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Die fünf häufigsten Fehlern bei den Unterkunftskosten von Hartz IV-Empfängern

Hartz IV

Unterkunfts- und Heizkosten

Wohnen ist teuer und die Kosten der Unterkunft für Hartz IV-Empfänger, die ohnehin nur wenig Geld zur Verfügung haben, eine besondere finanzielle  Herausforderung.Viele Hartz IV-Empfänger bekommen Miete und Heizkosten nicht voll vom Amt erstattet. In vielen Fällen zu Unrecht, wie Anwalt Christopher Richter in diesem Beitrag erläutert. 

1. Fehler: Heizkosten werden wegen angeblicher Unangemessenheit  nicht übernommen

Dem Gesetz nach müssen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft vom Jobcenter oder Sozialamt übernommen werden, soweit sie angemessen sind. Da liegt der Hase im Pfeffer! Das Amt orientiert sich hierbei am bundesweiten Heizspiegel von 2016 und übernimmt Kosten bis 19,20 Euro pro m² und Jahr im Falle des Heizens mit Erdgas. Liegen Ihre Kosten inklusive der 1,75 € pro m² für Warmwasser niedriger oder gleich, dann haben Sie kein Problem. Man spricht von der Darlegungsgrenze, wo das Amt ohne weitere Prüfung zahlt! Bei Heizöl dürfen es hingegen nur 16,30 € pro m² und Jahr sein, bei Fernwärme aber 23,00 € pro m² und Jahr. Andere Energieträger orientieren sich ebenfalls an diesem letzten Wert.

Tipp: Die Gesamtgebäudegröße finden sie etwa in der Nebenkosten-abrechnung oder im Energieausweis.

Es kann im Falle von einer späteren Nebenkostennachforderung passieren, dass die vorläufig als angemessen befundene Wohnung unangemessen wird und sie mittelfristig nach erfolglosen Kostensenkungsverfahren auf eigenen Kosten sitzen bleiben. Aber: Verrechnet derselbe Anbieter ein Guthaben für Strom mit einer Nachforderung für Heizkosten, so hat das Jobcenter denn och die gesamte Heizkostennachforderung zu übernehmen (SG Schleswig vom 10.08.2022, Az.: S 35 AS 635/18).

Achtung: Wenn sie mit Strom heizen, haben Sie nach einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg zumindest die Kosten erstattet, die beim Heizen mit einer Ölheizung entstanden wären (Urteil vom 02.03.2011, Az.: L 2 SO 4920/09).

Tipp vom Anwalt:  Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von Hartz IV-Empfängern gestärkt. Es bedarf nun nicht erst einer Räumungsklage wegen ausstehender Mietzahlungen, damit das Jobcenter die Unterkunftskosten vorläufig übernimmt (AZ: 1 BvR 1910/12) Betroffene können also nun schneller klagen. Argumentieren Sie aber bereits im Vorfeld im Kostensenkungsverfahren mit Ihrer gesundheitlichen Situation oder dem allgemein schlechten Zustand der Wohnung, wenn Sie Rückfragen vom Jobcenter bezüglich Ihres Heizverhaltens bekommen. Die Jobcenter haben in ihren Kostensenkungsaufforderungen deutlich anzugeben, welche Heizkostne sie als angemessen einschätzen (vgl. BSG vom 19.05.2021, Az.: B 14 AS 57/19 R). Zudem: Verweigern Sie sich, zumindest aus taktischen Gründen, nie kategorisch einem Umzug.

2. Fehler: Sie bekommen den sogenannten Thermenstrom nicht erstattet oder keinen Warmwasserzuschlag

Nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrheinwestfalen (Az. L 19 AS 2051/11) müssen Sie, wenn Sie Stromkosten für den Betrieb der Gastherme brauchen und kein separater Zähler oder Zwischenzähler für diesen Heizstrom vorhanden ist,  diese Stromkostne als weitere Heizkosten vom Amt ersetzt bekommen. Im Schnitt sind dies monatlich rund 5 % der Heizkosten. Bei Heizkosten von 192,00 Euro also 9,60 €. Nach einer BSG-Entscheidung gibt es auch den Mehrbedarf für Warmwasser, wenn diese Gastherme auch zur dezentralen Warmwasserversorgung verwendet wird.

Tipp vom Anwalt: Lesen Sie die Spalte Ihres Grundsicherungsbescheides, der die Unterkunftskosten betrifft, sehr aufmerksam und lassen Sie ggf. Widerspruch einlegen. Für vergangene Zeiträume können Sie gegebenenfalls mit einem Überprüfungsantrag noch Geld für sich herausschlagen. Fast immer fehlt bei Gasthermen diese Position!

