

In letzterem Fall sind zum Beweis der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete vom Vermieter mindestens drei Mietwohnungen mit genauer Adressbezeichnung zu nennen, die in Lage, Ausstattung – einschließlich der energetischen –  und Größe vergleichbar sind. Was die Ausstattung angeht, kommt es allein auf den objektiven Wohnwert der, dem Mieter zur Verfügung gestellten Wohnung an und nicht auf irgendwelche Vereinbarungen im Mietvertrag mit denen der Wohnwert oder die Beschaffenheit der Wohnung abweichend von den objektiven Verhältnissen festgelegt wird (so BGH-Urteil vom 24.10.2018, Az.: VIII ZR 52/18).

Vereinbarungen im Mietvertrag

Tipp vom Anwalt: Solche Vereinbarungen im Mietvertrag können sogar nach § 558 VI BGB unwirksam sein! Vermieter können aber bei einer konkreten Mieterhöhung mit dem Mieter abweichend vom § 558 BGB eine Vereinbarung treffen!

So drang der Vermieter, der nach § 558 BGB die Zustimmung seines Mieters zu einer Mieterhöhung verlangte, nicht durch, als er er die Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete um mehr als 90 € unter anderem mit der nun vorhandenen modernen Küchenausstattung begründete. Zuvor hatten die Mietparteien vereinbart, der MIeter dürfe die bereits eingebaute Einbauküche nach Einzug auf eigene Kosten durch eine neue ersetzen. Die alte Küche wurde vom Sohn des Vermieter übrigens verkauft, wobei der Mieter am Erlös nicht beteiligt wurde.

Tipp vom Anwalt: Nach einer neuen Entscheidung des BGH vom 13.02.2019 hat ein einfacher Mietspiegel, wie er etwa für die Stadt Schweinfurt kürzlich neu aufgelegt wurde, zumindest eine Indizwirkung für die Ermittlung der ortsüblichen Miete (VIII ZR 245/17).

Update: Neue BGH-Entscheidung zur Berechnung der Kappungsgrenze

Wenn die Berechtigung zur Mieterhöhung feststeht, dann kann in der Höhe immer noch die Kappungsverordnung dem Erhöhungsverlangen des Vermieters entgegenstehen. Nach einer neue BGH-Entscheidung ist dabei von der vertraglich vereinbarten Ausgangsmiete auszugehen, auch wenn wegen eines vorhandenen unbehebbaren Mietmangels der Mieter die Miete mindern kann (hier zu geringe Wohnfläche). Dabei ist es unerheblich, dass der Mangel unbehebbar war (VIII ZR 33/18).

Tipp vom Anwalt: Bei späteren Änderungen, wie im Falle von Mieterhöhungen nach §§ 557 oder 558 BGB tritt an die Stelle der Ausgangsmiete aber die zuletzt vereinbarte Miete.

Hier geht es zu unserem Ressort Mietrecht: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/mietrecht/

Als Sozialhilferegresspflichtiger dem Sozialamt ein Bein stellen

Vorzeitige Erbfolge auch gegenüber der übernächsten Generation

Die rechtzeitige Übertragung des eigenen Häuschens auf die Erben im Wege der vorweggenommen Erfolge  und die Eintragung eines Wohnrechts ist ein alter Hut, um eine mögliche erzwungene Vermögensverwertung durch das Sozialamt zu vermeiden.

Den Wohnwert verringern

Dass möglicherweise sozialhilferegresspflichtige Kinder ihr Häuschen  ebenfalls unter Einräumung eines Wohnrechts  frühzeitig an die nächste Generation vorausschauend übertragen können, um im Falle eines Regresses den bei der Regresshöhe einzubeziehenden Wohnwert zu verringern, haben dagegen die Wenigsten auf dem Schirm.

Eingetragenes Wohnrecht als Gegenwert

Das Sozialamt von Hamm, das wegen einem möglicherweise  gegebenen Rückforderungsanspruch des Schenkers dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit deswegen erhöhen wollte, wurde jetzt von BGH gestoppt (BGH-Urteil vom 20.02.2019, Az.: XII ZB 364/18). Hier hatte sich trotz der negativen Vermögensverschiebung an der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners nichts verändert, meinten die Richter. Das eingetragene Wohnrecht war auch ein hinreichender Gegenwert für die Schenkung, weil dem Schenker ja die vollumfängliche Nutzungsmöglichkeit verbleibt.

 

Tipp vom Anwalt:

Eine vorweggenommene Erbfolge um die Folgen eines Sozialhilferegresses zumindest abzumildern, ist für die Beteiligten nicht ohne Risiken, weil zu kreative Wege das Sozialamt auszutricksen oft die Gefahr einer Sittenwidrigkeit provoziert und dann alle Bemühungen vergebens waren. Lassen Sie sich daher im Vorfeld professionell anwaltlich beraten!

Von den Tücken von EXW im Logistikbereich


„Vertragsloser Absender“ scheiterte mit Schadensersatzforderung vor Handelskammer

International aufgestellte Diebes- und Betrügerbanden sind schon seit Jahrzehnten ein Problem in der Logistikbranche. Dieser aktuelle grenzüberschreitende Fall gegen ein großes deutsches Logistikunternehmen zeigt das Dilemma für Verkäufer einmal mehr.

Ladungsdiebstahl im großen Stil

Da versuchte eine italienische Großhändlerin erfolglos einen Schadensersatzanspruch gegen ein großes deutsches Logistikunternehmen durchzusetzen, nachdem ihr über eine Tonne Lithium-Batterien entwendet wurden. Dies lief so ab, dass Betrüger 1) unter falschem Namen und Identität zunächst die Batterien für ein Unternehmen in Frankreich in der Nähe der italienischen Grenze bestellte und die Klägerin diese dann gemäß den vereinbarten Incoterms „ex works“ (EXW) von Italien aus dorthin  liefern sollte.

Incoterms wurden verwendet

Kurz vor dem Transport änderte die Verkäuferin jedoch die Lieferadresse und hab als neues Ziel ein Gewerbegebiet in London an. Über Unterfrachtführer gelangte die Ware im Wert von fast 50.000 € schließlich in einen Vorort von London und war dann nie mehr gesehen. Als die italienische Klägerin den Schaden zuzüglich des entgangenen Gewinns von wohl an die 9000 € der vermeintlichen Verkäuferin in Rechnung stellte, flog der Schwindel auf. Die Verkäuferin versuche aber nun sich bei der Logistikerin schadlos zu halten,  die Logistikerin hingegen meinte, der Klägerin stünde gegen sie kein Schadensersatzanspruch zu.

Keine Obhut beim Spediteur

Zurecht, wie die Handelskammer des LG Saarbrücken jetzt der beklagten Spedition Recht gab (Urteil vom 27.06.2018, Az.: 17 HK O 9/16). Die Klage sei aus mehreren Gründen unbegründet, so die Richter. Zum einen seien die von der Klägerin behaupteten italienischen und englischen Normen, nach der die Logistikerin nach Einschätzung der Anwälte der italienischen Händlerin haften solle, gar nicht einschlägig. Sondern ganz einfach Art. 17 CMR, wonach die beklagte Logistikerin aber nicht hafte, da die Unter(unter)frachtführerin Obhut gehabt habe, aber nicht sie. Eine Pflichtverletzung der Unterfrachtführerin, die der Beklagten zuzurechnen sei, sei aber auch nicht erkennbar. Es falle in den Risikobereich der Verkäuferin, dass sie einem solchen Betrüger aufgesessen sei.

Vorkasse oder Akkreditiv

Tipp vom Anwalt: Verifizieren Sie, zumindest bei größeren Aufträgen, bei Neukunden immer deren Identität und sichern sie sich Ihren Kaufpreisanspruch durch Vorauskasse oder Einschaltung eines Akkreditivs. Aber passen Sie auf: Weist der Verkäufer gegenüber der Bank nicht rechtzeitig die notwendigen Lieferunterlagen vor,  so schauen Sie als Verkäufer bei der Zahlung des Kaufpreises am Ende gleichwohl in die Röhre!

