Als Anwalt für Arbeitsrecht, der seit nunmehr über 15 Jahren praktiziert, möchte ich Ihnen in diesem Blogbeitrag umfassende Einblicke in das Thema Abfindungen geben. Sie werden erfahren, wann Sie Anspruch auf eine Abfindung haben, welche rechtlichen Rahmenbedingungen dafür gelten und wie Sie im Falle einer Kündigung bestmöglich vorgehen können. Dieser Beitrag richtet sich an Arbeitnehmer, die sich über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren möchten.
Eine Abfindung ist eine finanzielle Entschädigung, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern im Falle einer Kündigung oder Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zahlen müssen oder sollten. Für viele Arbeitnehmer sind Abfindungen von großer Bedeutung, da sie ihnen in einer schwierigen Übergangsphase finanziell unter die Arme greifen können. Ziel dieses Beitrags ist es, Ihnen die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für Abfindungen näher zu bringen, damit Sie im Ernstfall bestmöglich geschützt sind.
Gesetzliche Grundlagen der Abfindung
Die rechtlichen Grundlagen für Abfindungen finden sich in verschiedenen Gesetzen, allen voran im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieses regelt, unter welchen Umständen Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen dürfen und wann Arbeitnehmer (der Einfachheit halber nutzen wir das Maskulinum, meinen aber natürlich auch immer Arbeitnehmerinnen!) Anspruch auf eine Abfindung haben.
Es gibt drei Grundarten von Abfindungen: die gesetzliche (dazu I), die vertragliche (dazu II) und die vor Gericht vereinbarte Abfindung (dazu III) bei normalen Beschäftigungsverhältnissen ohne Leitungsfunktionen.
1. Die gesetzliche Abfindung
Die gesetzliche Abfindung ist geregelt in den §§ 9 und 10 des Kündigungsschutzgesetzes. Sie greift, wenn eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist und dem Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten ist. Beispiel: Der Vorgesetzte belästigte die später gekündigte Mitarbeiterin. Diese muss zunächst zwar auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung klagen, kann dann aber aus den genannten Gründen einen sog. Auflösungsantrag zum Gericht stellen. Das wird dann die prinzipielle Unwirksamkeit der Kündigung und die Auflösung gegen Abfindung von regelmäßig 0,5 Bruttogehältern Abfindung pro Beschäftigungsjahr feststellen. Diese Fälle sind natürlich die Ausnahme, trotzdem wird in den meisten Kündigungsschutzverfahren am Ende eine Abfindung bezahlt. Warum das so ist, werde ich unter Punkt III genauer darlegen.
2. Die vertragliche Abfindung: Vorsicht!
Die vertragliche Abfindung hingegen wird im Arbeitsvertrag oder in einem Aufhebungsvertrag oder in einer Abwicklungsvereinbarung vereinbart, wo auch niedergeschrieben ist, was die genauen Voraussetzungen sind. Während derartige Regelungen in Arbeitsverträgen selten sind, sieht man sie häufig in vom Arbeitgeber angebotenen Aufhebungsverträgen oder Abwicklungsvereinbarungen.
Um einen vertraglichen Anspruch auf eine Abfindung zu haben, muss es also eine Vereinbarung geben. Der Aufhebungsvertrag wird zur Vermeidung einer Kündigung geschlossen, die Abwicklungsvereinbarung zu deren abschließenden Regelung ohne Einbeziehung des Gerichts. Beide Varianten sind für den Arbeitnehmer dann mit Vorsicht zu genießen, wenn er nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ALG I beanspruchen will. Denn es droht jeweils eine dreimonatige Sperre durch die Bundesagentur und teilweise eine Verrechnung der Abfindung mit ALG I. Daher die dringende Empfehlung: Lassen Sie den Arbeitsrechtler Ihres Vertrauens einen angebotenen Vertrag auf jeden Fall überprüfen, bevor Sie diesen unterschreiben!
3.. Die gerichtlich vereinbarte Abfindung und deren Höhe
Die mit Abstand häufigste Form ist die vor Gericht im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses vergleichsweise vereinbarte Abfindung. Wie unter Punkt I geschildert, gibt es meist keinen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung. Diese Fehlvorstellung hört man häufig als Anwalt für Arbeitsrecht. Trotzdem wird in geschätzt mehr als 90 Prozent aller Kündigungsschutzklagen – also der Klagen auf Feststellung, dass eine Kündigung unwirksam ist – eine Abfindung als Gegenleistung für die Akzeptanz der Wirksamkeit der Kündigung durch den Arbeitnehmer vereinbart.
