📞 0931 470 85 337

Personenverschiedenheit von Eigentümer und Vermieter gefährlich

Nachträglicher Verstoß gegen Schriftform

Schnell wechselnde Eigentümer auf Vermieterseite können für gewerbliche Mieter teils drastische Folgen haben, wenn Vermieter und Eigentümer nicht wirtschaftlich identisch sind. Das hat ein vor dem BGH verhandelter Fall (Az.: XII ZR 84/20, Urteil vom 27.10.2021 gezeigt). Dort war u.a. die Räumungsklage des aktuellen Eigentümers gegen einen Verein als Mieter erfolgreich. Der Verein hatte von einer Grundstücksgesellschaft im Januar 2008 ein ca. 4.000 m² großes Grundstück auf zehn Jahre befristet “gepachtet”.

Tipp vom Anwalt: Wird eine Grundstücksfläche nicht zur Fruchtziehung überlassen, dann handelt es sich trotz fälschlicher Bezeichnung häufig um einen Gewerbemietvertrag!

Eigentümerin war bei Vertragsschluss jedoch eine andere Gesellschaft (P), die das Grundstück erst rund 5 Monate später an die nunmehrige Klägerin veräußerte. Diese kündigte nun den Mietvertrag.

Der mietende Verein hielt der Klägerseite den Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit infolge Befristung gem. §§ 578, 550 BGB entgegen. Zu Unrecht, wie jetzt der BGH entschied und den Beklagten zur Herausgabe verurteilte. Denn mangels wirtschaftlichem Interesse der bisherigen Eigentümerin P bei Vertragsschluss des “Pachtvertrages” sei das Mietverhältnis nicht kraft Gesetzes § 566 I BGB (analog) auf die neue Eigentümerin übergegangen, sondern neu entstanden. Daher liege jetzt auch auch ein Verstoß gegen die Schriftform vor und das Mietverhältnis sei ordentlich kündbar.

Achtung: Anders kann dies dann sein, wenn der Eigentümer zur Vermietung seines Grundstücks einen Hausverwalter einsetzt, aber offiziell Vermieter bleibt. 

Tipp vom Anwalt: Als Mieter können Sie mit dem Abschluss einer rechtsgeschäftlichen Vertragsübernahme dafür sorgen, dass der neue Eigentümer in den zwischen bisherigen Eigentümer und Mieter geschlossenen Mietvertrag eintritt.

Hier geht es zu unserem Ressort Gewerbemietrecht

Interessantes Urteil im Gewerbemietrecht: Shisha-Bar darf weitermachen!

Interessantes Urteil im Gewerbemietrecht: Shisha-Bar darf weitermachen!

Gemischt genutzte Gebäude mit WEG-Gemeinschaften sind per se beide geeignet heftige immerwährende mietrechtliche Streitigkeiten zu produzieren. Dass die, wie Pilze aus dem Boden schießende Shisha-Bars nicht allen gefallen und bereits die Gerichte, etwa über Räumungsklagen beschäftigen, überrascht nicht.

Shisha-Bar-Urteil des OLG Köln

Bei diesem interessanten Fall aus Köln ging es darum, ob ein Vermieter eines aus 70 Wohn- und Gewerbeeinheiten bestehenden Objekt einem Shisha-Bar-Betreiber außerordentlich kündigen konnte, u.a. deshalb, weil er vertragswidrig nicht die mietvertraglich vereinbarte Gaststätte mit Alkoholausschank betrieb, sondern ohne Vermieterzustimmung wesentliche Baumaßnahmen durchgeführt hatte. Fraglich war, ob das vom Mietzweck umfasst war.

Öffentlich-rechtliche Beschränkungen bahnen sich sich

Zuvor hatte sich schon ein heftiger Streit angebahnt: Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte schon vor Jahren den Wunsch des Shisha-Bar-Betreibers abgeschmettert einen Lüftungskanal an der Hofseite anzubringen. Jüngst hatte aber die Stadtverwaltung ihn aufgefordert eine wirksame Be- und Entlüftungsanlage einzubauen, weil das verbrennende Kohlenmonoxid der Kohle der Wasserpfeifen die Gesundheit der Gäste gefährden könnte. Zudem sei ein zweiter Fluchtweg erforderlich.