CMR oft anwendbar auf Transporte zwischen CMR-Mitgliedsstaaten ohne Rechtswahl

Weil Deutschland und Italien Mitgliedsstaaten der CMR sind und die beklagte Logistikerin den Haupt- oder Zweigsitz im Raum um Saarbrücken hatte, konnte vor deutschen Gerichten geklagt werden. Mangels getroffener Rechtswahl kam nach Einschätzung des Handelsgerichts auch die CMR zur Anwendung.  Denn da der Frachtvertrag nicht zwischen Händlerin und Logistikunternehmen geschlossen wurde, sondern zwischen Betrüger 2) und der Logistikerin kam über Art. 5 Rom I, weder englisches Recht, noch über Art. 4 Rom II italienisches Recht – der Frachtvertrag war zwar als Vertrag zugunsten eines Dritten, hier der italienischen Verkäuferin, ein außervertragliches Schuldverhältnis – jedoch konnte keine unerlaubte Handlung durch die Logistikerin festgestellt werden.

Verkäuferin war Opfer von Betrügerbande

Es blieb also bei der Anwendung der CMR, da der Transport grenzüberschreitend zwischen zwei CMR-Staaten erfolgte und die Klägerin als „vertragslose Absenderin“ sich ohnehin nicht auf diesen Schadensersatzanspruch nicht berufen könne. Ihr fehle die sogenannte Aktivlegitimation trotz eines Eintrags der Spedition als Partei im Frachtbrief.

Beweiswirkung des Frachtbriefes widerlegbar

Denn dessen Beweiswirkung könne und wurde vorliegend widerlegt. Da die Ware „ex works“, also ab Werk, verkauft worden war, stand die frachtrechtliche Verfügungsgewalt über die Waren mit deren Übernahme ausschließlich der angeblichen Käuferin zu. Eine der Hauptfrachtführerin zurechenbare Pflichtverletzung der Unterfrachtführerin wollten die Handelsrichter auch nicht erkennen, denn der Transport an sich wurde ja ordnungsgemäß zum bestimmungsgemäßen Empfangsort durchgeführt. Die einzige gerichtlich festgestellte unerlaubte Handlung war jedoch der Abschluss des Kaufvertrages durch einen betrügerischen Käufer. Das Gericht stellte eine kluge Überlegung an: Hätte die Betrügerbande selber die Ware vom Werk abholen lassen, dann wäre der Schaden genauso entstanden, wenn die Betrüger das Logistikunternehmen nicht zwischengeschaltet hätten. Das Sicherungsmittel der klagenden Händlerin war also schon in dem Moment „entwertet“, als sie es aus der Hand gegeben hatte.

Verlust der frachtrechtlichen Verfügungsgewalt beachten

Tipp vom Anwalt: Die EXW beschränkt zwar die Verpflichtungen für den Verkäufer  erheblich, jedoch er verliert dann in der Regel die frachtrechtliche Verfügungsgewalt und ist kein Absender mehr. Nach EXW bleiben nämlich alle transportbezogenen und logistischen Fragen (und die damit verbundenen Kosten) der Klärung durch den Warenkäufer überlassen. Nicht der Verkäufer, sondern der Käufer beauftragt schließlich vertraglich das Transportunternehmen. Im Gegenzug besteht für den Verkäufer das Risiko, dass er weder den Beladevorgang seiner Ware noch die Zuverlässigkeit und Professionalität des Transporteurs kontrollieren kann. Und beim Verladevorgang ist der Käufer im Regelfall nicht mit dabei. Häufig springt gleichwohl der Verkäufer ein und verlädt die Ware für den Käufer mit firmeneigenen Geräten und Hilfsmitteln auf das Transportfahrzeug. Diese Gefahren sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen, vor Benutzung der EXW-Klausel.

Lesen Sie hier diesen Rechtstipp zum Verhalten an der Laderampe: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/wp-content/uploads/2017/06/Newsletter15-2.pdf

Im Schiffsverkehr stehen Alternativen bereit

Der Verkäufer verstößt also gegen die vereinbarte Vertragsklausel EXW verstößt und setzt sich möglicherweise zugleich einer Vielzahl von Haftungsrisiken aussetzt.  Im Schiffsverkehr können die ICC-Vertragsformeln FCA (frei Frachtführer) oder FOB je nachdem eine Alternative darstellen.

Hier geht es zu unserem Ressort https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/transport-und-speditionsrecht/

Unbeschädigte Verpackung und Ladehilfsmittel aus Schadensersatzforderung auszunehmen

Unbeschädigte Verpackung und Ladehilfsmittel verringern Schadensersatzforderung

Ladungssicherung kann beim Unfall helfen das Transportgut zu sichern. Aber selbst wenn es dennoch zu einem Totalschaden des Transportgutes kommt, sind unbeschädigte und wiederverwendbare Ladehilfsmittel sowie Verpackungen des Versenders vom Schadensersatz ausgenommen. Dieser Umstand kam einem Frachführer, der von seinem Auftraggeber in Regress genommen wurde, zugute. Das ist die Quintessenz aus einem neuen BGH-Urteil vom 11.10.2018 (Az.: I ZR 18/18).

Zunächst Regress gegen den Absender durch die Porsche AG

So kam der Unfallschaden an 72 Porsche-Motoren dem beklagten österreichischen Frachtführer, dessen Auftraggeber seinerseits von der Porsche AG in Regress genommen wurde, weniger teuer als erwartet:  Statt der eingeklagten fast 190.000  €, waren es am Ende  nur rund 127.000 €, die er an Schadensersatz an seinen Hauptfrachtführer leisten musste. Nach den Handelsrechnngen waren die Motoren übrigens sogar fast 300.000 € wert!

Schadenshöhe wird abstrakt nach Sonderziehungsrechten ermittelt und begrenzt

Da der Schaden im entgeltlichen grenzüberschreitenden Straßenverkehr zwischen zwei CMR-Staaten entstand, fand die CMR Anwendung, die in Art. 17 i.V.m. 25 Nr. 2 CMR eine Haftungsgrenze für den Totalverlust der Facht für den Frachtführer während seiner Obhutszeit auf 8,33 Sonderziehungsrechte je Kilogramm festlegt, wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Das war vorliegend der Fall, da die Ladung zwischen dem Übernahmeort Gyoer in Ungarn und dem Ablieferungsort bei einer Spedition in Leipzig zerstört wurde.

Mitgeführte unbeschädigte Transportgestelle zählen nicht zum Rohgewicht nach Art. 23 CMR

Im vorliegenden Fall lag zudem nur ein Teilverlust vor, weil die mitgeführten Transportgestelle durch den Unfall nicht beschädigt wurden und wiederverwendbar blieben. Daher wurde von den, der Schadensersatzforderung des Klägers zugrunde gelegten 17.928 kg Rohgewicht (= Rein(Netto) + Taragewicht) vom  BGH die 5.400 kg für die zwölf unbeschädigt gebliebenen Motorengestelle abgezogen. Nur der Schaden für die 72 völlig zerstörten Motoren mit einem Gesamtgewicht von 12.528 kg blieben daher als  Rechengröße  stehen. Der Restwert des Metallschrotts der Motoren soll übrigens angeblich 10.000 € betragen haben.

Tipp vom Anwalt: Das Sonderziehungsrecht beträgt derzeit 1,2211 €/kg (vgl. http://szr.wechselkurseuro.com/, Stand 24.11.2018). Da es für den Wert auf den Tag der Verkündung des letztinstanzlichen Urteils ankommt, kann eine Verfahrensbeschleunigung oder -verzögerung im Einzelfall ihre Forderung erhöhen!

Auch Container, Paletten und Transportgestelle ausnehmen

Der BGH hat mit dieser neuen Entscheidung zum einen klargestellt, dass die Haftungsbegrenzung Art. 23 Ziff 3 CMR auch im Falle des Teilverlusts anwendbar ist und zum anderen, dass das Gewicht unbeschädigt gebliebener Verpackungs- und Lademittel bei Ermittlung der Haftungshöchstsumme u.U. nicht einzurechnen ist. Die BGH-Richter stützen dies zurecht auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot. Die Entscheidung gilt auch andere Verpackungs- und Lademittel, wie Container, Paletten und Transportgestelle, wenn sie als selbständiger Teil der Sendung anzusehen sind.

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Schadensersatz wegen Nichtaufklärung über Sozialbindung einer Wohnung

Sozialbindung als Rechtsmangel

Ein Verkäufer hat seinen Käufer darüber aufzuklären, wenn eine Wohnung wegen der Förderung aus öffentlichen Mitteln der Sozialbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) unterliegt. Diese Bindung hat zur Folge , dass eine Kostenmiete zu ermitteln ist und grds. nur Mieter mit Berechtigungsschein eine derartige Wohnung bekommen dürfen. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 14.09.2018 klargestellt (Az.: V ZR 165/17).

