Die interessante Hartz IV-Entscheidung: Hartzer passt beim Zocken auf!

Entscheidung im SGB II-Recht

Es wär so nett: Mit ein paar Glücksspielgewinnen im Automaten-Casino die Stütze aufbessern? Der Idee eines Hartz IV -Empfängers hat das Bundessozialgericht in Kassel in einem Urteil letzten Jahres nun endgültig einen Strich durch seine Rechnung gemacht. Lesen Sie hier die Urteilzusammenfassung:
Hartzer passt beim Zocken auf!

Ausgangssituation

Der arbeitslose und wohl spielsüchtige Mann hatte immer wieder Gelder vom Terminal eines Spielcasinos abgehoben und größere Gewinne dann wieder auf sein Konto eingezahlt. Aus den Kontobelegen war wohl ersichtlich, dass die Abbuchungen die Einzahlungen deutlich überstiegen. Das Jobcenter wollte dennoch fast 10.000 Euro an Sozialleistungen zurück. Grundsätzlich zurecht, wie nun das Bundessozialgericht urteilte.

Der Anwalt des Klägers hatte argumentiert, dass keinesfalls die gesamten Einzahlungen aufs Konto als Einnahme den Sozialleistungenanspruch verringern könnten. Es seien nämlich gar nicht die mittelbar zum Spielgewinn führenden Einsätze, also die vorherigen Spielverluste, abgezogen worden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung führt natürlich nicht jeder Spieleinsatz zum Gewinn. Das weiß Jeder, der ab und an die „einarmigen Banditen“ füttert. Diese Verluste seien aber, wie bei einem Gewerbebetrieb, nötig, um Gewinne realisieren zu können, argumentierte der findige Rechtsanwalt weiter.

Keine notwendigen Ausgaben zur Einnahmeerziehlung

„Vergebliche Spieleinsätze sind nicht von den Spielgewinnen absetzbar“, hielten die Bundessozialrichter entgegen. Sämtliche Spieleinsätze seien nämlich nicht als „notwendige Ausgaben zur Erzielung des Spielgewinns“ zu werten. Notwendig im Sinne des Grundsicherungsrecht seien nur solche Ausgaben, soweit sie im Rahmen einer vernünftigen Wirtschaftsführung anfallen. Vergeblicher Spieleinsatz sei aber gerade unwirtschaftlich, weil er außer Verhältnis zu dem Spielgewinne stehe und zu keinem Gewinn führe. Diese reine Befriedigung des Spieltriebs sei vielmehr „Einkommensverwendung und nicht gezielter Einsatz zur Einkommensgewinnung“.

Das Bundessozialgericht legte sogar noch einen drauf: Wenn es Indizien dafür gibt, dass der Kläger höhere Spielgewinne erspielt habe, als er auf seinem Konto eingezahlt hat, dann sei es sogar denkbar, dass sein Sozialhilfeanspruch rückwirkend mangels tatsächlicher Hilfebedürftigkeit ganz entfalle. Die Richter dachten hier sogar eine Beweislastumkehr zulasten den Sozialhilfeempfängers an, wenn sich die klägerische Einkommenssituation unaufklärbar sei.

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Einkommen zur Lebensunterhaltung verwenden

Was also tun bei einem einmaligen Gewinn im Casino? Dann einfach weiterzocken? Die Kasseler Richter führten dazu in ihrem Urteil aus: „Vorhandenes Einkommen, auch aus Spielgewinn, ist nicht als Spieleinsatz zur weiteren Gewinnerzielung zu verwenden, sondern zur Lebensunterhaltssicherung.“

Der Hartz-IV-Empfänger war übrigens durch die Einzahlungen auf den regelmäßig beim Jobcenter einzureichenden Kontobelegen aufgeflogen. Es darf vermutet werden, dass zahlreiche weitere Hartz IV-Empfänger ihre Stütze in den zahlreichen deutschen Automaten-Casinos vom Amt unbemerkt vermehren oder – häufiger – verzocken. Wenn die Gewinne unters Kopfkissen gelegt werden und sozialversicherungswidrig von Einzelnen nicht gemeldet werden, dann kann das Jobcenter mangels Kenntnis auch nicht zugreifen. Die Möglichkeit ihre Spielverluste zu sozialisieren, wie es zahlreiche am Aktienmarkt spekulierende Großbanken getan haben, haben die Hartz-IV-Empfänger also nicht. Dass diesen keine Systemrelevanz seitens der Politik – anders als bei den Großbanken – beigemessen wird, soll als Erklärung hierfür nicht in den Raum gestellt werden.

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