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Von den Tücken von EXW im Logistikbereich


„Vertragsloser Absender“ scheiterte mit Schadensersatzforderung vor Handelskammer

International aufgestellte Diebes- und Betrügerbanden sind schon seit Jahrzehnten ein Problem in der Logistikbranche. Dieser aktuelle grenzüberschreitende Fall gegen ein großes deutsches Logistikunternehmen zeigt das Dilemma für Verkäufer einmal mehr.

Ladungsdiebstahl im großen Stil

Da versuchte eine italienische Großhändlerin erfolglos einen Schadensersatzanspruch gegen ein großes deutsches Logistikunternehmen durchzusetzen, nachdem ihr über eine Tonne Lithium-Batterien entwendet wurden. Dies lief so ab, dass Betrüger 1) unter falschem Namen und Identität zunächst die Batterien für ein Unternehmen in Frankreich in der Nähe der italienischen Grenze bestellte und die Klägerin diese dann gemäß den vereinbarten Incoterms „ex works“ (EXW) von Italien aus dorthin  liefern sollte.

Incoterms wurden verwendet

Kurz vor dem Transport änderte die Verkäuferin jedoch die Lieferadresse und hab als neues Ziel ein Gewerbegebiet in London an. Über Unterfrachtführer gelangte die Ware im Wert von fast 50.000 € schließlich in einen Vorort von London und war dann nie mehr gesehen. Als die italienische Klägerin den Schaden zuzüglich des entgangenen Gewinns von wohl an die 9000 € der vermeintlichen Verkäuferin in Rechnung stellte, flog der Schwindel auf. Die Verkäuferin versuche aber nun sich bei der Logistikerin schadlos zu halten,  die Logistikerin hingegen meinte, der Klägerin stünde gegen sie kein Schadensersatzanspruch zu.

Keine Obhut beim Spediteur

Zurecht, wie die Handelskammer des LG Saarbrücken jetzt der beklagten Spedition Recht gab (Urteil vom 27.06.2018, Az.: 17 HK O 9/16). Die Klage sei aus mehreren Gründen unbegründet, so die Richter. Zum einen seien die von der Klägerin behaupteten italienischen und englischen Normen, nach der die Logistikerin nach Einschätzung der Anwälte der italienischen Händlerin haften solle, gar nicht einschlägig. Sondern ganz einfach Art. 17 CMR, wonach die beklagte Logistikerin aber nicht hafte, da die Unter(unter)frachtführerin Obhut gehabt habe, aber nicht sie. Eine Pflichtverletzung der Unterfrachtführerin, die der Beklagten zuzurechnen sei, sei aber auch nicht erkennbar. Es falle in den Risikobereich der Verkäuferin, dass sie einem solchen Betrüger aufgesessen sei.

Vorkasse oder Akkreditiv

Tipp vom Anwalt: Verifizieren Sie, zumindest bei größeren Aufträgen, bei Neukunden immer deren Identität und sichern sie sich Ihren Kaufpreisanspruch durch Vorauskasse oder Einschaltung eines Akkreditivs. Aber passen Sie auf: Weist der Verkäufer gegenüber der Bank nicht rechtzeitig die notwendigen Lieferunterlagen vor,  so schauen Sie als Verkäufer bei der Zahlung des Kaufpreises am Ende gleichwohl in die Röhre!

CMR oft anwendbar auf Transporte zwischen CMR-Mitgliedsstaaten ohne Rechtswahl

Weil Deutschland und Italien Mitgliedsstaaten der CMR sind und die beklagte Logistikerin den Haupt- oder Zweigsitz im Raum um Saarbrücken hatte, konnte vor deutschen Gerichten geklagt werden. Mangels getroffener Rechtswahl kam nach Einschätzung des Handelsgerichts auch die CMR zur Anwendung.  Denn da der Frachtvertrag nicht zwischen Händlerin und Logistikunternehmen geschlossen wurde, sondern zwischen Betrüger 2) und der Logistikerin kam über Art. 5 Rom I, weder englisches Recht, noch über Art. 4 Rom II italienisches Recht – der Frachtvertrag war zwar als Vertrag zugunsten eines Dritten, hier der italienischen Verkäuferin, ein außervertragliches Schuldverhältnis – jedoch konnte keine unerlaubte Handlung durch die Logistikerin festgestellt werden.