Wohnungsbindungsgesetz schränkt Eigentumsfreiheit ein

Die Sozialbindung kann nämlich einen Rechtsmangel i.S.d. § 435 BGB darstellen und ist bei Verschweigen von den engen Haftungsausschlüssen für Mietsachmängel nicht ausgeschlossen. Denn solche Haftungsausschlüsse werden jedenfalls bei arglistigem Verschweigen unwirksam sein. Dann kommt es nicht mehr darauf ankäme, ob zwischen der Täuschung und der Kaufabsicht ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.

Ansprüche rechtzeitig geltend machen

Freilich muss der Käufer dann seine Ansprüche rechtzeitig in der dreijährigen Verjährungsfrist geltend machen, Diese beginnt zum Jahresende des Jahres, indem der Käufer Kenntnis von der Sozialbindung erhält. Dies kann etwa  durch ein Informationsschreiben der zuständigen Kommune erfolgen.

Tipp vom Anwalt: Lesen Sie daher Schreiben der Kommunen betreffend ihre Mietwohnung sorgfältig und holen Sie sich im Zweifel anwaltliche Beratung ein.

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Update wegen neuem BSG-Urteil: Abschlagsfreie Altersrente für langjährig Beschäftigte

Abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte

Ein 63-Jähriger Mann hatte mit seiner Entscheidung nach Altersteilzeitarbeit eine Altersrente mit einem Abschlag von 10,8 % zu wählen so richtig danebengelangt. Denn rund acht Monate später hatte die GroKo im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes die abschlagsfreie Rente für langjährig Versicherte mit 45 Beitragsjahren eingeführt.

Tipp vom Anwalt: Die 45-jährige Wartezeit kann ausnahmsweise auch  durch Zeiten der Arbeitslosigkeit erfüllt werden, sofern diese vor dem 01.07.2014 liegen! Dies hat das Bundessozialgericht kürzlich klargestellt, letzteres gilt für die letzten beiden Beitragsjahre vor dem Renteneintritt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber insolvent wurde oder seine Geschäftstätigkeit vollständig eingestellt hat. Wird hingegen nur eine Niederlassung geschlossen und der Arbeitnehmer in dem Zuge gekündigt, wird nicht die gesamte Betriebstätigkeit eingestellt. Das musste ein Außendienstmitarbeiter eines bundesweit tätigen Bildungsdienstleisters kürzlich erfahren (BSG vom 28.06.2018, Az.: B 5 R 25/17 R)

Wechsel der Rentenart schwierig

Kein Problem, dachte sich der Mann und beantragte nun diese. Damit biss er aber auf Granit bei der Deutschen Rentenversicherung, die ihn an den bestandskräftigen Bescheid erinnerte und an den Umstand, dass der Wechsel von einer Rentenart in die nächste außerhalb des § 300 SGB VI grundsätzlcih ausgeschlossen ist.

Nicht mit mir”, dachte sich der Mann wiederum und ließ nach erfolglosem Widerspruch zunächst Klage beim Sozialgericht Augsburg und dann Berufung beim Landessozialgericht einlegen. Der Mann landete zweimal eine böse Bauchlandung.

Verschiedene Renten wegen Alter

Lesen Sie den § 34 IV SGB VI, schrieben die Sozialrichter dem Kläger in Stammbuch, der den Wechsel von einer in die andere Rentenart wegen Alters in eine andere Rente wegen Alters nach bestandskräftigem Rentenbescheid ausschließe. Der keilte durchaus bauernschlau zurück: “Nein! Die abschlagsfreie Rente ist keine andere Rentenart! Lediglich der Abschlag ist angepasst worden!”

Unterschiedliches Inkrafttreten und Berechnung des Zugangsfaktors

Damit sorgte er aber nur für Kopfschütteln auf der Richterbank, die ihm entgegenhielten, dass es sich bei der Rente nach § 236b SGB V selbstverständlich um eine andere Altersrente handle, da neben anderer Rechtsgrundlage u.a auch eine andere Berechnung des Zugangsfaktors geregelt worden sei. Unterschiede gäbe es auch beim Inkrafttreten der Regelungen.

Hinweis vom Anwalt: Eventuell bestehende Beitragslücken nachträglich durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge zu schließen ist gemäß dem LSG Baden-Württemberg (Az.: L 10 R 2182/16) nach Ablauf der Zahlungsfrist hierfür nicht möglich, wenn nicht ausnahmsweise ein besonderer Härtefall vorliegt.

Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung

Verfassungswidrig sei diese Regelung keinesfalls, so die Sozialrichter. Die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung seien zu stabilisieren und die Funktionsfähigkeit des Systems zu gewährleisten. Dem würde entgegenstehen, wenn Rentner einfach so von einer Rentenart in die andere wechseln könnten.

Dieses Urteil wurde Ihnen vorgestellt von dem in Würzburg und Schweinfurt im Sozial- und Rentenversicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur.

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Hast Du mal ne´ Wohnung für nen´ Euro??

Zahlung des Jobcenters ließ Vermieterkündigung platzen

Ein Euro-Jobs kennen wir mittlerweile. Ein-Euro-Mietwohnungen sind in Zeiten explodierender Mietpreise eher ungewöhnlich. In diesem BGH-Fall vom 15.05.2018 (Az.: VIII ZR 150/17), vorgestellt von dem im Mietrecht tätigen Rechtsanwalt Christopher Richter, ging es um dieses etwas sonderbar anmutende Mietkonstrukt.

Dingliches Wohnrecht wurde wieder aufgehoben

Der frühere Eigentümer hatte sein Vierfamilienhaus gegen Vereinbarung eines unentgeltlichen dinglichen Wohnrecht an einer Dachgeschosswohnung für die Dauer von fünf Jahren zu einem mittleren sechsstelligen Kaufpreis an den jetzigen Vermieter übertragen. Später wurde das Wohnrecht aufgehoben und ein Mietvertrag zu einer symbolischen Miete von einem Euro sowie einer Nebenkostenvorauszahlung von 220€/Monat bei einem fünfjährigen Kündigungsausschluss vereinbart.

Kündigung wegen Mietrückständen

Als der Mieter drei Monatsmieten und Vorauszahlungen in Rückstand geriet, kündigte der Vermieter außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich gem. § 573 II Nr. 1 BGB. Mit seiner späteren Räumungsklage war er zunächst erfolgreich, bis das Oberlandesgericht und der BGH ihm die Suppe versalzten.

Objektiver Mietwert höher als 1 Euro

Die ordentliche Kündigung war vom Tisch, weil diese Kündigung vertraglich ausgeschlossen war. Zwar war der Mieter unstreitig mit mehr als zwei Monatsmieten über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten im Rückstand, jedoch läge nach Ansicht der Richter der höheren Instanzen ein atypischer Fall vor, der so von § 543 II 1 Nr. 3 i.V.m. § 569 III Nr. 1 BGB nicht vorgesehen sei. Denn vorliegend habe die Nettomiete von einem Euro lediglich symbolische Bedeutung und bilde nicht den objektiven Mietwert der Wohnung ab, der bei mindestens 900 € läge. Demnach erreiche der Zahlungsrückstand von 663€ nicht mal die Höhe einer objektiven Nettomonatsmiete.

Übernahmeerklärung für Mietschulden

Letztendlich hat aber die Übernehmeerklärung der Mietschulden durch die Stadt Frankfurt der außerordentlichen Kündigung den Boden entzogen, wie die BGH-Richter in einem Hinweisbeschluss klarstellten. Der Vermieter nahm daraufhin die Revision zurück.

Tipp vom Anwalt: Bevor Sie solche abenteuerlichen Konstruktionen in Mietverträgen wählen, lassen Sie sich besser zuvor umfassend rechtlich beraten!

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Auf die tatsächliche Mietfläche kommt es an

Miete und Nebenkosten bei kleinerem Wohnraum

So können Sie Geld sparen!