Der Vermieter verbat die erforderlichen Umbaumaßnahmen unter Verweis auf den früheren WEG-Beschluss; die Stadt hingegen erteilte dem Shisha-Bar-Betreiber eine Baugenehmigung hierfür. Der Mieter errichtete daraufhin eigenmächtig den gewünschten Kamin über sieben Stockwerke und die Abluftanlage, woraufhin der Vermieter ihm die Kündigung aufgrund des „Schwarzbaus“ erklärte. Weitere Kündigungen folgen, bis hin dazu, dass der Vermieter den Strom abstellte und erfolglos versuchte die Wasserpfeifen-Dampf-Nutzung über den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes zu verbieten. Später erklärte der Vermieter sogar die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung.

Räumungsklage wurde abgelehnt

Das OLG Köln hat nun – anders als die Vorinstanz – die Räumungsklage abgewiesen, weil es den außerordentlichen Kündigungsgrund des § 543 I S. 2 BGB nicht verwirklicht sah . Insbesondere sei der Betrieb der Shisha-Bar keine vertragswidrige Nutzung, da das Angebot von Shisha-Pfeifen als zusätzliche Leistung erlaubt sei. Die Kölner Richter zogen eine interessante Parallele: Vor Einführung des Rauchverbotes habe der Konsum von Zigaretten oder anderen Rauchwaren auch zu keiner Abweichung der vertraglichen Einordnung eines Lokals als „Gaststätte mit Alkoholausschank“ führt – warum also wegen dem aus dem Orient importierte Trend?

Umbau ohne Vermieterzustimmung

Dass sich die rechtlichen Anforderungen ans Mietobjekt ändern, liege nicht an der Person des Betreibers, sondern entstamme Umständen, die nicht auf ihn zurückzuführen sind. Dass der Betreiber die Umbauten gegen den Willen des Vermieters vorgenommen habe, wurde vom Gericht zwar als Mietvertragsverletzung erkannt, in der Gesamtabwägung trete das Vermieterinteresse an der Vertragsbeendigung aber hinter des Mieterinteresse am Fortbestand des Vertrages zurück. Der Verstoß durch den Mieter sei also nicht so schlimm. Denn der Umbau habe dazu geführt, dass das Objekt wieder vertragsgemäß genutzt werden könne, zum anderen sei durch den Umbau die Gebäudesubstanz nicht  gefährdet worden und zu guter Letzt habe sich der Vermieter mit unberechtigten Kündigungen und Selbsthilfe in Wild-West-Manier (Strom abstellen) selber nicht gerade deeskalierend verhalten. Der Vermieter hätte, so die Kölner Richter abschließend, hätte nicht kündigen dürfen, weil das Mietobjekt erst durch die Baumaßnahmen wieder in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt wurde. Dies folge aus der allgemeinen Vertragstreue.

Schriftform bei Gewerbemietverträgen

Weitere Interessante Ausführungen enthält die Entscheidung zur Formbedürftigkeit und Schriftform (Rn. 107 ff.) sowie zum Anspruch auf Errichtung einer Behindertentoilette (Rn. 134).

In einigen Punkten erfolgreich der Vermieter dennoch, der den geplanten Bau des zweiten Fluchtweges gem. § 541 BGB untersagen lassen konnte, weil eine im Gemeinschaftseigentum der WEG-Gemeinschaft stehende Wand dadurch zerstört werden würde. Die WEG-Gemeinschaft hätte ansonsten gegen ihn u.U. einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB (nach OLG Köln vom 19.05.2017, Az.: 1 U 25/16).

hier geht es zu unserem Ressort Gewerbemietrecht