Verkäuferin war Opfer von Betrügerbande

Es blieb also bei der Anwendung der CMR, da der Transport grenzüberschreitend zwischen zwei CMR-Staaten erfolgte und die Klägerin als „vertragslose Absenderin“ sich ohnehin nicht auf diesen Schadensersatzanspruch nicht berufen könne. Ihr fehle die sogenannte Aktivlegitimation trotz eines Eintrags der Spedition als Partei im Frachtbrief.

Beweiswirkung des Frachtbriefes widerlegbar

Denn dessen Beweiswirkung könne und wurde vorliegend widerlegt. Da die Ware „ex works“, also ab Werk, verkauft worden war, stand die frachtrechtliche Verfügungsgewalt über die Waren mit deren Übernahme ausschließlich der angeblichen Käuferin zu. Eine der Hauptfrachtführerin zurechenbare Pflichtverletzung der Unterfrachtführerin wollten die Handelsrichter auch nicht erkennen, denn der Transport an sich wurde ja ordnungsgemäß zum bestimmungsgemäßen Empfangsort durchgeführt. Die einzige gerichtlich festgestellte unerlaubte Handlung war jedoch der Abschluss des Kaufvertrages durch einen betrügerischen Käufer. Das Gericht stellte eine kluge Überlegung an: Hätte die Betrügerbande selber die Ware vom Werk abholen lassen, dann wäre der Schaden genauso entstanden, wenn die Betrüger das Logistikunternehmen nicht zwischengeschaltet hätten. Das Sicherungsmittel der klagenden Händlerin war also schon in dem Moment „entwertet“, als sie es aus der Hand gegeben hatte.

Verlust der frachtrechtlichen Verfügungsgewalt beachten

Tipp vom Anwalt: Die EXW beschränkt zwar die Verpflichtungen für den Verkäufer  erheblich, jedoch er verliert dann in der Regel die frachtrechtliche Verfügungsgewalt und ist kein Absender mehr. Nach EXW bleiben nämlich alle transportbezogenen und logistischen Fragen (und die damit verbundenen Kosten) der Klärung durch den Warenkäufer überlassen. Nicht der Verkäufer, sondern der Käufer beauftragt schließlich vertraglich das Transportunternehmen. Im Gegenzug besteht für den Verkäufer das Risiko, dass er weder den Beladevorgang seiner Ware noch die Zuverlässigkeit und Professionalität des Transporteurs kontrollieren kann. Und beim Verladevorgang ist der Käufer im Regelfall nicht mit dabei. Häufig springt gleichwohl der Verkäufer ein und verlädt die Ware für den Käufer mit firmeneigenen Geräten und Hilfsmitteln auf das Transportfahrzeug. Diese Gefahren sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen, vor Benutzung der EXW-Klausel.

Lesen Sie hier diesen Rechtstipp zum Verhalten an der Laderampe: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/wp-content/uploads/2017/06/Newsletter15-2.pdf

Im Schiffsverkehr stehen Alternativen bereit

Der Verkäufer verstößt also gegen die vereinbarte Vertragsklausel EXW verstößt und setzt sich möglicherweise zugleich einer Vielzahl von Haftungsrisiken aussetzt.  Im Schiffsverkehr können die ICC-Vertragsformeln FCA (frei Frachtführer) oder FOB je nachdem eine Alternative darstellen.

