Heutzutage werden Fortbildungen und Weiterbildungen immer wichtiger im täglichen Leben – für Arbeitnehmer wie auch für Arbeitgeber. Daher gewähren oder gar fordern oft Arbeitgeber ihren Arbeitnehmer zu Fort- und Weiterbildungen auf. Das kann von Tagesschulungen für Word, Outlook oder Excel bis zu jahrelangen, sehr teuren Meisterausbildungen oder Studienabschlüssen umfassen. Da aber auch der Arbeitnehmer von den Weiterbildungen profitiert, hat sich lange eingebürgert, dass der Arbeitgeber für seine Vorleistung – Zahlung der Fortbildung – als Gegenleistung Betriebstreue vom Arbeitnehmer erhält, was eine absolut legitime Lösung ist.
Umso mehr stellt sich auch in der arbeitsrechtlichen Praxis immer öfter – sowohl für Mandanten aus Arbeitnehmerschaft UND Arbeitgeberschaft als auch für uns Juristen – die Frage, ob die geschlossene Weiterbildungsvereinbarung wirksam ist oder eben nicht. Dabei kommt es auf die Rückzahlungsvereinbarung bzw. die Rückzahlungsklausel des Weiterbildungsvertrages an. Da es hierbei meist um Tausende von Euros geht, ist die Frage für beide Vertragsschließenden von hoher Relevanz. Im Folgenden möchte ich generelle Anmerkungen machen, wie die grundsätzliche Rechtslage ist, und dann häufige Fehler und Probleme mit diesen Klauseln, auch aus anwaltlicher Praxis, darlegen.
Generelles
Rückzahlungsklauseln gelten in den allermeisten Fällen als vom Arbeitgeber vorformulierte Klauseln und unterliegen daher dem AGB-Recht der §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches. Das ist ein großer Vorteil für die Arbeitnehmerschaft. Ohne, auf jeden Einzelfall darin eingehen zu können oder wollen an dieser Stelle: Jeder Arbeitgeber ist gut beraten, sich derartige Klauseln von einem Arbeitsrechtler formulieren zu lassen. Ob das nun der/die versierte, erfahrene Jurist aus der Personalabteilung kann oder ob doch lieber ein Fachmann außerhalb des Betriebes beauftragt wird, ist sicherlich Sache des jeweiligen Einzelfalls. Fakt ist jedenfalls, dass ein Profi dies tun sollte, und selbst dann besteht für den Arbeitgeber keine hundertprozentige Sicherheit, dass die Klausel vollkommen passt, denn hinzu kommen ständige Änderungen in der höhergerichtlichen Rechtsprechung. Aber so kann das möglichst Sichere gemacht werden.
Denn ein Grundsatz ist besonders hervorzuheben: Soweit die Klausel gegen deutsches AGB-Recht verstößt, soweit ist sie unwirksam und in dem Punkt unbeachtlich. Unklarheiten gehen hier immer klar zu Lasten des Verwenders, ergo des Arbeitgebers. Wer dazu mehr wissen will: Das Stichwort lautet AGB-Kontrolle.
Die Klauseln dürfen nicht einseitig benachteiligend, unangemessen, intransparent sein, unter anderem. Im Folgenden beschränke ich mich auf diese häufigsten Fehler.
Unwirksame Klauseln – nicht abschließend, aus meiner anwaltlichen Praxis
Unwirksam ist zunächst jede Rückzahlungsvereinbarung, die zeitlich nach der verbindlichen Verpflichtung zur Weiterbildung abgeschlossen wurde. Das kommt leider häufig vor, obwohl auch einem Nichtjuristen eigentlich klar sein sollte, dass man nicht zuerst den Mitarbeiter verpflichtend zur Fortbildung bringen und erst anschließend ihm Bedingungen vorschreiben kann, unter denen er eine Rückzahlungspflicht haben wird. Dies führt daher zwingend zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung, da hier gleich mehrere AGB-Grundsätze – allen voraus das Transparenzgebot – verletzt werden. Da nützt es auch regelmäßig nichts, das ganze zurück zu datieren. Der tatsächliche Vertragsschluss ist letztlich ausschlaggebend.
Das Transparenzgebot ist eines, das auch in anderen Fällen häufig missachtet wird: Die Klauseln müssen so klar formuliert sein, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmer erkennen kann, unter welchen Umständen die vom Arbeitgeber verauslagten Fortbildungskosten zurückzuzahlen sind – und auch in welcher Höhe diese wie (genaue Berechnung!) angefallen sind oder anfallen werden.