Nicht selten enthalten Mietverträge Formulierungen, wie „Die Wohnfläche ist mit … m² vereinbart“ oder „Die Wohnfläche beträgt ca. … m².“

Ist nun die Wohnfläche kleiner, als vereinbart, können Sie nicht nur u.U. die Miete mindern, sondern – wenn Nebenkosten, wie üblich, ganz oder teilweise nach der Wohnfläche umgelegt werden, darf Ihr Vermieter nur die tatsächlich vorhandenen Quadratmeter als Berechnungsgrundlage zugrunde legen. Dies gilt nach einer neueren BGH-Entscheidung auch bei einer preisgebundenen Wohnung gem. § 20 II NMV.

Tipp vom Anwalt: Erheben Sie rechtzeitig Einwand gegen eine Nebenkostenabrechnung, die eine zu große Wohnfläche für Ihre Wohnung ansetzt und behalten Sie einen nachvollziehbaren Betrag von der nächsten Nebenkostenvorauszahlung ein. Ggf. muss Ihre Nebenkostenvorauszahlung sogar nach unten angepasst werden! Lesen Sie hier mehr zu den häufigsten Fehlern in Betriebskostenabrechnungen.

Verteilungsgerechtigkeit im Betriebskostenrecht

Dies hat der Bundesgerichtshof kürzlich in seinem Urteil vom 30.05.2018 (Az.: VIII ZR 220/17) klargestellt. Dabei ging es aber um den umgekehrten Fall, dass ein Mieter auf einer größeren als in dem aus dem Jahr 1984 stammenden Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche wohnte, wobei der Vermieter dann zurecht nach dem größeren tatsächlichen Wohnwert abrechnen durfte. Die Berechnung die der Mieter  anhand der vertraglich vereinbarten Wohnfläche vornahm, verwarf der BGH – genau wie seine Aufrechnung gegen die Miete mit einem behaupteten Guthaben aus Betriebskosten. Der Vermieter der seine Mietforderung zunächst über das Mahnverfahren und schließlich vor dem Amtsgericht verfolgte, war letztendlich über drei Instanzen erfolgreich.

Beschaffenheitsvereinbarungen sind subjektive Elemente

Das folgte aus dem Prinzip der größtmöglichen Verteilungsgerechtigkeit im Betriebskostenrecht. Es laufe hier nach objektiven Maßstäben;  subjektive Elemente, wie vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarungen,  sind hier auszublenden. Etwas anderes folge auch nicht aus § 7 HeizkostenV, die verschiedene Abrechnungsmöglichkeiten erlaube.

Tipp vom Anwalt: Die Bestimmung der tatsächlichen Wohnfläche ist gar nicht so einfach, wenn etwa Dachschrägen, Balkone oder Wintergarten vorhanden sind. Lesen Sie hier diese interessante Entscheidung

Im Spannungsfeld wischen einer interessensgerechten Verteilung von Bettriebskosten und der Verteilungsgerechtigkeit, ist nunmehr klargestellt, dass auf die tatsächliche Mietfläche abzustellen ist.

Tipp vom Anwalt: Es ist zudem unzulässig, wenn der Vermieter Leerstände aus der Gesamtwohnfläche herausrechnet. Diese gehen zu seinen Lasten.

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Vermieter klagte wegen Schimmel, Rost und Kalkablagerungen

Vermieterfreundliche Entscheidung gegen  Chaos-Mietern

Der BGH hat kürzlich entschieden, dass ein Vermieter nach dem Auszug sofort Schadensersatz von seinem Mieter verlangen kann , wenn dieser die Mietwohnung beschädigt hat. Eine Frist zur Beseitigung muss nicht gesetzt werden (Az.: VIII ZR 157/17). Der Mieter darf die Wohnung also in jedem Zustand zurückgeben und der Vermieter hat die Wahl, ob er Schadensersatz verlangt, um Fachfirmen zur Mängelbeseitigung zu beauftragen – oder das Geld einfach einzustreichen – beziehungsweise dem Mieter noch eine Chance gibt die Schäden zu beseitigen.

Mieter hatte Mietwohnung beschädigt

Was der Mieter aus Hohenroht (Landkreis Rhön-Grabfeld) konkret angestellt hatte, war der breiten Öffentlichkeit bisher nicht bekannt gegeben worden. Der im Mietrecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur. hat sich daher die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts Bad Neustadt a.d. Saale besorgt (Az.: 1 C 471/12) und stellt Ihnen die wichtigen Details des Falls vor.

Schimmelbildung, beschädigte Einbauküche und Rostschäden

Nach einem über achtjährigen Mietverhältnis trennten sich Vermieter und Mieter zunächst einvernehmlich, ca. drei Wochen nach Vertragsende war die Wohnungsübergabe. Streit gab es rasch über den Zustand der 15 Jahre alten Einbauküche, einen rostbesetzten Spiegelschrank, die Toilettenbrille und den Spülkasten, eine beschädigte Steckdose, Abplatzungen an der Heizung in der Küche und vorallem um Schimmelpilzbildungen im Wohnzimmer, den beiden Kinderzimmern, dem Schlafzimmer und dem Bad.

Selbständiges Beweisverfahren vor Wohnungsübergabe

Bereits vor der Wohnungsübergabe hatte der Vermieter über seinen Anwalt Dr. Martin ein selbständiges Beweisverfahren angestoßen, wobei es aber über  fünf Monate dauerte, bis es zum ersten Ortstermin kam. Die Gutachterin kam zum Ergebnis, dass ein fehlerhaftes Heiz- und Lüftungsverhalten die maßgebliche Ursache für die Schimmelbildung war.

Mietausfall und Schimmelbeseitigungskosten

Nochmal drei Monate dauerte es bis der Vermieter den Mieter zur Schadensersatzzahlung von stolzen 15.675,95 € aufforderte, darunter auch einen stattlichen Betrag für Mietausfallschaden. Der Anwalt der Mieterseite, Manfred Schneider, konnte nicht mit seiner Behauptung durchdringen, dass der Schimmel Folge eines Baumangels sei. Sein Mandant musste hier letztlich 2.760 € an Schadensersatz leisten, wobei die Gutachterin darauf verzichtete eine Langzeitmessung durchzuführen.

Lebensdauer von Möbeln und Elektroteilen

Im Hinblick auf den Wert der Küche zog die Gutachterin die Lebensdauertabelle des Schweizer Mieterinnen- und Mieterverbands herbei, die eine maximale Lebensdauer von 15 Jahren für Möbel und zehn Jahre Jahre für Teile der Elektrogeräte veranschlagte. Das Gericht folgte dem später mit dem Hinweis, dass die Küche nur eine solche von mittlerer Qualität sei (beschichtete Spanplatten).

Schadensersatz für verschmutzten Spülkasten abgelehnt

Der Vermieter klagte schließlich auf 13.358 € ein samt 899,40 € für vorgerichtliche Anwaltskosten, wobei er letztlich nur ca. die Hälfte bekam, aber auch keine Erstattung der Rechtsanwaltskosten.  2.250 € bekam der Vermieter letztlich als Mietausfallschaden zugesprochen. Auf die Nase fiel er hingegen mit seinm Ziel des Schadensersatzes für den verschmutzten Spülkasten, da dieser wegen bereits vorhandener Verfärbungen aufgrund UV-Einstrahlung nach Ansicht des Richters Rauh ohnehin wertlos war. Am kaputten Toilettensitz konnten die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt werden; bezüglich des Spiegelschranks war die Lebensdauer bereits überschritten.

Schadensersatz für verkalkte Armaturen

Weil das Wasser in Hohenroht einen niedrigen Härtegrad hat, kam die Gutachterin zur Festellung – der sich das Gericht anschloß – dass die stark verkalkten Armaturen auf unsachgemäßen Gebrauch zurückzuführen sei und hier unter Berücksichtigung der Lebensdauer von 20 Jahren ein Schadensersatz von 61 € zu leisten sei. Im Hinblick auf die defekte Steckdose war nicht mehr aufzuklären, ob diese bereits bei Einzug vorhanden war. Beim rostbefallenen Heizkörper sprach das Gericht dem Vermieter ebenfalls einen Schadensersatzanspruch (100 €) ohne den Abzug alt für neu zu, weil ein Heizkörper keinem Verschleiss unterliege.

Aufrechnung mit Kosten für Gasinspektion und Spülmaschinenreparatur

Weil der Vermieter es versäumt hatte dem Mieter die Übernahme von Schönheitsreperaturen aufzubürden, konnte Letzterer aber noch mit Rechnungen für eine Gasinspektion und eine Spülmaschinenreperatur aufrechnen.