Hier geht es zu unserem Ressort https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/transport-und-speditionsrecht/

Unbeschädigte Verpackung und Ladehilfsmittel aus Schadensersatzforderung auszunehmen

Unbeschädigte Verpackung und Ladehilfsmittel verringern Schadensersatzforderung

Ladungssicherung kann beim Unfall helfen das Transportgut zu sichern. Aber selbst wenn es dennoch zu einem Totalschaden des Transportgutes kommt, sind unbeschädigte und wiederverwendbare Ladehilfsmittel sowie Verpackungen des Versenders vom Schadensersatz ausgenommen. Dieser Umstand kam einem Frachführer, der von seinem Auftraggeber in Regress genommen wurde, zugute. Das ist die Quintessenz aus einem neuen BGH-Urteil vom 11.10.2018 (Az.: I ZR 18/18).

Zunächst Regress gegen den Absender durch die Porsche AG

So kam der Unfallschaden an 72 Porsche-Motoren dem beklagten österreichischen Frachtführer, dessen Auftraggeber seinerseits von der Porsche AG in Regress genommen wurde, weniger teuer als erwartet:  Statt der eingeklagten fast 190.000  €, waren es am Ende  nur rund 127.000 €, die er an Schadensersatz an seinen Hauptfrachtführer leisten musste. Nach den Handelsrechnngen waren die Motoren übrigens sogar fast 300.000 € wert!

Schadenshöhe wird abstrakt nach Sonderziehungsrechten ermittelt und begrenzt

Da der Schaden im entgeltlichen grenzüberschreitenden Straßenverkehr zwischen zwei CMR-Staaten entstand, fand die CMR Anwendung, die in Art. 17 i.V.m. 25 Nr. 2 CMR eine Haftungsgrenze für den Totalverlust der Facht für den Frachtführer während seiner Obhutszeit auf 8,33 Sonderziehungsrechte je Kilogramm festlegt, wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Das war vorliegend der Fall, da die Ladung zwischen dem Übernahmeort Gyoer in Ungarn und dem Ablieferungsort bei einer Spedition in Leipzig zerstört wurde.

Mitgeführte unbeschädigte Transportgestelle zählen nicht zum Rohgewicht nach Art. 23 CMR

Im vorliegenden Fall lag zudem nur ein Teilverlust vor, weil die mitgeführten Transportgestelle durch den Unfall nicht beschädigt wurden und wiederverwendbar blieben. Daher wurde von den, der Schadensersatzforderung des Klägers zugrunde gelegten 17.928 kg Rohgewicht (= Rein(Netto) + Taragewicht) vom  BGH die 5.400 kg für die zwölf unbeschädigt gebliebenen Motorengestelle abgezogen. Nur der Schaden für die 72 völlig zerstörten Motoren mit einem Gesamtgewicht von 12.528 kg blieben daher als  Rechengröße  stehen. Der Restwert des Metallschrotts der Motoren soll übrigens angeblich 10.000 € betragen haben.

Tipp vom Anwalt: Das Sonderziehungsrecht beträgt derzeit 1,2211 €/kg (vgl. http://szr.wechselkurseuro.com/, Stand 24.11.2018). Da es für den Wert auf den Tag der Verkündung des letztinstanzlichen Urteils ankommt, kann eine Verfahrensbeschleunigung oder -verzögerung im Einzelfall ihre Forderung erhöhen!

Auch Container, Paletten und Transportgestelle ausnehmen

Der BGH hat mit dieser neuen Entscheidung zum einen klargestellt, dass die Haftungsbegrenzung Art. 23 Ziff 3 CMR auch im Falle des Teilverlusts anwendbar ist und zum anderen, dass das Gewicht unbeschädigt gebliebener Verpackungs- und Lademittel bei Ermittlung der Haftungshöchstsumme u.U. nicht einzurechnen ist. Die BGH-Richter stützen dies zurecht auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot. Die Entscheidung gilt auch andere Verpackungs- und Lademittel, wie Container, Paletten und Transportgestelle, wenn sie als selbständiger Teil der Sendung anzusehen sind.

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Rechtsprechung reagiert auf osteuropäische Billig-Fuhrunternehmer

Newsletter Transport- und Logistikrecht

Der Newsletter 1/2018 zum Transport- und Logistikrecht der Kanzlei Niggl, Lamprecht & Kollegen befasst sich diesmal schwerpunktmäßig um die wettbewerbsverzerrende Situation durch osteuropäische Billigtransporte und wie die Gerichte hierauf reagieren.

