Gewerberaumlos wider Willen

Verstoß gegen Schriftform ermöglichte Kündigung

Bei Abschluss eines befristeten Gewerbemietvertrages ist Aufmerksamkeit geboten. Meistens für den Vermieter, der sich aus wirtschaftlichen Gründen eine feste Gewerbemiete für etliche Jahre sichern will. In diesem interessanten  aktuellen BGH-Fall (BGH-Urteil vom 04.11.2020, Az.: XII ZR 4/20) war es der Mieter, der seine Gewerbeeinheit behalten wollte, dem aber ein Schriftformmangel  einen Strich durch die Rechnung machte.

Befristeter Gewerbemietvertrag schließt eigentlich ordentliche Kündigung aus

Nach einem Eigentümerwechsel erhielt der Inhaber eines Ladenlokals trotz eines bis Ende Februar 2021 befristeten Gewerbemietvertrages eine ordentliche Kündigung, die dieser nicht akzeptieren wollte. Über mehrere Instanzen hinweg landeten die Mietvertragsparteien schließlich vor dem BGH, der den Räumungsanspruch des Vermieters bestätigte.

Fehlende Anlage verstieß gegen Schriftform

Problem war, dass der genaue Mietgegenstand sich erst aus einer Anlage zum Mietvertrag ergeben sollte, aber genau diese Anlage nicht an den Mietvertrag angeheftet war. Da in dem Gebäude unter dergleichen Adresse noch andere Gewerbeeinheiten mit ähnlicher Grundfläche vermietet wurden, war das Objekt auch nicht anderweitig bestimmbar i. S. d. § 550 BGB.

Tipp vom Anwalt: Wenn Sie  einen befristeten Mietvertrag kündigen wollen, kapitulieren Sie nicht sofort, sondern lassen diesen von einem Anwalt prüfen. Nachtrag kann Mietvertrag bestimmbar machen

Auch der Rettungsanker, den die Anwälte der Beklagten auswerfen wollten, nämlich dass ein Nachtrag zum Mietvertrag das Mietobjekt bestimmbar gemacht habe, wirkte nicht. Denn in der Tat kann durch die tatsächliche Nutzung  der Umfang des Objektes in einem Nachtrag bestimmbar bezeichnet werden, jedoch hatte der Mieter zu dem Zeitpunkt schon unerlaubt untervermietet, so dass das Argument nicht mehr zog.

Einwand des Formmangels nicht treuwidrig

Damit hatte sich auch der Einwand des Mieters zerschlagen, dass die Berufung auf den Formmangel durch den Vermieter treuwidrig sei, weil auch der Mieter durch sein Verhalten schuld daran hatte, dass der Mietgegenstand nicht bestimmbar war und blieb.

Fünf Dinge, die sie beim Abschluss eines Gewerbemietvertrages beachten sollten

Fünf Dinge, die sie beim Abschluss eines Gewerbemietvertrages auf jeden Fall beachten sollten!

Beim Abschluss eines Gewerbemietvertrages mehr Aufmerksamkeit geboten, als beim Abschluss eines Wohnraummietvertrag, denn es gibt hier eine weitgehende Vertragsfreiheit. Der im Gewerbemietrecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter LL.M.Eur erklärt in diesem Beitrag daher, auf welche fünf Dinge Sie bei Abschluss eines Gewerbemietvertrages auf jeden Fall achten sollten.

Einpreisen von Miete und Nebenkosten

Der Vermieter kann Ihnen fast jede Miete vorgeben; gewerbliche Mieter werden nur vor Mietwucher geschützt. Auf der anderen Seite gibt es auf Vermieterseite ein wirtschaftliches Risiko im Hinblick auf die Inflation. Gerade bei auf mehrere Jahre befristeten Mietverträge werden daher häufig Mietanpassungsklauseln oder eine Staffelmiete vereinbart oder ein neutrale Dritter benannt, der die neue Miete festsetzt.

Alle laufenden Nebenkosten können, anders als im Wohnraummietrecht, auf den gewerblichen Mieter umgelegt werden. Die Heiz- und Warmwasserkosten müssen auch im Falle einer Pauschale dennoch wenigstens zum Teil verbrauchsabhängig abgerechnet werden.

Tipp vom Anwalt: Der Mieter sollte auf die Vereinbarung einer vertraglichen Ausschlussfrist – ähnlich, wie im Wohnraummietrecht – bestehen, sonst gilt für den Vermieter die im Bürgerlichen Recht übliche dreijährige Verjährung.

Bei Formulierung des Vertragszwecks aufmerksam sein!

Im Gewerbemietrecht gibt es einiges zu beachten. Neben der Formulierung des Vertragszwecks sind bei Schriftform und Mietzweck besondere Aufmerksamkeit gefragt.