Tipp vom Anwalt: Vereinbaren Sie daher immer bereits im Mietvertrag, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen tragen muss. Lassen Sie sich bei der nicht einfachen Formulierung hier von einem Profi im Mietrecht unterstützen und übernehmen Sie nicht vorschnell Vertragsmuster aus dem Internet.

Ersetzungsbefugnis des Vermieters

Weil das Landgericht Schweinfurt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hatte, stellten die Karlsruher Richter klar, dass der Vermieter dem Mieter keine Frist zur Schadensbeseitigung nach Entdeckung von Schäden setzen muss. Sie schrieben der Beklagtenseite folgendes ins Stammbuch: Durch diese Ersetzungsbefugnis  des Vermieters werden nicht nur Abwicklungsstreitigkeiten darüber vermieden, ob eine Schadensbeseitigung des Schädigers gelungen ist und vom Geschädigten als tauglich akzeptiert werden muss. Die Ersetzungsbefugnis sichert dem Geschädigten gerade auch das ihm zustehende Recht, sich bei Ausführung der Schadensbeseitigung ausschließlich an seinen eigenen Wiederherstellungsinteressen zu orientieren und sich nicht auf ein gegenläufiges Interesse des Schädigers etwa an einer möglichst kostengünstigen und deshalb in ihrer Tauglichkeit nicht ohne Weiteres zweifelsfreien Wiederherstelung einlassen zu müssen. Dementsprechend kann der Geschädigte seine Ersetzungsbefugnis grundsätzlich auch ohne Angabe von Gründen ausüben, muss sich für die getroffene Wahl also nicht rechtfertigen und sich auch sonst zu ihrer Umsetzung nicht mit dem Schädiger ins Benehmen setzen.

Dieser Betrag stellt keine Rechtberatung dar, sondern dient der Vorstellung der Rechtsberatungsdienstleistungen der Kanzlei Niggl, Lamprecht und Kollegen. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Ausführungen wird daher nicht gehaftet.

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Untermietvertrag läuft trotz Kündigung des Hauptvertrages weiter

Ausnahme bei gewerblicher Weitervermietung

Mit seiner Räumungsklage auf die Nase gefallen ist ein Neueigentümer eines Wohnblocks, den der Voreigentümer an einen Unternehmen vermietet hatte, das die Wohnungen dort seit den 60er-Jahren zu fairen Konditionen an seine Angestellten untervermietet hatte (BGH vom  17.01.2018, Az.: VIII ZR 241/16).

Normalerweise teilt Untermietvertrag Schicksal des Hauptmietvertrages

Bei Untervermietung ist es so, dass dieses Mietverhältnis grundsätzlich das Schicksal des Hauptmietvertrages teilt – fällt dieser weg, dann hat auch der Untermietvertrag keine Bestand mehr. Eine Ausnahme hiervon sieht der § 565 BGB vor, wenn nach dem Hauptvertrag eine gewerbliche Weitervermietung erfolgen soll.  Verereinbart der Zwischenmieters dann eine Wohnraummiete finden alle mieterschützenden Regelungen Anwendung.

Werkwohnung unterliegt Mieterschutzregeln

So ging es auch dem Neueigentümer, der zwar den Hauptmietvertrag beenden konnte und dann automatisch als neuer Vermieter in den Mietvertrag eintrat. Dass der Mieter mittlerweile gar nicht mehr Arbeitnehmer war, sondern bereits Pensionist, änderte nichts, weil er nach der Sozialregelung auch nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb die Wohnung weiternutzen durfte.

Bei Vermietung an eigene Arbeitnehmer wirtschaftliches Eigeninteresse

Anders als die Vorinstanzen sah der BGH den § 565 BGB direkt und nicht etwa nur entsprechend anwendbar. Selbstverständlich habe der neue Eigentümer als Rechtsnachfolger des ursprünglichen ein wirtschaftliches Eigeninteresse gehabt, denn die Vermietung an die eigenen Angestellten war ein Element der Mitarbeiterbindung.

Tipp vom Anwalt: Will  der Vermieter Sie als Untervermieter vor die Tür setzen, dann kann der § 565 BGB ein Hebel sein, dies zu verhindern. Lassen Sie sich daher im Einzelfall beraten!

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Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar, sondern dient ausschließlich der Präsentation der Rechtsberatungsangebote der Kanzlei Niggl, Lamprecht & Kollegen. Lassen Sie sich daher immer individuell rechtlich beraten. Kurze rechtliche Fragen beantworten wir telefonisch unter 0931/47085337 für Sie kostenfrei.

Böswilligen WEG-Mitgliedern das Wohnungseigentum entziehen

Entzug von Wohnungseigentums  nach 18 I WEG

Seine Nachbarn kann man sich selten aussuchen, das gilt auch für die Mitglieder einer WEG-Gemeinschaft. Schlecht anwaltlich beraten waren zwei Mitglieder einer WEG-Gemeinschaft aus Wiesbaden,  die einem WEG-Mitglied, das sich daneben benahm, seine Eigentumswohnung nach §  18 Abs. 1 WEG entziehen wollten (BGH-Urteil vom 25.01.2018, Az.: V ZR 141/17).

Hausgeldschulden und Straftaten

 Der „Störenfried“ hatte erhebliche Rückstände beim Wohngeld und mehrfach den Hausmeister bedroht und beleidigt.  Abgemahnt wurde aber nur wegen der Schulden.

Keine Abmahnung wegen Pöbeleien

Die Klage auf den Entziehung des Wohnungseigentum stützte sich aber auf beide Gründe!  Daher wurde das Ausgangsurteil auf Entziehung des Wohnungseigentum  in der Berufung aufgehoben.
Tipp vom Anwalt: Mahnen Sie den  Wohnungseigentümer in solchen Fällen zu Sicherheit immer auch wegen seines Verhaltens ab! Weil die Entziehung des  Eigentums  das letzte Mittel gegen einen gemeinschaftsschädigenden Wohnungseigentümer sein darf, sind zuvor alle bestehenden und zumutbaren Möglichkeiten zu Unterbindung störenden Verhaltens auszuschöpfen!
Sprich:  Dem Wohnungseigentümer muss sein Fehlverhalten vor Augen geführt und ihm Gelegenheit zu einer Verhaltensänderung gegeben werden. Nur einem böswillige Mitglied der WEG kann das Eigentum entzogen werden.

Fortgesetzte Pöbeleien während Rechtsstreit

Da der Störenfried hier sein renitentes  Verhalten aber während des Rechtsstreits nach Aktenlage weiter fortsetzte,  war nach Ansicht der Richter am Bundesgerichtshof die Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich, denn es musste ihm klar sein, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft sein rabiates Verhalten nicht länger hinnehmen will.
Eine Abmahnung habe in einem solchen Sonderfall eines derart böswilligen Menschen regelmäßig keine Aussicht darauf, dass der Störer das störende Verhalten künftig unterbindet, betonten die Karlsruher Richter.
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Bei zu kleinen Wohnungen Miete zurückerhalten

Mietminderung bei zu kleiner Wohnfläche

Bekanntlich können bei Balkonen, Terrassen und Dachgärten nur ein Viertel der Fläche berücksichtigen werden. In einem aktuellen Fall vor Landgericht Berlin vom 17.01.2018 (18 S 308/13) wurde es  einem Vermieter zum Verhängnis, als er die Miete um 64, 60 Euro auf die ortsübliche Miete von 507,60 Euro anheben wollte.

Mieter erhält über Widerklage Miete zurück

Nicht nur, dass seinem Ansinnen die Kappungsgrenzverordnung entgegenstand, das Gericht nahm eine von Anfang an geminderte Miete an. So konnte der Vermieter nicht nur die gewünschte Mieterhöhung nicht voll durchsetzen, sondern musste wegen einer erfolgreichen Widerklage dem Mieter die überhöhte Miete aus drei Jahren, immerhin über 1700 Euro zurückzahlen! 

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Tipp vom Anwalt: Beachten Sie die klaren Vorgaben der Wohnflächenverordnung (WoFlV). Gem. dessen § 4 sind nur die Grundflächen
von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern vollständig, die von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens einem Meter und weniger als zwei Metern jedoch nur zur Hälfte und von unbeheizbaren Wintergärten und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Bei Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen sind es  in der Regel sogar nur ein Viertel!