Ein wichtiger Vorteil der gerichtlich vereinbarten Abfindung ist, dass es mit dieser so gut wie nie Probleme bei der Bundesagentur für Arbeit mit dem ALG I gibt.
Diese wird deshalb so häufig vereinbart, weil der Arbeitnehmer häufig kein großes Interesse an der Weiterbeschäftigung hat, nachdem ihm so rechtswidrig gekündigt wurde, und weil der Arbeitgeber meist schlechte Karten hat, die Wirksamkeit seiner Kündigung zu beweisen, und daher aufgrund daraus entstehender Risiken bereit ist, dem Arbeitnehmer eine Abfindung zu bezahlen, damit dieser die Kündigung akzeptiert und beide für ihre Zukunft neu planen können.
Dabei orientiert sich die Abfindung grundsätzlich an den Ausnahmevorschriften (vgl. Punkt I) der §§ 9,10 KSchG und dem dort genannten halben Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr. Allerdings ist das nur die Basis aller Verhandlungen. Mangels Anspruchs kann das je nach Konstellation zu deutlich höheren oder auch mal geringeren Abfindungen führen. Beispielsweise: Bei klar unwirksamer Kündigung (weil die Kündigung sozialwidrig ist nach § 1 KSchG) wird die vereinbarte Abfindung tendenziell höher als 0,5 pro Beschäftigungsjahr ausfallen, auch, wenn der Arbeitgeber ein hohes Interesse zur Beendigung hat, wird er eher bereit sein, mehr Abfindung zu zahlen. Auch bei schwierigerer Findung einer Neubeschäftigung ist regelmäßig eine höhere Abfindung angebracht. Hingegen wird die Abfindung z.B. bei klaren Verfehlungen dann deutlich geringer ausfallen, wenn dabei die Wirksamkeit der Kündigung wahrscheinlich(er) ist. Letztlich ist alles Verhandlungssache.
Steuerliche Aspekte der Abfindung
Abfindungen unterliegen in der Regel der Steuerpflicht. Allerdings gibt es Möglichkeiten, die Steuerlast zu reduzieren. So können Sie beispielsweise eine Verteilung der Abfindung auf mehrere Jahre beantragen, um in einem niedrigeren Steuertarif zu bleiben, sogenannte Fünftelregelung. Die macht v.a. bei hohen Abfindungssummen Sinn, und der Arbeitgeber ist bei Abrechnung grundsätzlich verpflichtet, diese günstigste Möglichkeit der Versteuerung zu ermöglichen.
Fazit
Abfindungen sind für viele Arbeitnehmer von großer Bedeutung, da sie in Zeiten des Jobverlusts ein Stück finanzielle Sicherheit bieten können. Als Anwalt für Arbeitsrecht rate ich Ihnen daher dringend, sich über Ihre Rechte und Möglichkeiten im Klaren zu sein.
Informieren Sie sich rechtzeitig beim Anwalt Ihres Vertrauens, bevor Sie Unterschriften tätigen, die Ihre Rechte am Ende deutlich beschneiden oder gar vereiteln.
Holen Sie sich professionelle Unterstützung, etwa durch einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie im Falle einer Kündigung oder Aufhebung des Arbeitsverhältnisses die für Sie bestmögliche Abfindung erhalten. Zögern Sie daher nicht, bei Fragen oder Unsicherheiten Kontakt zu mir oder einer anderen auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei aufzunehmen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann ich auch bei Eigenkündigung eine Abfindung erhalten?
In der Regel haben Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung keinen Anspruch auf eine Abfindung, und können auch abgesehen vom gesetzlichen Anspruch eine solche nicht argumentieren, denn der Arbeitgeber ist nur bereit, eine Abfindung zu bezahlen, wenn ER die Beendigung will.
Welche Fristen muss ich beachten?
Wichtig ist, dass Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht einreichen, wenn Sie mit der Abfindung nicht einverstanden sind. Das sollte dringend über einen Anwalt geschehen. Die Berufs-Rechtsschutzversicherung für Nichtselbständige, in den meisten Rechtsschutzversicherungen vorhanden, sichert die entstehenden Kosten ab. Eine Rechtsschutzversicherung Stand heute kostet derzeit für die gesamte Familie (Vater, Mutter, Kinder bis zum Abschluss der ersten Ausbildung) zwischen 150 und 250 Euro im Jahr. Sie sollte Privat, Beruf, Verkehr umfassen.