Einlagerer informieren vor Umlagerung
Der Auftraggeber, ein Fernseherproduzent und -händler, forderte erfolgreich Schadensersatz in Höhe von über 450.000 Euro
wegen eines Brandschadens an Fernsehgeräten, die der Logistikunternehmer in seinem Auftrag eingelagert hatte. Der Logistiker hatte in der Vergangenheit regelmäßig Transporte für diesen einen Auftraggeber ausgeführt. Wegen Umbauarbeiten in seinem eigenen Lager beauftragte der Auftraggeber den Logistiker im Jahr 2007 dann damit 90 Paletten mit LCD-Fernsehgeräten zu einem Lagergeld von 0,16 € pro Palette für ihn einzulagern. Der Logistiker lagerte die Fernsehgeräte dann zunächst im eigenen Lager. Der Auftraggeber teilte diesen Lagerort seiner Versicherung mit. In den Logistikvertrag zwischen den Parteien waren die ADSp, die die Haftung des Frachtführers begrenzen, einbezogen.
Fehlbestand festgestellt
Später führten die Parteien aus Anlass eines festgestellten Fehlbestandes an LCD-Fernsehgeräten in der Zweigstelle des Logistikers eine Besprechung durch. Im Nachgang des Meetings schickte ein Mitarbeiter
des Logistikers eine Mail an den Auftraggeber mit folgendem Inhalt:
„Nachfolgend die Anschrift unserer zusätzlichen Lagermöglichkeit für Sie – zur Verwendung Ihrer Versicherung: A.S. Logistik GmbH & Co. KG, S. 7-9, 39126 M..“
Später brachte der Logistiker dann 87 der Paletten mit den LCD-Fernsehgeräten des Auftraggebers in dieses Warenlager. Für diese Umlagerung zahlte der Auftraggeber im Nachhinein am die Umlagerkosten von 2,50 € pro Palette.
Kurz darauf brannte es in der Halle des fremden Lagerhalters, in dem die Fernseher nun eingelagert waren. Ein beträchtlicher Teil dieser wurde vernichtet oder beschädigt. Die Versicherung des Auftraggebers bezahlte nur einen Teil des Schadens, weil sie nicht von der Umlagerung informiert worden war.
Benachrichtigungspflicht als Kardinalpflicht
Die anschließende Schadensersatzklage gegen den Logistiker wurde erstinstanzlich abgewiesen, war aber in der Berufung dann zum Teil erfolgreich. Zurecht, wie der BGH jetzt feststellte, denn die Umlagerung der Fernseher in das fremde Lager war ohne Wissen und ohne Zustimmung des Auftraggebers geschehen. Daher habe er seine Lagerversicherung nicht informieren können. Das Argument des Logistikers, dass er wegen Nr. 15.1. Satz 1 ADSp auch ohne Zustimmung zur Umlagerung berechtigt gewesen zu sein, ließen die Richter nicht gelten. Bei der Benachrichtigungspflicht des Lagerhalters nach Ziffer 15.1 S. 2 ADSp handelt es sich nämlich um eine vertragswesentliche Pflicht (Kardinalpflicht) des Lagerhalters i.S.v. Ziffer 27.1
Halbsatz 2 ADSp.
Schutz des Einlagerers
Denn nur durch eine ausreichende Benachrichtigung würde der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, sich für sein eingelagertes Gut ausreichenden Versicherungsschutz zu besorgen, was für ihn wegen der Haftungssituation im Lagerrecht besonders wichtig sei. Darüber hinaus erhält er nur so die Möglichkeit, von seinem Besichtigungsrecht, als zentralem Recht des Einlagerers, da er die Unterbringung seiner Güter in ungeeigneten Lagerräumen nicht zu dulden braucht,Gebrauch zu machen.
Wegfall der Haftungsbeschränkungen
Eine verspätete oder inhaltlich unzureichende Benachrichtigung über eine Umlagerung des Gutes in ein unbekanntes Lager führte daher auch zu einem Wegfall der Haftungsbeschränkungen nach Ziffer 24 ADSp, so dass der Lagerhalter unbeschränkt haften könne. Zweifel daran, ob nur auf eine Lagerungsmöglichkeit hingewiesen wird oder eine Umlagerung beabsichtigt ist oder sie tatsächlich
schon stattgefunden hat, gehen zu Lasten des Lagerhalters. Solche Zweifel schließt der Wortlaut der E-Mail vom 18. April 2007 nicht aus,
meinten die Richter: Da in der Mail lediglich die Rede von einer weiteren Lagermöglichkeit war, lasse sich dem Wortlaut der E-Mail nicht entnehmen, dass von der Lagermöglichkeit schon Gebrauch gemacht wurde.
Praxistipp:
Logistiker sollten ihre Mitarbeiter und die Disponenten anweisen deutliche Hinweise an den Auftraggeber zu geben, wenn Umlagerungen stattfinden und dies zu dokumentieren.
Beim vorliegenden Fall wäre dem Logistiker
möglicherweise mit dem Abschluss einer Lagerexzedentenversicherung geholfen gewesen.