Ihr primäres Ziel wird in der Regel das Betreiben eines Gewerbes sein. Vereinbaren Sie als Mieter den Vertragszweck nicht zu eng, sonst laufen Sie Gefahr, etwa im Falle einer nötigen Sortimentsumstellung, vom Vermieter abgemahnt zu werden. Ist der Vertragszweck dagegen weiter gefasst, geht damit ein  Konkurrenzschutz einher, was den Vermieter in die Bredoullie bringen kann. Mit dem Vertragszweck sichert der Vermieter zudem förmlich zu, dass die objektbezogenen Voraussetzungen von Anfang an vorliegen. Für den Gewebemieter empfiehlt sich freilich zusätzlich die Vereinbarung einer echten Konkurrenzschutzklausel, die dann in der Tendenz von der Rechtsprechung recht großzügig ausgelegt wird (vergleiche zu einem Mietvertrag mit einem Fitnesscenter etwa OLG Frankfurt vom 27.1.2012, Aktenzeichen: 2 U 299/11).

Die Schriftform beachten!

Gewerbliche Mietverträge, die länger als ein Jahr laufen sollen, sind gemäß § 550 BGB schriftlich abzuschließen. Dies bedeutet auch, dass der Mietvertrag und alle seine Anlagen irgendwie zu verbinden sind, will man das Schriftformgebot einhalten. Die Unterschrift muss den Vertrag dann räumlich abschließen. Werden hier Fehler gemacht, kann dies dazu führen, dass ein langjährig befristet abgeschlossener Vertrag – unabhängig vom außerordentlichen Kündigungsrecht und verschiedenen Sonderkündigungsrechten – nach einem Jahr dennoch ordentlich gekündigt werden kann.

Tipp vom Anwalt: Stellen Sie  bei einem Gewerbemietvertrag möglichst mit der Kombination aus körperlicher Verbindung der Urkunden und fortlaufender Nummerierung sicher, dass die Schriftform eingehalten wird. Für den Fall, dass doch etwas schief läuft, empfiehlt sich aus Investitionsschutzgründen eine Regelung im Vertrag für Ausgleichsansprüche und eine Übernahmeklausel bezüglich Umbauten und sonstiger bauliche Einrichtungen.

Einholung von Genehmigungen!

Gewerbetreibende, deren Tätigkeit erlaubnispflichtig ist, erhalten diese Genehmigung nur, wenn Sie die relevanten gesetzlichen Vorschriften hierzu erfüllen. Diese können u.a. im Baurecht, Lebensmittel- und Hygienerecht, den Unfall- und Arbeitsschutzbestimmungen oder in diversen Verordnungen zu finden sein. Der Mietvertrag sollte also durchaus mit einer aufschiebenden Bedingung verstehen werden.

Tipp vom Anwalt: Da das Fehlen der erforderlichen Genehmigungen u.U. keinen Mietmangel darstellt, müssen Sie als gewerblicher Mieter müssen dann noch weiter die volle Miete zahlen. Eine vereinbarte Klausel zur Betriebspflicht erhöht ihr wirtschaftliches Risiko dann noch.

Der Abschluss des Gewerbemietvertrages unter der aufschiebenden Bedingung, dass dieser erst Gültigkeit erlangen soll, wenn die entsprechenden Erlaubnisse und Genehmigung erteilt werden, senkt dagegen ihr wirtschaftliches Risiko.

Die Instandsetzung und Instandhaltung regeln

Nach dem gesetzlichen Leitbild muss der Vermieter die Räume in einem für den vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand übergeben. Die vereinbarte Miete gilt als Inklusivmiete. Die Durchführung der sogenannten Schönheitsreparaturen wird  vertraglich jedoch fast immer dem Mieter auferlegt. Nicht selten sind diese AGBs aber unwirksam.

Bei Mietmängel kann auch der gewerbliche Mieter dagegen seine Mieterrechte geltend machen, insbesondere mindern, es sei denn dieses Recht wurde vertraglich ausgeschlossen. Bei der Geltendmachung dieser Rechte ist zudemVorsicht geboten, weil eine unberechtigte Minderung zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages führen kann. . Für den Laien erschließt sich ohne rechtliche Beratung kaum, ob Ärgernisse, wie zu hohe Temperaturen in den eigenen Büroräumen (dazu die interessante Entscheidung des KG Berlin vom 5.3.2012, Aktenzeichen: 8 U 48/11) oder zu niedrige einen Mietmangel im rechtlichen Sinne darstellen.

Tipp vom Anwalt: Lassen Sie sich daher zur eigenen Sicherheit rechtlich beraten, bevor Sie Ihre Mieterrechte ausüben. Kurze rechtliche Fragen beantwortet Rechtsanwalt Richter telefonisch für Sie kostenfrei (093147085337).

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Dieser Beitrag stellt nur einige wichtige Punkte vor, so dass die Einholung umfassenden rechtlichen Rates im Rahmen einer Erstberatung unverzichtbar ist.

Interessantes Urteil im Gewerbemietrecht: Shisha-Bar darf weitermachen!

Interessantes Urteil im Gewerbemietrecht: Shisha-Bar darf weitermachen!

Gemischt genutzte Gebäude mit WEG-Gemeinschaften sind per se beide geeignet heftige immerwährende mietrechtliche Streitigkeiten zu produzieren. Dass die, wie Pilze aus dem Boden schießende Shisha-Bars nicht allen gefallen und bereits die Gerichte, etwa über Räumungsklagen beschäftigen, überrascht nicht.

Shisha-Bar-Urteil des OLG Köln

Bei diesem interessanten Fall aus Köln ging es darum, ob ein Vermieter eines aus 70 Wohn- und Gewerbeeinheiten bestehenden Objekt einem Shisha-Bar-Betreiber außerordentlich kündigen konnte, u.a. deshalb, weil er vertragswidrig nicht die mietvertraglich vereinbarte Gaststätte mit Alkoholausschank betrieb, sondern ohne Vermieterzustimmung wesentliche Baumaßnahmen durchgeführt hatte. Fraglich war, ob das vom Mietzweck umfasst war.

Öffentlich-rechtliche Beschränkungen bahnen sich sich

Zuvor hatte sich schon ein heftiger Streit angebahnt: Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte schon vor Jahren den Wunsch des Shisha-Bar-Betreibers abgeschmettert einen Lüftungskanal an der Hofseite anzubringen. Jüngst hatte aber die Stadtverwaltung ihn aufgefordert eine wirksame Be- und Entlüftungsanlage einzubauen, weil das verbrennende Kohlenmonoxid der Kohle der Wasserpfeifen die Gesundheit der Gäste gefährden könnte. Zudem sei ein zweiter Fluchtweg erforderlich.

Der Vermieter verbat die erforderlichen Umbaumaßnahmen unter Verweis auf den früheren WEG-Beschluss; die Stadt hingegen erteilte dem Shisha-Bar-Betreiber eine Baugenehmigung hierfür. Der Mieter errichtete daraufhin eigenmächtig den gewünschten Kamin über sieben Stockwerke und die Abluftanlage, woraufhin der Vermieter ihm die Kündigung aufgrund des „Schwarzbaus“ erklärte. Weitere Kündigungen folgen, bis hin dazu, dass der Vermieter den Strom abstellte und erfolglos versuchte die Wasserpfeifen-Dampf-Nutzung über den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes zu verbieten. Später erklärte der Vermieter sogar die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung.

Räumungsklage wurde abgelehnt

Das OLG Köln hat nun – anders als die Vorinstanz – die Räumungsklage abgewiesen, weil es den außerordentlichen Kündigungsgrund des § 543 I S. 2 BGB nicht verwirklicht sah . Insbesondere sei der Betrieb der Shisha-Bar keine vertragswidrige Nutzung, da das Angebot von Shisha-Pfeifen als zusätzliche Leistung erlaubt sei. Die Kölner Richter zogen eine interessante Parallele: Vor Einführung des Rauchverbotes habe der Konsum von Zigaretten oder anderen Rauchwaren auch zu keiner Abweichung der vertraglichen Einordnung eines Lokals als „Gaststätte mit Alkoholausschank“ führt – warum also wegen dem aus dem Orient importierte Trend?

Umbau ohne Vermieterzustimmung

Dass sich die rechtlichen Anforderungen ans Mietobjekt ändern, liege nicht an der Person des Betreibers, sondern entstamme Umständen, die nicht auf ihn zurückzuführen sind. Dass der Betreiber die Umbauten gegen den Willen des Vermieters vorgenommen habe, wurde vom Gericht zwar als Mietvertragsverletzung erkannt, in der Gesamtabwägung trete das Vermieterinteresse an der Vertragsbeendigung aber hinter des Mieterinteresse am Fortbestand des Vertrages zurück. Der Verstoß durch den Mieter sei also nicht so schlimm. Denn der Umbau habe dazu geführt, dass das Objekt wieder vertragsgemäß genutzt werden könne, zum anderen sei durch den Umbau die Gebäudesubstanz nicht  gefährdet worden und zu guter Letzt habe sich der Vermieter mit unberechtigten Kündigungen und Selbsthilfe in Wild-West-Manier (Strom abstellen) selber nicht gerade deeskalierend verhalten. Der Vermieter hätte, so die Kölner Richter abschließend, hätte nicht kündigen dürfen, weil das Mietobjekt erst durch die Baumaßnahmen wieder in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt wurde. Dies folge aus der allgemeinen Vertragstreue.

Schriftform bei Gewerbemietverträgen

Weitere Interessante Ausführungen enthält die Entscheidung zur Formbedürftigkeit und Schriftform (Rn. 107 ff.) sowie zum Anspruch auf Errichtung einer Behindertentoilette (Rn. 134).

In einigen Punkten erfolgreich der Vermieter dennoch, der den geplanten Bau des zweiten Fluchtweges gem. § 541 BGB untersagen lassen konnte, weil eine im Gemeinschaftseigentum der WEG-Gemeinschaft stehende Wand dadurch zerstört werden würde. Die WEG-Gemeinschaft hätte ansonsten gegen ihn u.U. einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB (nach OLG Köln vom 19.05.2017, Az.: 1 U 25/16).

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