Erbärmliche Situation von Autobahnnomaden

Zum einen geht es um die Entscheidung des EuGH, der den Autobahnnomaden die rote Karte zeigt und zum zweiten die Kabotage-Entscheidung des Amtsgerichtes Köln, die auch gebündelte Teillieferung von ausländischen Logistikunternehmen als unzulässig erklärt.

Als kleines Extra greifen wir die BGH-Entscheidung Anfang letzten Jahres nochmal auf, die die Darlegungslast von geschädigten Frachtführern gegenüber ihren Versicherern auch im Hinblick auf Schäden durch Raubüberfälle weiter verschärft

Regelmäßige wöchentliche Ruhezeit  auf Autobahnraststätten

Zunächst die Entscheidung des europäischen Gerichtshof (Az: C-102/16):

Weil Belgien es LKW-Fahrern grundsätzlich verboten hatte ihre wöchentliche Ruhezeit – also nicht die verkürzte – auf Autobahnraststätten zu verbringen, kam es an der deutschen Grenze zu regelrechten Truckercamps, wo auf engstem Raum Hunderte von osteuropäischen LKWs abgestellt wurden und dazwischen gekocht, Wäsche gereinigt und die Freizeit verbracht wurde. Und wenn die Toiletten überfüllt wurden, dann wurde neben die LKWs die Notdurft verrichtet. Genächtigt wurde freilich in der Kabine. Ziemlich erbärmliche Umstände.

Osteuropäisches Fuhrunternehmen klagte gegen Bußgeld

Ein osteuropäisches Fuhrunternehmen klagte nun gegen das Bußgeld von 1.500 € durch eine belgischen Behörde, weil sein Fahrer eben doch die wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden auf einer belgischen Raststätte verbracht hatte. Dessen Argumentation Art. 8 VIII EGVO 561/2006 sehe kein Verbot vor die wöchentliche Ruhezeit im LKW zu verbringen.

Arbeitsbedingungen der Fahrer und Gleichheit im Wettbewerb

Das sah der EuGH anders, der wegen der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit und der Arbeitsbedingungen der Fahrer sowie der Angleichung der Wettbewerbsbedingungen im Straßenverkehrsgewerbe sehr wohl ein solches Gebot erkennen konnte.

Kabotagevorschriften werden umgangen

Ein Daueraufreger in der Logistikbranche ist auch die unfaire Billigkonkurrenz durch deren Fuhrunternehmen. Ein 63-jähriger Tscheche wurde nun wegen fahrlässigem Verstoß gegen § 19 IIa Nr. 3 GüKG i.V.m.  § 17a GüKGrKabotageV zu einem Bußgeld von 1.000 € verurteilt.

Trickreicher Logistiker aus Osteuropa wurde bestraft

Die Idee war eigentlich genauso simple, wie smart: Ein osteuropäischer Logistiker nahm von verschiedenen Absendern Ware entgegen, disponierte so, dass nur noch eine Fahrt nötig war und trat gegenüber dem BAG als eigener „rechtlicher“ Absender auf, indem er einen Unterfrachtführer beauftragte. Dieser lud die verschiedenen zusammengefassten Teillieferungen nun bei verschiedenen Empfängern in der BRD ab.

Frachtpapiere wurden “frisiert”

In den Frachtpapieren zwischen den Absendern in Tschechien und dem tschechischen Logistiker tauchten noch die tatsächlichen Absender auf – gegenüber dem BAG wurde hingegen nur der tschechische Absender genannt. So wurden dann auf einem 40-Tonner kleinere Mengen an Papierwaren, Bauzubehör und Holz in Paletten an verschiedene Orte im Bundesgebiet verbracht.

