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Schwankende Einnahmen richtig berücksichtigen

Bei vorläufigen Bescheiden

Hartz IV-Aufstocker, als Leistungsempfänger, die nebenbei noch arbeiten, kämpfen auch gegen die Bürokratie der Jobcenter. Jobcenter bewilligen ihnen gewöhnlich für ein halbes Jahr ihre Leistungen vorläufig und setzen nach Einreichung der Unterlagen oder manchmal nach Ablauf des Bewilligungszeitraums endgültig fest. Aber auch andere Hartz IV-Empfänger mit einem regelmäßigen kleinen, aber schwankenden Zusatzeinkommen erhalten ihre Leistungen nur vorläufig. Nach einem Monat erwachsen die vorläufigen Bescheide in Bestandskraft.

Tipp vom Anwalt: Achten Sie darauf, ob in Ihrem Bescheid dann auch das Wort vorläufig auftaucht.

Zusammentreffen von Einnahmen aus ehrenantlicher Tätigkeit und sonstigem Nichterwerbseinkommen

Anders als beim Zusammentreffen mehrerer Einkunftsarten ist beim Zusammentreffen von priviligiertem Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit und nicht priviligiertem Enkommen ist die Einkommmensbereinigung zweimal durchzuführen.

Achtung: Trinkgelder sind nur dann anrechenbar, wenn sie 10% des monatlichen Regelbedarfs übersteigten (BSG vom 13.07.2022, Az.: B 7/14 AS75/21 R).

Anrechnung von Betriebskostenguthaben

Seit April 21 wird nun kein Durchschnittseinkommen mehr gebildet, sondern abschließend bewilligt.

Bei Überschneidung von Mietrecht und Hartz IV gibt es viele Tücken:  In der Regel sind die Guthaben aus Betriebskostenzahlungen – ähnlich wie  der Lohn – nicht im Abrechnungsmonat, sondern später anzurechnen. Während der Lohn mit dem Zufluss auf das Hartz IV angerechnet wird, ist dies bei Betriebskostenguthaben wegen einer Spezialregel aus § 22 III SGB II erst im Monat nach dem Zufluss – d in der Regel nur gegen die Unterkunftskosten.

Guthaben aus Betriebskostenzahlung ist mit Zufluss Einkommen

Wenn nun aber ein Hartz IV-Aufstocker (somit Jemand der die Leistung nur vorläufig erhält), ein Betriebskostenguthaben von seinem Vermieter überwiesen bekommt, dann ist dieser Zufluss nicht voll im Monat des Zuflusses anzurechnen, sondern musste bis April 2021 nach der Ansicht des SG Hannover vom 11.06.2020 (Az.: S 43 AS 3130/19) über die Monate des Bewilligungszeitraums (in der Regel 6) verteilt werden, Diese Argumentation verwarf das LSG Niedersachsen-Bremen jedoch  (L 19 AS 93/20), da § 22 III SGB II hier eine Spezialregelung darstelle. Nach neuerem Recht ist nunmehr ohnehin explizit nach dem Monat des Zuflusses des Guthabens gegen die KdU aufzurechnen.

Auf die abschließende Festsetzung folgt oft der Erstattungsbescheid

Tipp vom Anwalt: Häufig wird der Erstattungsbescheid, der nach der abschließenden Festsetzung wegen der höheren Anrechnung ergeht, nach der Ansicht mehrerer Gerichte nicht Teil des Klageverfahrens gegen den vorläufigen und abschließenden Bescheid. Vergessen Sie daher nicht diesen und auch den abschließenden Bescheid anzufechten.

Achtung: Mit dem Bürgergeld wurde eine Bagatellgrenze von 50 € bei Rückfoerderungen eingeführt, vgl. § 40 I 3 SGB II n.F. Bis zu dieser Grenze dürfen die Jobcenter Gelder nicht zurückfordern.

Landessozialgericht schränkt Ersatzpflicht von Hartz IV-Empfängern ein

Gericht schafft ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Unentschuldbarkeit

§ 34 SGB II gibt den Jobcentern keinen Freibrief bei Pflichtverletzungen von Arbeitslosen alle Sozialleistungen zurückzufordern. Das hat das Landessozialgericht NRW kürzlich festgestellt (LSG NRW vom 11.10.2018,, Az.: L 7 AS 1331/17).

Mehr als einfaches Eigenverschulden

Ähnlich wie beim AsylblG muss ein Verhalten zugrundeliegen, das unentschuldbar ist. Dieses ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal sei zu fordern, um das differenzierte und verhältnismäßige Sanktionssystem der §§ 31 ff. SGB II nicht zu unterlaufen. Ein einfaches Eigenverschulden des Hartz IV-Empfängers reiche nicht aus. So schließe auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Kündigung durch den Arbeitgeber die Anwendung von § 34 SGB II aus (LSG Schleswig-Holstein vom 24.02.2022, Az. L 6 AS 89/19).

 

Erstattungsbescheid muss bestimmt sein

Erst wenn diese Hürde übersprungen ist, kann ein Erstattungsbescheid ergehen, der bestimmt sein muss und erkennen lässt, für welche Monate und in welcher Höhe Leistungen zurückgefordert werden. Die Vorgaben – ähnlich wie bei §§ 45, 48, 50 SGB X – gelten also auch hier bei Erstattungsbescheiden nach § 34 I SGB II.  Ein einfacher Grundlagenbescheid, der nur die Zahlungspflicht des Hartz IV-Empfängers festlegt, darf hingegen nicht ergehen.

Ausbildung war zu verschult

So gewann im zugrundeliegende Fall der Auszubildende seinen Fall, der zusätzlich zu einer 30%-Sanktion, weil er wegen Fehlzeiten gekündigt wurde, die restlichen Sozialleistungen nach § 34 SGB II zurückzahlen sollte. Die Richter ließen seine Erklärung, dass ihm die überwiegend verschulte Ausbildung nicht zugesagt hatte, ausreichen, um kein unentschuldbares Verhalten anzunehmen.

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