Erhitzen Sie Ihre Warmwasser dezentral gibt es nach § 21 VII SGB II übrigens einen Mehrbedarf. Mehr dazu hier

3. Fehler: Ihr Wohnung ist in Wirklichkeit nicht unangemessen groß!

Bei Umzug kritisieren die Jobcenter immer wieder, die anzumietende Wohnung sei unangemessen groß. Immer wieder werden aber unzutreffend gewerblich genutzte Räume, z.B. bei Hartz IV-Aufstockern, nicht herausgerechnet oder fälschlich behauptet, dass Bedarfsgemeinschaft statt einer einfachen Wohngemeinschaft vorläge und dann die ungünstigeren Wohnraumflächenvorgaben herangezogen. Also etwa nur bis 95 m² für eine vierköpfige WG statt, wie richtig, bis zu 200 m²!

Tipp vom Anwalt: Gehen Sie gegen falsche Feststellungen des Jobcenters konsequent vor. Lassen Sie Widerspruch einlegen und scheuen Sie zur Not nicht den Gang vor das Sozialgericht.

Während der Corona-Kreise findet keine Angemessenheitspfüfung bei selbstbewohnten Immobilien statt (vgl. LSG NRS vom 11.02.2022, Az.: L 21 AS 66/22 B ER). Bei nicht unangemessen großen Wohneigentum oder Hausgrundstück haben Sie einen Aufwendungsersatzanspruch bei zeitlich besonders dringenden Reparaturen, wie losen Dachfirsten (vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 19.05.2021, Az.: L 29 AS 1920/19.

4. Fehler: Ihre Wohnung ist zwar zu groß, aber nicht unangemessen

Der angemessene Quadratmeterpreis Ihrer  Wohnung ermittelt sich danach, was für eine Wohnung im unteren Drittel nach den örtlichen Verhältnissen gezahlt wird. Das ist in der Stadt Würzburg etwa mehr, als in einem Vorort, wie Veitshöchheim. Viele Gemeinden sind dazu übergegangen die Bruttokaltmiete aus dem Produkt von Wohnungsgröße und der angemessenen Bruttokaltmiete pro m² zu deckeln.

Tipp vom Anwalt: Wehren Sie sich dagegen, wenn Ihnen das Jobcenter einen Umzug allein deswegen verwehrt, weil Ihre anzumietende Wohnung angeblich zu groß sein soll. Auch eine etwas höhere Grundmiete ist mit niedrigeren Betriebskosten ausgleichbar. Argumentieren Sie! Die Untervermietung Ihrer Wohnung, ggf. auch an Angehörige, kann ein Weg sein, die Unterkunftskosten zu verringern.

Exkurs: Mietverträge mit Familienangehörigen

Auch Eltern müssen Ihre Kinder nicht mietfrei wohnen lassen, wenn diese Hartz-IV-Empfänger sind, sondern können sich die Wohnkosten übers Jobcenter ersetzen lassen, wenn sie mit ihren Angehörigen einen Mietvertrag schließen (und diese ernsthaft einer Mietforderung aussetzen wollen (so auch SG Stuttgart vom 23.03.2017, Az.: S 2 AS 7218/13).

Regelmäßig führt die Vorlage eines Mietvertrages mit einem Familienangehörigen dazu, dass die Jobcenter die Ernsthaftigkeit des Mietvertrages anzweifeln. Dabei legen die Grundsicherungsträger zum einen oft zu hohe Maßstäbe an deren Wirksamkeit an und zum zweiten hinterfrage diese die tatsächliche Durchführung mit fraglichen Argumenenten (vgl. dazu etwa LSG Hamburg vom 06.08.2020, Az.: L 4 AS 49/19). Lassen Sie sich daher nicht zu schnell ins Bockshorn jagen – oft können sogar rückwirkend Tausende von Euro erstritten werden.

5. Fehler: Die kommunale Regelung Ihrer Gemeinde für die Übernahme der Unterkunftskosten ist schlichtweg unschlüssig

Städte, Landkreise und andere Gebietskörperschaften haben mit internen Regelungen die Übernahme der Kosten der Unterkunft als Obergrenzen pauschaliert. Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts müssen solche Mietobergrenzen aber auf einem schlüssigen Konzept beruhen, woran es durchaus nicht selten mangelt. Daten müssen sauber erhoben werden und möglichst aktuell gehalten. Eine Satzung einmal aufzustellen und nie wieder zu ändern ist daher angreifbar. Wenn das Konzept keine Angaben über die gezogenen Schlüsse enthält, ist das ebenfalls nicht hinnehmbar (vgl. BSG vom 05.08.2022, Az.: B 4 AS 82/20 R).

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