Kettenfrachtvertrag wurde zerlegt

Diesen Kettenfrachtvertrag nahm das Amtsgericht Köln jedoch auseinander und verwarf die Idee vom „rechtlichen“ Absender. Abzustellen sei vielmehr auf den „ersten“ Frachtvertrag zwischen tschechischem Absender und tschechischem Logistiker. Zu gut Deutsch: Es kommt auf den tatsächlichen Absender an, also auf dessen Rechnung und in dessen Auftrag der Versand erfolgt. Der Logistiker wurde vom Amtsgericht dabei also zurecht als Güterkraftverkehrsunternehmer enttarnt.

Kabotage

Hintergrund Kabotage: Kabotage ist das Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen Seit dem 14. Mai 2010 gelten innerhalb der EU einheitliche Kabotagebestimmungen. Kabotagebeförderungen im Anschluss an eine Beförderung mit Grenzüberschreitung darf erst nach vollständiger Entladung des Fahrzeuges erfolgen. Innerhalb von drei Tagen nach der Einfahrt in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates mit einem leeren Fahrzeug kann eine Kabotagebeförderung durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass zuvor eine grenzüberschreitende Beförderung in einen anderen Mitgliedstaat durchgeführt wurde und dass die 7-Tage-Frist eingehalten wird.

Ladungsdiebstähle und Ladungsraub

Ein ständiges Ärgernis für international tätige Speditionen ist die Sicherheit vor Ladungsdiebstählen, insbesondere im berüchtigten italienischen Bermuda-Dreieck (Neapel-Bari-Mailand). In dieser Region spielt wohl auch der BHG-Fall des Frachtführers gegen seine Transportversicherung, die unter Berufung auf § 137 I VVG die Zahlung für den Diebstahl der Ware infolge eines Raubes verweigerte (Az.: IV ZR 74/14).

Verladung der Ware ist zu dokumentieren

Der Fahrer wurde übrigens spektakulär bei der Autobahnauffahrt gestoppt und in einem fremden PKW gekidnappt und später irgendwo ausgesetzt. Das Genick brach dem klägerischen Frachtführer der Umstand, das er die Verladung der Ware nur mit einer Rechnung dokumentieren konnte, die zugleich auch Transportbegleitpapier war, aber aber keine weiteren Dokumente, wie Pack- oder Stücklisten oder ein Kommissionierungspapier fehlten. „Eine Abweichung von dem Grundsatz, dass derjenige, der Versicherungsleistungen beansprucht, auch die Beförderung des Transportgutes nach Art und Menge ausreichend zu dokumentieren hat, ist nicht angezeigt“, schreiben die BGH-Richter dem Kläger nüchtern ins Stammbuch. Der Kläger müsse nun mal den eingetretenen Schaden darlegen, was auch den Nachweis von Identität, Art, Menge und Zustand der Gütern umfasse. Für einen Anscheinsbeweis, anders als früher, ließen die Richter keinen Raum mehr (seinerzeit noch zu dem Inhalt von verschlossenen Behältnissen, wie Containern).

Anspruch gegen Transportversicherung

Tipp vom Anwalt: Die Entscheidung setzt die strenge Linie des BGH fort (vgl. BGH 22.05.2014 (Az: I ZR 109/13). Damals wurde entschieden, dass der Fahrer beim Beladevorgang tatsächlich anwesend sein müssen und die geladenen Pakete mitdurchzählen (!) muss, will der Frachtführer bei Ladungsverlusten eine unbeschränkte Haftung vermeiden. Mit der Folge, dass er nunmehr keine Ruhezeit einlegt, sondern arbeitet und der Mindestlohn bezahlt werden muss. Nun muss der Frachtführer auch bei der Handhabung der Lieferpapier und sonstigen Dokumente sehr achtsam sein, will er nicht seinen Versicherungsanspruch gegen die Transportversicherung riskieren.