Es darf auch keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegen. Auch das wird häufig nicht beachtet. Das ist häufig bei dem Punkt zu klären, wie lange der Arbeitgeber Betriebszugehörigkeit im Gegenzug verlangt. Klar ist insofern, dass eine längere Betriebszugehörigkeit als 5 Jahre in keinem Fall verlangt werden kann.
Fraglich ist, wie lange ein Arbeitgeber für welche Fortbildung Betriebsbindung vom Arbeitnehmer verlangen kann, damit die Klausel eben nicht einseitig benachteiligend, sondern angemessen ist: Dabei hat sich in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte eine Faustformel entwickelt. Dazu vorab: Auch das ist nur eine Faustformel, die nicht in jedem Einzelfall passen wird, weshalb Arbeitgeber gut beraten wären, wenn sie diese nicht bis zur Maximalgrenze ausreizen. Sie ist auch nur für die Fälle, in denen während der Dauer der Fortbildung NICHT gearbeitet werden kann (Daraus folgt, dass im Falle der Fortbildung neben der Arbeit deutlich kürzere Betriebsbindung verlangt werden kann!). Es bleibt also ein grober Anhaltspunkt und kann sich von Fall zu Fall ändern. Sind die Fortbildungskosten z.B. besonders teuer, dann kann auch eine etwas längere Bindungswirkung argumentiert werden, usw.
Starre Rückzahlungsklauseln sind ebenfalls schlicht unangemessen und damit unzulässig (Beispiel: „Sollte das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter vor Ablauf von 2 Jahren gekündigt werden, so muss dieser die gesamten Fortbildungskosten zurückzahlen“). Stattdessen ist eine monatlich absinkende Rückzahlungsverpflichtung zwingend, zumal ansonsten eine einseitige Benachteiligung offensichtlich wäre.
Bei Fortbildungsdauer von bis zu einem Monat kann eine Betriebstreue von bis 6 Monaten verlangt werden, bei Fortbildungsdauer von 2 Monaten bis 12 Monate, von 2 Monaten bis 12 Monate, von 3 bis 4 Monaten bis 24 Monate, von 6 bis 12 Monaten bis 3 Jahre, von über 2 Jahren bis zu 5 Jahren.
Bei der Frage der Angemessenheit ist natürlich der häufigste Streit vor den Gerichten zu verorten. Denn darüber gibt es meist 2 Meinungen, und am Ende muss entweder eine Einigung stehen (also in der Regel eine geringere Rückzahlung) oder eben ein Urteil des Arbeitsgerichts gefällt werden.
Daneben gibt es auch häufig Fortbildungsvereinbarungen, die in befristeten Arbeitsverhältnissen (maximal 2 Jahre) spielen, aber darüber hinausgehende Bindungswirkung statuieren. Auch das ist schlicht unwirksam, da der sich verpflichtende Arbeitnehmer aufgrund der Befristung es gar nicht (alleine) in der Hand hat, derartige Bindungen zu erbringen.
Abschließende Empfehlungen
An die Arbeitgeber, die Rückzahlungsvereinbarungen benötigen, ergeht der klare Rat: Geht es nur um einzelne Personen, schließen Sie zusammen mit dem Arbeitnehmer individuelle Verträge. Das geht natürlich nur in ganz kleinen Firmen. Ansonsten: Holen Sie sich Hilfe, indem Sie einem Arbeitsjuristen die Situation schildern, nebst allen wichtigen Fakten. So bekommen Sie im Idealfall eine Rückzahlungsklausel, die zwar nicht zu 100 % sicher ist, aber eben so sicher, wie die aktuelle Rechtsprechung verlangt. Das kostet natürlich, aber teurer wird es meist dann, wenn der Arbeitnehmer seinerseits fragliche Klauseln vom Anwalt überprüfen lässt. Denn unwirksame Klauseln haben zur Folge, dass nichts vom Arbeitnehmer zu leisten ist, und ggf. bereits mit den letzten Gehältern verrechnete Teilzahlungen hierauf zurückgefordert werden.
An alle Arbeitnehmer, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Rückzahlungsklausel haben, ergeht der Rat: Lassen Sie diese von einem Arbeitsrechtler überprüfen. Denn einerseits kostet das – selbst, wenn keine Rechtsschutzversicherung besteht – in der Regel nicht die Welt (meist unter 300 Euro, wir berechnen hier nach Stundensatz, daher ist es häufig weniger), und aus anwaltlicher Erfahrung kann ich sagen, dass ca. 50 % dieser Rückzahlungsvereinbarungen offensichtlich unwirksam sind und ca. weitere 40 % zumindest zweifelhaft sind. Mit Rechtsschutzversicherung sollte auf jeden Fall eine Prüfung erfolgen, da diese in aller Regel derartige Kosten trägt, bis auf den vereinbarten Selbstbehalt des Versicherten.