Update: Nach einer neueren BGH-Entscheidung sind die Wohnflächenverordnung auch bei nichtpreisgebundenen Wohnraum immer heranzuziehen, denn – so wird angedeutet – können die DIN 283 oder 277 der II. Berechnungsverordnung auch über eine örtliche Übung oder eine Verkehrssitte nicht allgemeingültig werden, da diese keine in sich geschlossen Regelwerke ohne Wertungswidersprüche seien (BGH vom 17.04.19, Az.: VIII ZR 33/18).

Arbeitnehmer auf Abwegen verlieren Unfallversicherungsschutz

Unfallversicherung bei Wegeunfall

Wer kennt das nicht? Todmüde von der Arbeit heim, im Zug einschlafen und dann ein paar Stationen weiteraufwachen als man eigentlich aussteigen wollte. Das Thüringische Landessozialgericht hat jetzt entschieden, dass im Falle eines Unfalls in diesem Fall kein Unfallversicherungsschutz bestehen kann. Der im Sozialrecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur. stellt Ihnen dieses interessante Urteil vor.

Von Zug erfasst auf Nachhauseweg

Eine Mittvierzigerin, Fleischfachverkäuferin, kehrte nach der Frühschicht und vorangegangener Tagschicht übermüdet nach Hause. In der Regionalbahn schlief sie ein und erwachte erst wieder eine Station später als geplant. Zu dem auf dem anderen Gleis stehenden Zug – in entgegengesetzter Richter – nahm sie die Abkürzung über die Gleise und wurde durch eine rangierende Lok erfasst und so stark verletzt, dass sie noch am Unfallort verstarb.

Klage auf Hinterbliebenenleistungen nach § 63 I SGB VII

Die Klage der Hinterbliebenen auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen nach § 63 I 1 SGB VII wurde nun von den Sozialrichtern abgewiesen. Die Frau habe sich nämlich auf einem Abweg – in entgegengesetzter Richtung – zum Nachhauseweg befunden. Als der Unfall passierte sei sie auch noch nicht auf den gewöhnlichen Nachhauseweg zurückgekehrt.

Abweg oft nicht versichert

Ein Umweg, also ein verkehrsbedingtes Ausweichen, sei ebensowenig der Grund für das Weiterfahren gewesen, wie ein “betriebsbedingter Schlafmangel”. Damit wichen die Richter von einer Entscheidung des Sozialgericht Gelsenkirchen ab (Az.: S 13 U 53/02), wo eine Arbeitnehmerin nach einer Nachtschicht auch auf dem Nachhauseweg einschlief und die Unfallversicherung die  verunfallte Klägerin entschädigen musste.

Eigenwirtschaftliche Gründe statt Schichtplan

Hier aber sahen die Sozialrichter eigenwirtschaftliche Gründe für das Einschlafen. Weder der Schichtwechsel, noch äußere Umstände, wie Dunkelheit oder entsprechende Außentemperaturen seien für das Einschlafen wesentlich gewesen.

Tipp vom Anwalt: Versuchen Sie in solchen Situationen unbedingt die damalige Situation vor dem Unfall zu rekapitulieren und trage Sie Umstände vor, die das Einschlafen des Unfallversicherten begünstigt haben.

Wegeunfall nicht auf direkter Wegstrecke

Weil der Unfall nicht auf der üblicherweise genutzten direkten Wegstrecke zwischen Arbeitsstätte und Wohnung erfolgte, war der Wegeunfall hier also nicht versichert.

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Ohne Konflikt mit Vermieter als Startup im Homeoffice

Mietrecht für Startups

Für Startups und Existenzgründer sind langjährige Gewerbemietverträge oft ein Graus. Um das finanzielle Risiko zu verringern, wird die eigene Geschäftsidee daher oft im Nebenerwerb von den eigenen vier Wänden aus als Homeoffice betrieben.

Business im Homeoffice starten

Je nachdem, welchen Umfang und Außenwirkung die berufliche Tätigkeit entfaltet, gibt es verschiedene rechtliche Probleme. In diesem Beitrag von Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur. soll es vorallem um die mietrechtlichen Herausforderungen gehen.

Food-Startups und Online-Shops müssen aufpassen

Zunächst sollte – bevor das Start-Up seine Tätigkeit aufnimmt, der Vermieter um Erlaubnis gefragt werden, um sich nicht des Vorwurf des vertragswidrigen Gebrauchs der Mietwohnung auszusetzen. Dabei kann bereits die geplante Tätigkeit beschrieben werden und mitgeteilt werden, ob mit Lärm, Gerüchen oder Publikumsverkehr zu rechnen ist. Insbesondere Food-StartUps, die aus der eigenen Wohnungsküche heraus starten oder Online-Shops, die im Bastelraum hergestellte Produkte verkaufen, sind hier also gefordert.

Dem Existenzgründern kann gekündigt werden

Wenn dies nicht getan wird, muss damit gerechnet werden, dass der Vermieter den Existenzgründer abmahnt und ggf. kündigt. Dies gilt generell auch, wenn nur einzelne Räume oder Raumteile für die Gründungsidee in Beschlag genommen werden.

Onlineshops auf Ebay oder Amazon müssen aufpassen

Der Vermieter wird zustimmen müssen, wenn die betriebliche Nutzung nicht nach außen hin in Erscheinung tritt und keine konkreten Störungen der Nachbarschaft zu erwarten sind. Gerade bei Online-Shops kommt es also auf den Einzelfall an, ob diese erlaubnispflichtig sind: Werden etwa fremde Waren zuhause gelagert, ist die Situation anders, als wenn nur eigene Waren verkauft werden. Einen Unterschied macht es auch, wenn häufig Paketzusteller ins Haus kommen oder weniger störend über eine Packstation operiert wird. Schließlich spielen auf Fragen, wie ob über eine starke Beeinflussung des gemeinschaftlichen Internetzugangs und ob ein Schild am Eingang samt Publikumsverkehr die Nachbarn stören können. Schließlich spielt auch eine Rolle, welche Gewinnhöhe Sie mit Ihrem Startup erzielen. Der Powerseller auf ebay oder Amazon wird also u.U. Schwierigkeiten bekommen.

Tipp vom Anwalt: Für den Umstand, dass keine vertragsmäßige Wohnnutzung mehr vorliegt, trägt der Vermieter die Beweislast.

Baurecht kann Ihrem business entgegenstehen

Im Umkehrschluss wird der Vermieter nicht zustimmen, wenn Störungen der Nachbarschaft nicht auszuschließen oder eine Beanspruchung  der Mietwohnung durch die gewerbliche Tätigkeit zu erwarten ist. In diesem Zusammenhang wird auch das Baurecht eine wichtige Rolle spielen, denn je nachdem, ob sie sich in einem Allgemeinen Wohngebiet (WA) oder einem Reinen Wohngebiet (WR), einem Misch-, Dorf- oder sonstigem Gebiet befinden, gibt Ihnen die Baunutzungsverordnung verschiedene Schranken vor. Für freie Berufe, wie Journalisten, Dolmetscher, Ärzte ,Hebammen, Steuerberater, Auktionator oder Anwälte,  sieht die Baunutzungsverordnung (BauNVO) Erleichterungen und Ausnahmen vor. Ebenfalls kann der Bebauungsplan Abweichendes regeln.

Tipp vom Anwalt: Daher empfiehlt sich eine Rückfrage beim Bauamt bzw. dem Bauordnungsamt, um Untersagungsverfügungen oder ein Bußgeld zu vermeiden. Zum Teil existieren auch Zweckentfremdungssatzungen.

Dem Vermieter einen Gewerbezuschlag zahlen

Im Übrigen sollte beim Mietzweck, wenn Sie sich vorstellen können ein eigenes business aus den eigenen Vier-Wänden zu starten, entsprechend angepaßt werde und maximal ein Erlaubnisvorbehalt für den Vermieter festgeschrieben werden. Im Umkehrschluss dürfte eine Klausel im Mietvertrag, die jegliche gewerbliche Tätigkeit generell untersagt nach Expertenmeinung unwirksam sein. Aus taktischen Gründen empfiehlt sich manchmal dem Vermieter einen Gewerbezuschlag zu zahlen.

Prostitution oder Thai-Massage – Arbeiten am Abend

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ausübung der Prostitution in der eigenen Wohnung unzulässig. Bei Thai-Massage  kommt es auf den Einzelfall an. Ebenfalls unübersichtlich ist die Situation bei Tagesmüttern. Unzulässig ist es auch die eigene Mietwohnung zur Bürogemeinschaft umzufunktionieren oder . Büroarbeiten am Abend oder am Wochenende sind hingegen klar zulässig. Ebenso gelegentliche Geschäftsessen zuhause und geschäftliche Telefonate. In der Rechtsprechung wurde auch schon schon die teilgewerbliche Nutzung als bewegungstherapeutische Praxis und astrologische Beratung als zulässig erachtet.

Situation in der WEG

Tipp vom Anwalt: Für Eigentumswohnungen, wo in der Teilungserklärung der Zweck als Wohnung festgeschrieben ist, ist eine teilgewerbliche Nutzung dennoch möglich. Um Streitigkeiten gleichwohl zu vermeiden, ist es sinnvoll in der Gemeinschaftsordnung Regelungen zur teilgewerblichen Nutzung und ggf. zur Verwalterzustimmung hierzu, festzulegen.

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Vermieter kann finanziell schwachen Mieter nicht loßwerden

Vermieter muss mit finanziell schwachem Mieter leben

Der an sich mieterfeindliche BGH hat eine Reihe mieterfreundlicher Urteile getroffen. Der im Mietrecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter stellt Ihnen diese nach und nach vor.

Lebensgefährte trat in Mietvertrag ein

Nachdem die bisherige Mieterin gestorben war, trat deren sich in einer Ausbildung befindliche Lebensgefährte gem. § 563 BGB in den Mietvertrag ein. Der Vermieter versuche erfolglos den jungen Mann aus der Dreizimmerwohnung zu werfen (BGH v. 31.01.2018, Az.: VIII ZR 105/17). Der hatte sich nämlich recht geschickt verkauft und auf die Räumungsklage mit einer Widerklage gekontert auf Zustimmung eines Untermieters. Letztlich erfolgreich, denn seine Ideen, wie er die doch mit 720 € nicht gerade niedrige Bruttomiete aus seinem mageren Lehrlingsgehalt stemmen wollte, überzeuge die Richter. Denn neben dem Geld aus der Untermiete gäbe es die Möglichkeit Sozialleistungen, wie das Wohngeld oder kleine Geldgeschenke von Verwandten, um immer rechtzeitig und vollständig die Miete zu zahlen. Im Notfall könnte er auch eine Nebentätigkeit eingehen.

Wohngeld, Untervermietung oder Nebentätigkeit spülen Geld in die Tasche

Das überzeuge die BGH-Richter, die meinten, dass eine “gefährdet erscheinende finanzielle Leistungsfähigkeit des Mieters” objektiv feststehen müssen wenn der Vermieter deshalb gem. § 563 IV BGB außerordentlich kündigen wolle. Überhöhte Anforderungen an die Prognose der finanziellen Leistungsfähigkeit seien nicht zu stellen, d.h. wenn der finanziell schlecht aufgestellte Kläger ein schlüssiges Konzept präsentiert, wie er die Miete künftig aufbringen soll, dann muss der Vermieter dieses auch hinnehmen.

Tipp vom Anwalt: Wird Ihnen in so einem Fall gekündigt, präsentieren Sie dem Vermieter schriftlich ein schlüssiges Finanzierungskonzept und setzen sich zur Wehr.

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Mit Schwerbehindertenrente raus aus der Sozialhilfe

Schwerbehindertenrente

Schwerbehinderte können bereits ab dem 63. Geburstag in Rente gehen.  Jedoch ist es auch bereits gem. § 236a SGB VI ab dem 60. Lebensjahr möglich den Ruhestand zu genießen, wenn der Schwerbehinderte bereit ist im Gegenzug einen Abschlag bei der Vollrente hinzunehmen.

Auswirkungen auf Betriebsrente

Schwerbehinderte sollte darauf achten, ob eine betriebliche Vereinbarung oder andere Regelung existiert, dass die Betriebsrente zu mindern ist, wenn vorgezogen in den Rentenstand eingerichtet wird. Oft beträgt die Minderung 0,5 Prozent pro vorgezogenem Monat. Das LSG Rheinland Pfalz hat die Zulässigkeit solcher Regelungen ausdrücklich bejaht.

GdB muss mindestens 50 betragen

Neben einer 35-jährigen Wartezeit (hier zählen auch Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung mit) braucht es einen Grad der Behinderung von mindestens 50. Gerade beim letzten Punkt gibt es immer wieder Streitigkeiten mit dem Versorgungsamt, das die vorhandene Behinderung bei Spielräumen nicht selten niedrigener einstuft, als es objektiv gerechtfertigt erscheint.

Tipp vom Anwalt: Lassen Sie sich in schwierigen Fällen bereits bei der Antragsstellung anwaltlich beraten. Im Falle eines Ablehnungsbescheides ist ein mit anwaltlicher Hilfe eingelegter Widerspruch sinnvoll.

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Mietminderung auch von Hartz IV-Empfängern

Mietminderung

Die Grundsicherung, das sogenannte „Hartz IV“, erhaltende Mieter sind bei Mietmängeln ihrem Vermieter nicht schutzlos ausgeliefert. In diesem Beitrag stellt Ihnen der im Sozialrecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter Ihre Reaktionsmöglickeiten  als Arbeitssuchender bei Mietmängeln vor.

KdU um Minderungsbetrag kürzen

Erhalten Sie die Kosten der Unterkunft auf Ihr Konto überwiesen, dann können Sie die Miete sofort oder im Folgemonat um den jeweiligen Minderungsbetrag kürzen. Nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob Sie in dem Fall die Differenz dem Jobcenter zurückreichen müssen. Die Höhe des Minderungsbetrages richtet sich nach Art (z.B. Schimmel, Lärm von Nachbarn, kaputte sanitäre Einrichtungen, Probleme mit den Heizkörpern etc.) und Schwere des Mietmangels.

Bei Direktzahlung Jobcenter über Mietmangel informieren

Wird der Vermieter direkt vom Jobcenter bezahlt, muss dieses auf Ihre Information hin nur noch die um die Minderung gekürzten KdU an den Vermieter überweisen.
Keinesfalls darf das Jobcenter nach der Entscheidung des SG Karlsruhe (Aktenzeichen: S 15 As 2985/09) nach Minderung durch den Leistungsempfänger die Miete ohne Einverständnis des Kunden direkt und ungekürzt einfach an den Vermieter zahlen.
Lesen Sie hier Tipps und Tricks im Umgang mit dem Jobcenter: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/2017/10/16/die-zehn-gebote-fuer-hartz-iv-empfaenger/

Minderung schlägt auf Nebenkosten durch

Tipp vom Anwalt: Da die Mietminderung auch auf die Nebenkosten durchschlägt darf das Jobcenter demnach auch nicht eine Betriebsnebenkostenabrechnung bzw.eine -nachforderung direkt und ungekürzt an den Vermieter zahlen.
Kurze rechtliche Fragen beantworten wir telefonisch kostenfrei unter 0931/47085337
Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Befreiung von der Rentenversicherung nach § 6 I 1 Nr. 1 SGB VI bei typischen Tätigkeiten

Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung

Gute Nachricht für Ärzte für Humanmedizin, Apotheker, Architekten, Ingenieure und Rechtsanwälte: Berufstätige in Berufen, die wegen dem Vorhandensein einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe eigenen Versorgungskammer (berufsständische Versorgungseinrichtung) grundsätzlich von der Rentenversicherung befreit sind, sind auch dann befreit, wenn sie diesen Beruf nicht in dessen Kernbereichen nachgehen.

Industrietierärzte können befreit sein

Das Bundessozialgericht (Az.: B 5 RE 10/16 R) hat dies kürzlich für sogenannte Industrietierärzte entschieden, also Tierärzte, die im Produktmarketing, im wissenschaftlichen Technical Service, im wissenschaftlichen Außendienst, im Vertrieb, im Maketing oder in der Forschung und Entwicklung bzw. Arzneimittelzulassung arbeiten (also für Auftraggeber, wie veterinär- und humanpharmazeutische Unternehmen, Medizinproduktehersteller, Futtermittelhersteller, Lebensmittelindustrie und -forschung, Hersteller von Medizintechnik und Dienstleister für Tierärzte in Aufgabengebieten von Produktmanagement, über Technical Service, Wissenschaftlichen Außendienst, Verkauf von Produkten, Forschung und Entwicklung, Qualitätskontrolle, Zulassung und Marketing).