 

 

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Regress gegen Frachtführer bei zollrechtlichen Schwierigkeiten

Hinweispflichten nur für spezialisierte Zollspedition

Heute stellen wir Ihnen denn Fall vor, bei dem ein Frachtführer wegen zollrechtlichen Schwierigkeiten Regressansprüchen des Absenders nach Verlust des Transportgutes ausgesetzt war:

Multimodaltransport über zwei Kontinente

Im Mai 2012 sollte zum Festkostenpreis ein Transport von 35 gebrauchten Pkws von Haar bei München nach Misurata in Libyen durch den beklagten Spediteur erfolgen. Der beklagte Spediteur beauftragte dann einen Unterfrachtführer mit dem (See-)Transport. Die Ladung wurde von einem Fixkostenspediteur übernommen und in sieben Containern zunächst per Bahnfracht nach Triest (Italien) transportiert. Die Ladung sollte von dort eingeschifft werden und eine Woche später in Misurata (lbyen) eintreffen.

Einfuhrbedingungen nicht beachtet

Dazu kam es nicht: Der Unterfrachtführer teilte dem beklagten Spediteur mit, er habe soeben erfahren, dass aufgrund der Einfuhrbestimmungen in Libyen gebrauchte Pkws bei ihrer Einfuhr nicht älter als vier Jahre sein dürften. Er bitte daher um Mitteilung des genauen Alters der zu befördernden Fahrzeuge. Soweit diese älter als vier Jahre seien, müsste er die Buchung ablehnen. In dem nachfolgenden umfangreichen E-Mail-Verkehr zwischen dem Unterfrachtführer und dem beklagten Spediteur bestand Letzterer weiterhin auf einer Auslieferung des Transportgutes nach Libyen.

Transportgut ging verloren

Bei einem planmäßigen (See-)Zwischenstopp im süditalienischen Hafen Gioia Tauro wurden die Container aus dem Schiff entladen.Daraufhin bat der Unterfrachtführer weiterhin um Angaben zum Alter der Pkws. Der beklagte Spediteur äußerte hierauf, dass er über keine entsprechende Information verfüge. Der weitere Verbleib des Transportgutes nach dem Entladen ist unklar. Es ist weder in Libyen angekommen,noch zum Absender zurückgeliefert worden.

Klage gegen Spedition auf Rückzahlung Fracht und Zölle

Mit seiner Klage hat der Absender den Spediteur unter anderem auf Rückzahlung der an ihn geleisteten Frachtpauschale und der entrichteten Zölle sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten (Anwalt) in Anspruch genommen. Die beklagte Spedition hingegen wollte neben der Abweisung der Klage widerklagend, dass der Absender verurteilt würde, sie von allen Ansprüchen freizustellen, die der Unterfrachtführer aus dem Unterfrachtvertrag gegen ihn wegen der fehlenden Importfähigkeit der geladenen Fahrzeuge hat.

Schadensersatz wegen Ladungsverlust gegen Frachtführer

Der BGH  schließlich, gab dem Anspruch des Absenders auf Schadensersatz gegen den Fixkostenspediteur  statt, da der Schaden im Obhutszeitraum von diesem entstanden wäre. Dafür spräche vorliegend gemäß dem BGH:

→ Wird nach Übernahme des Gutes erkennbar, dass die Ablieferung nicht vertragsgemäß durchgeführt werden kann, so hat der Frachtführer Weisungen des Absenders einzuholen. Kann der Frachtführer Weisungen innerhalb angemessener Zeit jedoch nicht erlangen, so hat er die Maßnahmen zu ergreifen, die im Interesse des verfügungsberechtigten Absenders die Besten zu seien scheinen. Er kann etwa das Gut entladen und verwahren, es für Rechnung des Absenders einem Dritten zur Verwahrung anvertrauen oder es zurückbefördern.
→ Nach dem Entladen des Gutes gilt die Beförderung gemäß § 419 Abs. 3 Satz 5 HGB als beendet und damit endet auch der Frachtvertrag. Wegen eines später eintretenden Verlusts des Gutes haftet der Frachtführer daher grds. nicht mehr nach den Regelungen des Frachtrechts. Sofern das Gut aber weiter in seiner Obhut bleibt, bestimmt sich seine Haftung entweder nach den Vorschriften über die Verwahrung gemäß §§ 688 ff. BGB oder wenn eine Einlagerung erfolgt, nach den Bestimmungen über das Lagergeschäft gemäß §§ 467 ff. HGB. Vorliegend bleibt es jedoch bei der Haftung nach Seefrachtrecht, denn das Entladen des Transportgutes durch die Unterfrachtführerin hatte nicht zur Beendigung der Beförderung geführt und die Obhut des beklagten Spediteurs wurde nicht beendet.

