Die frachtführerfreundliche Entscheidung des LG Potsdam
Sachverhalt: Ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich des Transportwesens und der Logistik stand in ständiger Geschäftsbeziehung mit seinem Auftraggeber. Dessen Aufträge, die Ladungen (hier Lebensmittel) an einen bestimmten Bestimmungsort zu liefern, wurden regelmäßig in Frachtbörsen eingestellt.
Details telefonsich abgeklärt
In den jeweiligen Angeboten war eine detaillierte Frachtbeschreibung sowie die Größe des benötigten Lkw (hier: Sattelzug) mitangegeben. Später wurden in Telefonaten die weiteren wesentlichen technischen Details geklärt und die Transportauftragsbestätigungen, wie das Gewicht der zu transportierenden Güter, Lademeter, Verpackungsart und Warenart mitgeteilt und die Stelle benannt, an der die Ladung aufzunehmen war. Es folgte die Mitteilung der Reihenfolge der Entladestellen.
Kostenfreier Ladungstausch in AGBs geregelt
Zudem wurden die eigenen AGBs des Auftraggebers mitgeteilt, wobei die ADSp ausgeschlossen wurden. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers war folgende Klausel enthalten: „Der Auftragnehmer verpflichtet sich zum kostenfreien Ladungstausch von Direktzustellern bzw. zur Ladung für identische Direktempfänger in einer Empfangsniederlassung der … Gruppe.“
Auftraggeber verweigert Zahlung für die Zuladung
So wurden im Jahr 2011 etliche Transporte u.a. von Leppersdorf (in Sachsen) aus durchgeführt. Gestützt auf diese Klausel in der Auftragsbestätigung ließ der Auftraggeber den jeweiligen Fahrer der Auftragnehmerin bei der Entladung einesTeils des transportierten Gutes die freigewordene Ladefläche mit neuen Gütern auffüllen. Die Auftragnehmerin kannte dabei weder die Art des neu zu transportierenden Gutes noch die Menge. Die Auftragnehmerin stellte später für diese Zuladungen einen Pauschalbetrag in Rechnung. Diesen zu bezahlen weigerte sich der Auftraggeber aber.
AGB: Unangemessene Benachteiligung des Frachtführers
Zu Unrecht, wie das Landgericht Potsdam und zuvor dass AG Nauen dem Auftraggeber attestierten. Denn eine Klausel, nach der Zuladungen an den jeweiligen Entladestellen für die nächst folgenden Entladestellen vorzunehmen seien ohne dass hierfür eine angemessene Vergütung zu zahlen ist, sei unwirksam. Diese benachteiligt den Logistikunternehmer unangemessen, was gegen Treu und Glauben verstieße. Denn eine solche Klausel legt dem Logistiker die pauschale Verpflichtung auf die Zuladung ohne vorherige Bestimmung von Art und Länge des Gutes vorzunehmen und dabei für die Ladesicherung, die Ladehilfsmittel und evtl. Kühlung zu sorgen. Zudem werde dem Frachtführer das Versicherungsrisiko auferlegt. Im schlimmsten Falle könne der Lkw an der ersten (oder weiteren) Entladestellen völlig entladen werden und ohne weitere Kosten für den Auftraggeber wieder neu beladen werden. Der Frachtführer wäre dann gezwungen, ohne zusätzliche Vergütung Güter mit dem doppelten oder sogar dreifachen Gewicht der vertraglich vereinbarten Güter zu transportieren.
Transportraum sollte auf Vorrat bereitgehalten werden
Die Gerichte haben die Klausel weiter auseinandergenommen : Denn sie habe auch die nicht akzeptable Folge, dass Transportraum auf Vorrat vom Frachtführer vorzuhalten sei, wobei er die dabei entstehenden zusätzlichen Kosten und Versicherungen zu tragen habe. Der Frachtführer könne keine Disposition über den frei werdenden Laderaum an der ersten oder weiteren Entladestelle tätigen, da er jederzeit damit rechnen müsse, vom Auftraggeber weiteres Frachtgut zu erhalten. Der erhöhte Zeitaufwand und Kraftstoffverbrauch sowie den Verschleiß gingen dabei allesamt zu Lasten des Frachtführers.
Fazit: Diese AGB widersprach völlig dem Gedanken des Frachtrechts das der Transport von Gütern grundsätzlich nur gegen Entgelt erfolgt. Denn nur bei Zahlung einer angemessenen Vergütung ist es auch sachgerecht, den Frachtführer mit der strengen Haftung des § 425 HGB zu belasten. Die Klausel widerspricht also somit auch der Wertung des Gesetzgebers in § 354 BGB, dass Kaufleute, noch weniger als andere Personen, umsonst tätig werden.
Praxistipp: Daher immer sorgfältig darauf achten, dass auch für alle zu erbringenden Zusatzleistungen eine Entgeltvereinbarung getroffen wurde, um hinterher Streitigkeiten zu vermeiden. Wenn der Frachtführer selber die Be- und Entladung übernimmt, dann sollte das niemals ohne Entgelt erfolgen!