Regelungen der berufsständischen Kammern

Demnach ist es nicht notwendig, dass der Berufstätige die typische Berufstätigkeit eines Tierarztes ausübt, sondern es genügt für die Befreiung von der Rentenversicherung, dass er nach dem weitergehenden Verständnis der jeweiligen Kammer (und deren Regelwerke) auch andere Tätigkeitsfelder bestellt.

Mehr als reiner Außendienstmitarbeit oder Pharmaberater

Im vorliegenden Fall war es für die Befreiung von der Rentenversicherung also ausreichend, dass der Kläger als Außendienstmitarbeiter in einem nichtselbständigen Arbeitsverhältnis in nicht mehr geringfügigen Umfang Tägigkeiten erbrachte, die über die bloße Informationstätigkeit zu bestimmten Arzneimitteln, wie sie ein klassischer Pharmaberater leistet, hinausging (z.B. teilweise Mithilfe bei Operationen etc.).

Tipp vom Anwalt: Bei  Ablehnungen durch die  Deutschen Rentenversicherung in der Vergangenheit, können diese Entscheidungen u.U. mit einem Antrag auf Überprüfung wieder aufgehoben werden. Beachten Sie auch, dass bei jedem Jobcenter die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung neu geprüft wird. Achten Sie deshalb darauf, dass im Arbeitsvertrag die Stellenbeschreibung so formuliert wird, dass klar wird, dass Sie die klassischen Tätigkeiten ihres Berufs ausüben.

Hier geht es zu unserem Ressort Rentenversicherungsrecht:  Rentenrecht

Drei Tipps beim Abschluss eines Pflegevertrages

Pflegevertrag

Wer pflegebedürftig ist und auf die Hilfe von einem ambulanten Pflegedienst angewiesen, der bekommt in der Regel zunächst einen Pflegevertrag zur Unterschrift vorgelegt. Der im Pflegerecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur. stellt Ihnen in diesem Beitrag drei wichtige Punkte vor, auf die sie achten sollten.

Private Zusatzkosten

Wenn die Kosten für Pflegeleistungen höher sind als der Anspruch aus der Pflegekasse, dann müssen Sie den Rest privat aus Ihrer Rente oder sonstigen Einkünften oder Ersparnissen leisten. Sie müssen kalkulieren, ob Sie sich das leisten können und ob ein mögliches Delta über die Sozialhilfe aufgefangen werden kann.

Tipp vom Anwalt: Lassen Sie sich einen Kostenvoranschlag machen! Der Vertrag sollte vorsehen, dass eine Anpassung des Leistungskatalog zu erfolgen hat, wenn die im Einzelfall erbrachten Pflegeleistungen sich absehbar dauerhaft ändern werden oder der Leistungsumfang für mindestens zwei Monate um mehr als 10 % des von der Pflegekasse übernommenen individuellen Sachleistungsbetrages geändert hat bzw. wenn sich die zwischen Pflegedienst und Pflegekasse vereinbarte Vergütung ändert. Auch dann sollte ein neuer Kostenvoranschlag erstellt werden.

Gute Pflegedienste beraten Sie außerdem auch bei der Auswahl und Beschaffung von Pflegehilfsmitteln und -materialien und informieren Sie über die relevanten Kostenträger. Akzeptieren Sie zudem nicht, wenn Klauseln enthalten sind, die dem Pflegedienst einseitig ein Recht zur Preiserhöhung geben auch in Bezug auf Investitionskosten. Über die Leistungen sollte zudem monatlich abgerechnet werden und Vorauszahlungen nicht verlangt werden dürfen.

Lesen Sie hier mehr zu den Investitionskosten: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/2018/03/20/schmu-bei-den-investitionskosten-fuer-das-pflegeheim/

Leistungsbeschreibungen oder Zeitkontigente

Werden im Pflegevertrag keine genauen Leistungskomplexe festgelegt, sondern nur nur schlagwortartige Bezeichnungen, wie „Grundpflege“ oder „Pflegeleistungen nach § 36 SGB XI“ verwendet, ist der Vertrag zu intransparent und sie wissen nicht welche Leistung Sie für Ihr Entgelt erhalten. Zudem sollte abgeklärt werden, ob auch Kooperationspartner des Pflegedienstes die Leistung erbringen dürfen. Es ist aber durchaus auch die Vereinbarung von Zeitkontigenten akzeptabel. Sie sollten auch im Vorfeld abklären, ob der Pflegedienst alle Leistungen anbieten bzw. vermitteln kann, die Sie evtl. mal benötigen (z.B. Intensivbetreuung, Beatmung etc.) und ob ausreichend gut qualifiziertes Programm vorgehalten wird. Gute Pflegedienste übernehmen auch die Aufsicht über die Medikamentenversorgung, inklusive der Bereithaltung neuer Rezepte sowie deren Einlösung. Wenn der

Tipp vom Anwalt: Immer mehr Pflegedienste lassen sich extern zertifizieren oder Qualitätssiegel verleihen. Eine Nachfrage bei der Pflegekasse, Ihrem Hausarzt oder bei den regionalen Beratungsstellen (z.B. Pflegestützpunkte) kann Ihnen wichtige Information über den Pflegedienst liefern.

Ruhen des Pflegevertrages und Kündigungsfristen

Eine Kündigungsfrist von unter zwei Wochen seitens des Pflegedienstes ist unangemessen kurz, weil er seinen Sicherstellungsauftrag zu beachten hat. Der Pflegende hat aber das Recht haben jederzeit und ohne Angaben von Gründen fristlos zu kündigen. Zudem kann vereinbart werden, dass der Vertrag durch Tod des Leistungsnehmers automatisch endet. Sinnvoll ist, ein Ruhen des Vertrages zu vereinbaren bei vorübergehendem stationären Aufenthalt des Pflegebedürftigen im Krankenhaus, Rehabilitationseinrichtungen sowie in der Kurzzeitpflege.

Update: Eine für Pflegebedürftige positive, wenn auch überraschende, Entscheidung hat der BGH kürzlich getroffen (BGH vom 04.10.2018, Az.: III ZR 292/17).

Ein an Mutiple Sklerose erkrankter Mann hatte seinen Pflegeheimplatz zum Monatsende gekündigt, war aber bereits schon in der Monatsmitte in ein anderes Pflegeheim umgezogen. Das alte Pflegeheim zog von der Pflegekasse für den ganzen Monat 1.493,03 € ein, was bedeutete, dass der Kläger wohl Pflegestufe 4 hatte, was aktuell Pflegegrad 5 nach der Überleitung wäre.

Dem Pflegebedürftigen gelang es durch alle Instanzen seinen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückerstattung dieses Geldes erfolgreich zu verteidigen. Denn der Grundsatz der taggenauen Abrechnung gem. § 87a I 2 SGB XI .V.m. § 15 WBVG lässt die Zahlungspflicht des Pflegebedürftigen entfallen, wenn er aus dem Heim entlassen wird oder stirbt. Nach Ansicht der Richter am Bundesgerichtshof steht einer Entlassung der Umzug beziehungsweise die Verlegung in ein anderes Pflegeheim gleich. Bei einem nicht nur vorübergehenden Verlassen des Heimes müsste dem Pflegebedürftigen nämlich kein Platz freigehalten werden. Pflegebedürftige, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, sollten darüber hinaus nach dem Willen des Gesetzgebers in einer solchen Situation nicht doppelt in Anspruch genommen werden.

Tipp vom Anwalt: Pflegeheime müssen dieses wirtschaftliche Risiko im Rahmen ihrer Auslastungskalkulation sowie durch Wagnis- und Risikozuschläge berücksichtigen. Gegebenenfalls müssen Pflegesätze daher nach oben angepasst werden. Abweichende Regelungen im Heimvertrag sind jedenfalls nach § 87a I S. 4 SGB XI nichtig, so dass man dieses Risiko vertragsgestalterisch schwer wird abdämpfen können. Lassen Sie sich hier im Einzelfall jedenfalls umfassend anwaltlich beraten.

Weitere Fragen: richter(at)anwaltskanzlei-wue.de

hier geht es zu unserem Ressort https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/pflegerecht/