Weisungen beim Absender sind einzuholen

Abweichendes gelte nur dann, wenn die Beendigung der Beförderung im Unterfrachtverhältnis dem Hauptfrachtführer zuzurechnen wäre – etwa weil sie von ihm veranlasst oder mit ihm abgestimmt ist und im Hauptfrachtverhältnis der Frachtführer ebenfalls erfolglos versucht hat Weisungen beim Absender einzuholen aber sie nicht erlangt hat.Freilich kann die Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen im jeweiligen
Vertragsverhältnis andsers zu beurteilen sein als im Hauptfrachtverhältnis. Dementsprechend führt das Entladen des Gutes durch den Unterfrachtführer auch nicht notwendig zu einer Beendigung der Beförderung im Hauptfrachtverhältnis. Denn wenn der vom Hauptfrachtführer beauftragte Unterfrachtführer die von ihm begonnene Beförderung beendet, steht es dem Hauptfrachtführer grundsätzlich frei, die Beförderung selbst oder durch einen anderen Unterfrachtführer fortzusetzen. Die Obhut des Spediteurs endete daher nicht.

Keine Haftung nach Seetransportrecht

Der nach dem Entladen vom Schiff eingetretene Verlust des Transportgutes ist nach Seetransporthaftungsrecht zu bestimmen:
→ Die Haftung nach (See-)Transportrecht kommt bei mehreren Ursachen – innerhalb und außerhalb des Obhutszeitraums – jedoch nicht in Betracht, wenn jede dieser Ursachen den eingetretenen Schaden allein verursacht hätte, weil der Schaden dann weder insgesamt noch teilweise einer bestimmten Teilstrecke zugeordnet werden kann. Das war – wie vorstehend – jedoch nicht der Fall.

–> Es kam aber eine Haftung nach Lagerrecht in Straßengütertransportrecht sicher in Betracht.

Anpruch wegen Mitverschulden des Absenders nicht entfallen

Die Haftung  des Spediteurs könne trotz Mitverschuldens des Absenders nicht völlig ausgeschlossen sein, so die Richter, denn primäre Schadensursache war der Verlust des Gutes durch den Frachtführer, nicht etwa ein fehlender Hinweis des Absenders. Daher liegt höchstens eine Mitverursachung des Schadens durch den Absender vor, wenn der Schaden mit darauf beruht, dass der Absender dem Frachtführer zu dem Gut nicht die Angaben gemacht hat, die dieser für die Durchführung der Beförderung benötigte. Dazu zählen unterlassene Angaben zu Umständen, die am Bestimmungsort zu Schwierigkeiten, wie einer behördlichen Inanspruchnahme, führen können, wenn diese Umstände für den Frachtführer nicht offenkundig sind. Je nachdem, ob die beklagte Spedition als z.B. reiner Hausspediteur oder als spezialisierte Zollspedition auftritt, können hier daher verschiedene Maßstäbe anzulegen sein.

Hinweispflichten für spezialisierte Zollspedition

Im letzteren Fall müsste der Spediteur nämlich durchaus einen Warnhinweis geben. Neben der überwiegenden bis gar keiner Haftung des Spediteurs sind daher viele Ergebnisse denkbar.

Schulungen für Mitarbeiter von Frachtführern und Speditionen

Praxistippr: Schulen sie ihre Mitarbeiter regelmäßig auch im Zollrecht und lassen Sie diese dokumentieren, wenn sie dem Absender einen Warnhinweis gegeben haben. Lassen sie den Absender dem Empfang des Warnhinweises zur Sicherheit bestätigen!

hier geht es zu unserem Ressort Transport- und Speditionsrecht: