Von den Tücken von EXW im Logistikbereich


„Vertragsloser Absender“ scheiterte mit Schadensersatzforderung vor Handelskammer

International aufgestellte Diebes- und Betrügerbanden sind schon seit Jahrzehnten ein Problem in der Logistikbranche. Dieser aktuelle grenzüberschreitende Fall gegen ein großes deutsches Logistikunternehmen zeigt das Dilemma für Verkäufer einmal mehr.

Ladungsdiebstahl im großen Stil

Da versuchte eine italienische Großhändlerin erfolglos einen Schadensersatzanspruch gegen ein großes deutsches Logistikunternehmen durchzusetzen, nachdem ihr über eine Tonne Lithium-Batterien entwendet wurden. Dies lief so ab, dass Betrüger 1) unter falschem Namen und Identität zunächst die Batterien für ein Unternehmen in Frankreich in der Nähe der italienischen Grenze bestellte und die Klägerin diese dann gemäß den vereinbarten Incoterms „ex works“ (EXW) von Italien aus dorthin  liefern sollte.

Incoterms wurden verwendet

Kurz vor dem Transport änderte die Verkäuferin jedoch die Lieferadresse und hab als neues Ziel ein Gewerbegebiet in London an. Über Unterfrachtführer gelangte die Ware im Wert von fast 50.000 € schließlich in einen Vorort von London und war dann nie mehr gesehen. Als die italienische Klägerin den Schaden zuzüglich des entgangenen Gewinns von wohl an die 9000 € der vermeintlichen Verkäuferin in Rechnung stellte, flog der Schwindel auf. Die Verkäuferin versuche aber nun sich bei der Logistikerin schadlos zu halten,  die Logistikerin hingegen meinte, der Klägerin stünde gegen sie kein Schadensersatzanspruch zu.

Keine Obhut beim Spediteur

Zurecht, wie die Handelskammer des LG Saarbrücken jetzt der beklagten Spedition Recht gab (Urteil vom 27.06.2018, Az.: 17 HK O 9/16). Die Klage sei aus mehreren Gründen unbegründet, so die Richter. Zum einen seien die von der Klägerin behaupteten italienischen und englischen Normen, nach der die Logistikerin nach Einschätzung der Anwälte der italienischen Händlerin haften solle, gar nicht einschlägig. Sondern ganz einfach Art. 17 CMR, wonach die beklagte Logistikerin aber nicht hafte, da die Unter(unter)frachtführerin Obhut gehabt habe, aber nicht sie. Eine Pflichtverletzung der Unterfrachtführerin, die der Beklagten zuzurechnen sei, sei aber auch nicht erkennbar. Es falle in den Risikobereich der Verkäuferin, dass sie einem solchen Betrüger aufgesessen sei.

Vorkasse oder Akkreditiv

Tipp vom Anwalt: Verifizieren Sie, zumindest bei größeren Aufträgen, bei Neukunden immer deren Identität und sichern sie sich Ihren Kaufpreisanspruch durch Vorauskasse oder Einschaltung eines Akkreditivs. Aber passen Sie auf: Weist der Verkäufer gegenüber der Bank nicht rechtzeitig die notwendigen Lieferunterlagen vor,  so schauen Sie als Verkäufer bei der Zahlung des Kaufpreises am Ende gleichwohl in die Röhre!

CMR oft anwendbar auf Transporte zwischen CMR-Mitgliedsstaaten ohne Rechtswahl

Weil Deutschland und Italien Mitgliedsstaaten der CMR sind und die beklagte Logistikerin den Haupt- oder Zweigsitz im Raum um Saarbrücken hatte, konnte vor deutschen Gerichten geklagt werden. Mangels getroffener Rechtswahl kam nach Einschätzung des Handelsgerichts auch die CMR zur Anwendung.  Denn da der Frachtvertrag nicht zwischen Händlerin und Logistikunternehmen geschlossen wurde, sondern zwischen Betrüger 2) und der Logistikerin kam über Art. 5 Rom I, weder englisches Recht, noch über Art. 4 Rom II italienisches Recht – der Frachtvertrag war zwar als Vertrag zugunsten eines Dritten, hier der italienischen Verkäuferin, ein außervertragliches Schuldverhältnis – jedoch konnte keine unerlaubte Handlung durch die Logistikerin festgestellt werden.

Verkäuferin war Opfer von Betrügerbande

Es blieb also bei der Anwendung der CMR, da der Transport grenzüberschreitend zwischen zwei CMR-Staaten erfolgte und die Klägerin als „vertragslose Absenderin“ sich ohnehin nicht auf diesen Schadensersatzanspruch nicht berufen könne. Ihr fehle die sogenannte Aktivlegitimation trotz eines Eintrags der Spedition als Partei im Frachtbrief.

Beweiswirkung des Frachtbriefes widerlegbar

Denn dessen Beweiswirkung könne und wurde vorliegend widerlegt. Da die Ware „ex works“, also ab Werk, verkauft worden war, stand die frachtrechtliche Verfügungsgewalt über die Waren mit deren Übernahme ausschließlich der angeblichen Käuferin zu. Eine der Hauptfrachtführerin zurechenbare Pflichtverletzung der Unterfrachtführerin wollten die Handelsrichter auch nicht erkennen, denn der Transport an sich wurde ja ordnungsgemäß zum bestimmungsgemäßen Empfangsort durchgeführt. Die einzige gerichtlich festgestellte unerlaubte Handlung war jedoch der Abschluss des Kaufvertrages durch einen betrügerischen Käufer. Das Gericht stellte eine kluge Überlegung an: Hätte die Betrügerbande selber die Ware vom Werk abholen lassen, dann wäre der Schaden genauso entstanden, wenn die Betrüger das Logistikunternehmen nicht zwischengeschaltet hätten. Das Sicherungsmittel der klagenden Händlerin war also schon in dem Moment „entwertet“, als sie es aus der Hand gegeben hatte.

Verlust der frachtrechtlichen Verfügungsgewalt beachten

Tipp vom Anwalt: Die EXW beschränkt zwar die Verpflichtungen für den Verkäufer  erheblich, jedoch er verliert dann in der Regel die frachtrechtliche Verfügungsgewalt und ist kein Absender mehr. Nach EXW bleiben nämlich alle transportbezogenen und logistischen Fragen (und die damit verbundenen Kosten) der Klärung durch den Warenkäufer überlassen. Nicht der Verkäufer, sondern der Käufer beauftragt schließlich vertraglich das Transportunternehmen. Im Gegenzug besteht für den Verkäufer das Risiko, dass er weder den Beladevorgang seiner Ware noch die Zuverlässigkeit und Professionalität des Transporteurs kontrollieren kann. Und beim Verladevorgang ist der Käufer im Regelfall nicht mit dabei. Häufig springt gleichwohl der Verkäufer ein und verlädt die Ware für den Käufer mit firmeneigenen Geräten und Hilfsmitteln auf das Transportfahrzeug. Diese Gefahren sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen, vor Benutzung der EXW-Klausel.

Lesen Sie hier diesen Rechtstipp zum Verhalten an der Laderampe: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/wp-content/uploads/2017/06/Newsletter15-2.pdf

Im Schiffsverkehr stehen Alternativen bereit

Der Verkäufer verstößt also gegen die vereinbarte Vertragsklausel EXW verstößt und setzt sich möglicherweise zugleich einer Vielzahl von Haftungsrisiken aussetzt.  Im Schiffsverkehr können die ICC-Vertragsformeln FCA (frei Frachtführer) oder FOB je nachdem eine Alternative darstellen.

Hier geht es zu unserem Ressort https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/transport-und-speditionsrecht/

Hohe Hürden für sofortige Kündigung eines Vermieters mit türkischem Migrationshintergrund

Fremdenfeindliche Entgleisungen und Prügel reichten nicht für außerordentliche Kündigung

Im vorliegenden Fall mutete das Berufungsgericht einem Vermieter mit türkischem Migrationshintergrund doch einiges zu, indem es ihm in diesem Einzelfall das Recht verwehrte der Mieterseite trotz fremdenfeindlicher Zwischentöne und körperlichen Übergriffen sofort zu kündigen  (vgl. Beschlusses des OLG Frankfurts vom 11.09.2018, Az.: 2 U 55/18).

Außerordentliche Kündigung des Gewerbemietvertrages

Eine türkische Vermieterfamilie hatte einen Backshop an einen Mieter vermietet, der sich mit der Familie alsbald “in die Wolle” bekam. Die Mietparteien filmten und fotographierten sich gegenseitig und schnitten heimlich Gespräche mit. Gestützt auf ein solches – vom Mietersohn mitgeschnittenes – Tonband stellte die Anwältin der Backshop-Betreiber schließlich Strafzeige und ließ in diesem Schreiben an die Staatsanwaltschaft wohl auch fremdenfeindliche Bemerkungen fallen.

Körperverletzung und Sachbeschädigung durch Mietersohn

Als Krönung des Ganzes verprügelte der Mietersohn daraufhin noch einen der Söhne der Vermieter brutal und trat noch auf den am Boden Liegenden ein. Für so ein Verhalten gäbe es auf dem Fußballfeld die rote Karte. Zudem zertrümmerte dann noch eine Kamera der Vermieter – ob um Spuren zu verwischen ist unbekannt.

Räumungsklage schließlich erfolgreich

Für eine außerordentliche Kündigung reichten diese doch bemerkenswerten Ausfälle der Mieterseite den hessischen Richtern zwar nicht, die Räumungsklage war letztendlich als ordentliche Kündigung aber erfolgreich. Weder das Verhalten der pöbelnden Anwältin, noch des prügelnden Sohnes seien dem Gewerbemieter jedoch zuzurechnen, fanden die hessischen Richter. Ob diese Entscheidung auch so in Bayern getroffen werden würde, soll an dieser Stelle unkommentiert bleiben…

Abmahnung vor Schlägen nötig?

Auch die weitere Ausführung im Beschluss ist zweifelhaft: Zudem hätte zuvor, so das OLG, der Mieter vor der Kündigung auch noch abgemahnt werden müssen, bevor eine fristlose Kündigung in Betracht käme. Das soll man man dem Vermietersohn, der am Boden liegend mit Tritten maltretiert wurde, erklären. In der Gesamtschau – so die Richter – läge kein überwiegendes Interesse an

 

Beseitigungsanspruch gegen Markise

Beseitigungsanspruch gegen unerlaubt angebrachte Markise

WEG-Gemeinschaften sind ein Quell immerwährender Streitigkeiten. Wenn ein WEG-Mitglied noch der Rechtsanwaltschaft angehört, kann man davon ausgehen, dass der Konflikte dann auch beim Mietgericht landet. So auch hier (AG München vom 18.04.2018 (Az.: 481 C 16896/17 WEG).

Beseitigungsanspruch gegen bauliche Veränderung

So verklagte eine Anwältin erfolgreich einen Verpächter, dass der seinem Pächter dazu anhalte eine Außenmarkise zu entfernen, die dieser seit über einem Jahr über der Außenterasse angebracht hatte. Und weil ein Rechtsanwalt keine halben Sachen macht, wurde gleich – erfolglos –  die Einstellung des Restauranbetriebes über 22 Uhr hinaus begehrt.

Außenmarkise muss entfernt werden

Weil die klagende Anwältin ein Zimmer zu Wohnzwecken über dem Anbringungsort der Markise hatte, fühlte sie sich von den Motorengeräuschen und Vibrationen beim Ein- und Ausfahren der Markise gestört. Und natürlich auch von der Blendwirkung der Markise. Als Retourkutsche wollte der verklagte Verpächter dann der Anwältin mittels Widerklage die Nutzung dieses Zimmers zu Wohnzwecken verbieten – und machte damit eine Bauchlandung. Dazu sogleich.

Eingriff in Gebäudesubstanz

Jedenfalls muss der Verpächter für die Entfernung der Markise sorgen, da hier in der Tat ein Beseitigungsanspruch gem. § §§ 1004 ggf.  i.V. m. § 14 Nr. 1 WEG besteht. Die Markise griff durch ihre feste Verankerung in der Außenwand und das Stützgerüst im Boden in die Gebäudesubstanz ein. Weil es hier am Gemeinschaftsbeschluss der WEG fehlte, war die bauliche Veränderung materiell rechtswidrig.

Gebrauchsregelungen in Teilungserklärung

Die anderen Streitpunkte wurden vom Gericht sozusagen in die Tonne getreten, weil Gebrauchsregelungen in der Teilungserklärung, die Nutzung der Gewerbeeinheiten auch zu anderen Zwecken, ohne Einschränkung ermöglichten.

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Wartungskosten für Prothese sind erstattungsfähig

Serviceleistung zur Garantieverlängerung für eine Protese als erstattungsfähige Aufwendungen für die Heilbehandlung

Wer sich privat krankenversichert, für den hat der Versicherungsvertrag besondere Bedeutung. So wollte der behinderte Mann die Wartungskosten in Höhe von 1.688,43 € für sein computergesteuertes Kniegelenk von seiner privaten Versicherung erstattet verlangen und wunderte sich über die Ablehnung.

Wartungskosten Teil der medizinisch notwendigen Heilbehandlung

Die stützte die Ablehnung auf die Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankentagegeldversicherung (MB/KK 2009). Zu Unrecht, wie der BGH kürzlich entschied (BGH vom 07.11.2018, Az.: IV ZR 14/17). Anders als die Vorinstanz sah er die Wartungskosten als Teil der medizinisch notwendigen Heilbehandlung, da der Versicherungsfall mit der Behandlungsbedürftigkeit beginne und erst ende, wenn nach medizinischen Befund Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht.  Der Versicherungsfall dauert ggf. lebenslänglich fort.

Wartungskosten zum Erhalt der Betriebssicherheit der Protese notwendig

Angesichts der geringen Wartungskosten zu den hohen Anschaffungskosten von 40.000 € für ein solches Knie stehen auch Risikoausschlussklauseln, die die Leistung bei Zweitversorgung oder Ersatzbeschaffung begrenzen (hier drei Jahre), dem Erstattungsanspruch nicht zwingend entgegen. Kosten, die für die Aufrechterhaltung der bestimmungsgemäßen Funktion und dem sicheren Gebrauch des Hilfsmittels erforderlich sind ,mithin Wartungs- und Reparaturkosten sowie für den Austausch von Verschleißteilen, notwendig, wenn die Wartung zu Erhalt der Betriebssicherheit der Prothese und ggf. der Erneuerung von Verschleißteilen notwenig ist.

Abschließende Hilfsmittelaufzählung war  auslegungsfähig

Eine gesonderte ärztliche Wartungs- oder Reperaturverordnung ist auch nicht vorzulegen, wenn der technisch sichere Betrieb einer Prothese die Wartung objektiv brauche, so die BGH-Richter. Auch der Umstand, dass die abschließende Hilfsmittelaufzählung im Tarif des privaten Krankenversicherers diese Position nicht nenne, würde hier den Ersatz derartiger Reparatur-, Neben- und Betriebskosten ausnahmsweise nicht ausschließen.

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Unbeschädigte Verpackung und Ladehilfsmittel aus Schadensersatzforderung auszunehmen

Unbeschädigte Verpackung und Ladehilfsmittel verringern Schadensersatzforderung

Ladungssicherung kann beim Unfall helfen das Transportgut zu sichern. Aber selbst wenn es dennoch zu einem Totalschaden des Transportgutes kommt, sind unbeschädigte und wiederverwendbare Ladehilfsmittel sowie Verpackungen des Versenders vom Schadensersatz ausgenommen. Dieser Umstand kam einem Frachführer, der von seinem Auftraggeber in Regress genommen wurde, zugute. Das ist die Quintessenz aus einem neuen BGH-Urteil vom 11.10.2018 (Az.: I ZR 18/18).

Zunächst Regress gegen den Absender durch die Porsche AG

So kam der Unfallschaden an 72 Porsche-Motoren dem beklagten österreichischen Frachtführer, dessen Auftraggeber seinerseits von der Porsche AG in Regress genommen wurde, weniger teuer als erwartet:  Statt der eingeklagten fast 190.000  €, waren es am Ende  nur rund 127.000 €, die er an Schadensersatz an seinen Hauptfrachtführer leisten musste. Nach den Handelsrechnngen waren die Motoren übrigens sogar fast 300.000 € wert!

Schadenshöhe wird abstrakt nach Sonderziehungsrechten ermittelt und begrenzt

Da der Schaden im entgeltlichen grenzüberschreitenden Straßenverkehr zwischen zwei CMR-Staaten entstand, fand die CMR Anwendung, die in Art. 17 i.V.m. 25 Nr. 2 CMR eine Haftungsgrenze für den Totalverlust der Facht für den Frachtführer während seiner Obhutszeit auf 8,33 Sonderziehungsrechte je Kilogramm festlegt, wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Das war vorliegend der Fall, da die Ladung zwischen dem Übernahmeort Gyoer in Ungarn und dem Ablieferungsort bei einer Spedition in Leipzig zerstört wurde.

Mitgeführte unbeschädigte Transportgestelle zählen nicht zum Rohgewicht nach Art. 23 CMR

Im vorliegenden Fall lag zudem nur ein Teilverlust vor, weil die mitgeführten Transportgestelle durch den Unfall nicht beschädigt wurden und wiederverwendbar blieben. Daher wurde von den, der Schadensersatzforderung des Klägers zugrunde gelegten 17.928 kg Rohgewicht (= Rein(Netto) + Taragewicht) vom  BGH die 5.400 kg für die zwölf unbeschädigt gebliebenen Motorengestelle abgezogen. Nur der Schaden für die 72 völlig zerstörten Motoren mit einem Gesamtgewicht von 12.528 kg blieben daher als  Rechengröße  stehen. Der Restwert des Metallschrotts der Motoren soll übrigens angeblich 10.000 € betragen haben.

Tipp vom Anwalt: Das Sonderziehungsrecht beträgt derzeit 1,2211 €/kg (vgl. http://szr.wechselkurseuro.com/, Stand 24.11.2018). Da es für den Wert auf den Tag der Verkündung des letztinstanzlichen Urteils ankommt, kann eine Verfahrensbeschleunigung oder -verzögerung im Einzelfall ihre Forderung erhöhen!

Auch Container, Paletten und Transportgestelle ausnehmen

Der BGH hat mit dieser neuen Entscheidung zum einen klargestellt, dass die Haftungsbegrenzung Art. 23 Ziff 3 CMR auch im Falle des Teilverlusts anwendbar ist und zum anderen, dass das Gewicht unbeschädigt gebliebener Verpackungs- und Lademittel bei Ermittlung der Haftungshöchstsumme u.U. nicht einzurechnen ist. Die BGH-Richter stützen dies zurecht auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot. Die Entscheidung gilt auch andere Verpackungs- und Lademittel, wie Container, Paletten und Transportgestelle, wenn sie als selbständiger Teil der Sendung anzusehen sind.

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Auf Ladungssicherheit und Beförderungssicherheit achten

Urteil für Schwer- und Sondertransporte

Folgende zwei Entscheidungen aus den Bereichen Schwer- bzw. Sondertransporte sowie Lebensmitteltransporte zeigen dies eindeutig: Das OLG Bamberg (Az.: 3 U 2/13) hatte sich am 09.04.2014 mit einem Schwertransport eines 46,60 Meter langen und 50 Tonnen schweren Brückenträgers zu befassen, den der Fuhrunternehmer erst auf der Baustelle abgelehnt hatte, weil der vom Absender angebotene Transportbock zur Fixierung des Stahlträgers auf seinem LKW nach Ansicht des Fahrers ungeeignet war. Mit seiner Schadensersatzklage wegen der Bauverzögerung landete der Absender dann eine Bauchlandung: „Es ist gem. § 412 I 1 HGB Sache des Absenders für eine beförderungssichere Verladung zu sorgen“, wiederholten die Richter das Grundprinzip der Ladungssicherheit in ihrem Urteil. Zwar habe der Fuhrunternehmer bei Schwerlasttransporten Hinweispflichten im Vorfeld auf erkennbare Mängel der Beförderungssicherheit hinzuweisen, doch müssen diese ihm dann als Nichtwarenfachmann auch ins Auge springen.

Koordinationspflichdt bei Spezialfrachten

Bei Spezialfrachten (50 t Last) und schwierigen Transportbedingungen (gebogene Träger) gibt es zwar eine Koordinationspflicht des Fuhrunternehmers für die Kompatibilität zwischen Transportmitteln und Transportfahrzeug zu sorgen. Für die Kompatibilität zwischen Transportmittel und Transportgut hat der Fuhrunternehmer aber nicht zu sorgen, betonten die Richter aus Mittelfranken. Und weil sie die Transportböcke als Verpackung im Sinne von § 411 HGB einstuften, sahen sie die Verantwortung für die fehlende Beförderungssicherheit alleine beim Kläger und wiesen dessen Klage ab. Praxistipp: Daher nicht nur bei Sondertransporten im Vorfeld des Transportauftrages eingereichte Unterlagen des Absenders über Transportgut und -mittel auf evidente Fehler der Kompatibilität zwischen Transportfahrzeug und -mittel prüfen.

Frachtführer zivilrechtlich nur für Betriebssichereit des LKWs verantwortlich

Kürzlich wurde eine Entscheidung des OLG Köln vom 20.03.2012 (Az.: 3 U 2/11) zur Beförderungssicherheit bekannt, die einmal mehr den Grundsatz betont, dass der Frachtführer grds. nur für die Betriebssicherheit, der Absender aber für die Beförderungssicherheit des Gutes verantwortlich ist. Nach der Entscheidung musste ein Frachtführer für die Beschädigung von Lebensmittelkonserven in Dosen und Gläsern folglich nicht haften, weil der Absender als Warenspezialist das zu transportierende Gut nicht so gestaut und befestigt hatte, dass es nicht durch eine normale, vertragskonforme beförderungsbedingte Einflüsse geschädigt wird. „Die (…) Stauung der Trays mit den Konservengläsern und der Palette mit Fischkonserven barg die Gefahr, dass durch die vorhandene Staulücken innerhalb der Stapelung und die vorhandene Abtreppung nach hinten Bewegungsspielräume vorhanden waren, die bei entsprechenden Transportbewegungen, mit denen insbesondere auf dem Seetransport gerechnet werden musste (Rollbewegungen), aber auch bei Kurvenfahrten des Lkw, zu einer Verschiebung von Ladungsteilen führen konnte.

Auf Stauweise achten

Aufgrund der Stauweise erfolgte keine Entkopplung des Druckes bei seitlicher Krafteinwirkung/Gewichtsverlagerungen, wie
sie bei Kurvenfahren oder Rollbewegungen des Schiffes auftreten können“, schrieb das Gericht dem Kläger ins Stammbuch und wies seine Klage ab.

Praxishinweis: Die Stappelung von Papptrays, die an der Seite mit offener Folie versehen sind, ist nicht beförderungssicher! Um Ärger im Nachhinein zu vermeiden den Absender darauf hinweisen, dass er die Ware anders verpacken muss. Bei fehlender Einsicht des Absenders den Vorgang sauber dokumentieren.

Hinweise an Fahrer an Warenumschlagplätzen

Das OLG Köln hat im letzten Jahr zudem eine Entscheidung getroffen, die Frachtführer und Spediteure aufhorchen lässt (OLG Köln vom 05.09.2014, Az.: 3 U 15/14) und Anlass gibt, Ihre an die Fahrer auszusprechenden Weisungen bei Anfahrten von Warenumschlagsplätzen zu überprüfen. Was war geschehen? Eine Kette unglücklicher Umstände: Das nach Saudi-Arabien abzuliefernde Transportgut (Luftkanonenteile) war vom Fahrer der Spedition im Umschlaglager entgegen des vorhandenen Hinweisschildes an einer falschen Stelle abgestellt worden und gelangte über den Seeweg dann irrig nach Indien. Ein für Indien bestimmtes Gut hingegen reiste ebenfalls über See zu den Saudis. Die Verwechslung war zuvor im Warenumschlaglager der Beklagten nicht aufgefallen, denn an bei beiden Sendungen fehlte die Markierung (sog. LOT-Nummer). Und weil beide Transportgüter annähernd gleich schwer waren, wurde die Verwechslung von den Mitarbeitern des Umschlagunternehmens nicht entdeckt, obwohl der Fuhrunternehmer zuvor noch per EMail darum gebeten hatte, die Markierung am Container nachzuholen. Der Fehler hätte aber entdeckt werden können, wenn Anlieferungsquittung und -schein koch zusätzlich kontrolliert worden wären, weil die die LOT-Nummer enthielten, denen der Destinationsort eindeutig zu entnehmen ist. Der Rücktransport, jeweils über den Luftweg, war immens teuer.

Regress des Frachtführers gegen Umschlagbetrieb

Der Regress des Frachtführers gegen den Umschlagbetrieb war nicht erfolgreich [Fall vom Autor aus redaktionellen Gründen leicht modifiziert]. „Es stellt keinen Organisationsmangel dar, dass die LOT-Nummern, welche die Destination zweifelsfrei erkennen lassen, nicht auf der Ware selbst vermerkt sind. (…) Es stellt auch keinen Organisationsmangel (des Umschlagbetriebes) dar, dass die Frachtstücke weder vor der Ablage in den Lagerhallen noch vor der späteren Verladung in den Container nochmals auf die Korrektheit der Zuordnung überprüft werden. Solcher Überprüfung bedarf es nicht, weil bei Eingang der Ware anhand einer korrekten Markierung und der Papiere eine Zuordnung zu den einzelnen Häfen zweifelsfrei möglich ist. Vor Verladung in den Container ist eine Verwechslung dadurch ausgeschlossen, dass zuvor eine räumlich deutlich getrennte Aufbewahrung der Güter sichergestellt ist (…)“

 

Praxishinweis: Auch wenn die Entscheidung hier sicher einen Einzelfall abbildet, gibt sie doch Anlass den Fahrern einzuschärfen, dass die Transportware an der richtigen Stelle abgestellt werden muss und im Zweifel bei den Mitarbeitern des Umschlagbetriebes Rücksprache genommen werden muss.

Fehlende Verwertungsbereitschaft löst nicht Einstandsgemeinschaft

Kein Pflegekostenersatz vor Verwertung des Hausgrundstücks

Bis das der Tod Euch scheidet? Das Gericht hatte über den Fall einer 58-jährigen pflegebedürftigen Thailänderin und ihres Ehemannes zu entscheiden, der Ersatz für seine Pflegekosten seiner Frau vom Staat erhalten wollte, dessen Antrag aber abgelehnt wurde, weil er noch ein ca. 700 m² großes Hausgrundstück mit einem Restwert von fast 80.000 € nach Abzug der Schulden in seinem Eigentum hielt (OVG Nordrhein-Westfalen vom 09.11.2018, Az.: 12 A 3076/15).

Unzumutbare Härte der Verwertung

Der Mann meinte vergebens, die Verwertung des Hausgrundstücks sei für ihn eine unzumutbare Härte, weil er von seiner an paranoider Schizophrenie erkrankten Ehefrau getrennt leben und sein Vermögen nicht für sie einsetzen wolle. Die Einstandsgemeinschaft war durch diese Umstände aber nicht gelöst, so die Richter.

Verschwiegende Einkünfte

Amüsantes Detail am Rande: Der Mann war zuvor mit der Behörde aneinander geraten, weil er angeblich Einkünfte aus dem Import von Schrumpfköpfen aus den USA verschwiegen hatte.

Tipp vom Anwalt: Bis zu Verwertung können Sie Ersatz der Pflegekosten als Darlehen beantragen und dann ggf. auf Zeit spielen.

Schadensersatz wegen Nichtaufklärung über Sozialbindung einer Wohnung

Sozialbindung als Rechtsmangel

Ein Verkäufer hat seinen Käufer darüber aufzuklären, wenn eine Wohnung wegen der Förderung aus öffentlichen Mitteln der Sozialbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) unterliegt. Diese Bindung hat zur Folge , dass eine Kostenmiete zu ermitteln ist und grds. nur Mieter mit Berechtigungsschein eine derartige Wohnung bekommen dürfen. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 14.09.2018 klargestellt (Az.: V ZR 165/17).

Wohnungsbindungsgesetz schränkt Eigentumsfreiheit ein

Die Sozialbindung kann nämlich einen Rechtsmangel i.S.d. § 435 BGB darstellen und ist bei Verschweigen von den engen Haftungsausschlüssen für Mietsachmängel nicht ausgeschlossen. Denn solche Haftungsausschlüsse werden jedenfalls bei arglistigem Verschweigen unwirksam sein. Dann kommt es nicht mehr darauf ankäme, ob zwischen der Täuschung und der Kaufabsicht ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.

Ansprüche rechtzeitig geltend machen

Freilich muss der Käufer dann seine Ansprüche rechtzeitig in der dreijährigen Verjährungsfrist geltend machen, Diese beginnt zum Jahresende des Jahres, indem der Käufer Kenntnis von der Sozialbindung erhält. Dies kann etwa  durch ein Informationsschreiben der zuständigen Kommune erfolgen.

Tipp vom Anwalt: Lesen Sie daher Schreiben der Kommunen betreffend ihre Mietwohnung sorgfältig und holen Sie sich im Zweifel anwaltliche Beratung ein.

Hier geht es zu unserem Ressort WEG-Recht

Kein Wegeunfall bei Homeoffice

Lücken im Unfallversicherungsschutz bei Homeoffice

Homeoffice ist für viele Arbeitnehmer angenehm. Für kleine Selbständige, die ihr Startup vom Wohnzimmer aus starten, gibt es dazu oft gar keine andere Alternative. Das kann aber auch Nachteile haben, wie der folgende Fall des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen zeigt (LGS vom 26.09.2018, Az.: L 16 U 26/16).

Teleworking und anderes Arbeiten “in den eigenen vier Wänden”

Gegen Ende November hatte da eine für die Deutsche Rentenversicherung im Homeoffice mit Teleworking-Arbeitsplatz ausgestattete Dame Ihr Kind mit dem Fahrrad in den nahegelegenen Kindergarten gebracht. Auf dem Rückweg fiel sie vom Fahrrad und zog sich einen Verrenkungsbruch des rechten Ellenbogens zu.

Erstattungsstreit nach §§ 102 ff SGB X

Dass der Fall überhaupt vor Gericht landete lag daran, dass nun Krankenkasse und gesetzliche Unfallversicherung über die Erstattung der Krankenbehandlungskosten von fast 20.000 € und die Frage, wer denn nun der zuständige Sozialversicherungsträger sei, stritten.

Nach dem LSG lag kein Wegeunfall vor, da allein die Arbeit in der Wohnung dieser grundsätzlcih nicht den Charakter der häuslichen Lebenssphäre nimmt. Ein Betriebsweg sei der Weg zum Kindergarten aber nicht, weil dieser nichdt im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wurde. Das Bringen des Kindes war nach dem vorliegenden Sachverhalt hier auch nicht unterwartet notwendig geworden, um weiter die betriebliche Arbeit verrichten zu können, meinten die Richter.

Keine Diskriminierung von Zuhause Arbeitenden

Wer zuhause arbeitet, der setzt sich nicht den Verkehrsgefahren aus, die sich diejenigen Arbeitnehmer aussetzen, die jeden Morgen “zur Arbeit” gehen oder fahren, meinten die Richter. Der Kindergarten stelle auch keinen sogenannten “dritten Ort” da, weil sich die Frau dort nur wenige Minuten – und keine zwei Stunden – aufgehalten hatte.

Tipp vom Anwalt: Planen sie Aufenthalte an dritten Orten also zeitlich großzügig! Das kann den Unfallversicherungsschutz erhalten!

Mangels Weg i.S.v. § 8 SGB VIII fanden auch die durch das Gesetz über die Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten zur Erleicherung der Berufstätigkeit von Frauen ins SGB VIII gelangten Vorschriften, die bestimmte Um- oder Abwege in den Versicherungsschutz einbezogen, weder direkt noch analoge Anwendung.

Der Gesetzgeber ist nicht gehalten zur Förderung von Familie und Ehe jedwede den Versicherten günstige Regelung vorzusehen, betonten die Richter.

 

 

 

 

 

Polizisten spielten Gerichtsvollzieher

Wenn Polizisten gegen Rechtslage handeln

(Pm) Wer gegen die Polizei klagt, der steht oft auf verlorenen Posten. Einen echten Erfolg konnten Entgegen ein Arzt mit seinem Anwalt von der Kanzlei Niggl, Lamprecht und Kollegen vorm Verwaltungsgericht Würzburg erzielen gegen mehrere Polizeibeamte, die ihre Pflichten massiv verletzt hatten und gegen die klare Rechtslage – trotz mehrfacher anwaltlicher Belehrung – handelten. Die Männer müssen sich auch Dienstaufsichtsbeschwerden stellen. Es ist auch damit zu rechnen, dass die Strafanzeigen gegen die Polizisten demnächst wieder aufgenommen werden.

Hausarzt wurde vom Vermieter gekündigt

Was war passiert? Ein Hausarzt aus dem Landkreis Würzburg war mit seiner Vermieterin in Streit geraten und die hatte ihm den Gewerbemietvertrag gekündigt – freilich ohne Räumungsklage zu erheben. Nachdem die dem Mieter gesetzte Frist abgelaufen war, erstattete die Frau Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und die anrückenden Polizisten erteilten dem aus allen Wolken fallenden Mieter einen Platzverweis. Ob sie zudem noch die Ingewahrsamnahme und Zwangsmittel androhten ist streitig. Die Praxisschlüssel kassierten die Beamten der PI Würzburg-Land auch ein.

Polizei ergriff polizeiliche Maßnahmen ohne Räumungstitel

Der am anderen Tag bei der PI und der Polizeidirektion anrufende Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur stieß mit dem Argument auf taube Ohren die Polizisten dürften ohne Räumungsurteil gar nicht so agieren und quasi Gerichtsvollzieher ohne Urteil spielen. Zurecht. Wie das VG Würzburg jetzt in einem Hinweis in der mündlichen Verhandlung diesen Monat betonte: „Es gibt schon Gerichtsentscheidungen des Reichsgerichts, die das so klarstellen!“

Platzverweise und Sicherstellung rechtswidrig

Somit sei auch der am Folgetag erteilte Platzverweis und die Sicherstellung der Schlüssel rechtswidrig und verletzten den klagenden Hausarzt in seinen Rechten.

Polizist warf Anwaltsschreiben in Papierkorb

Für Stirnrunzeln auf der Richterbank sorgte, dass der als Zeuge aussagende Polizist zugab, Faxe des Anwaltes Richter im Vorfeld weggeworfen zu haben. Ob dies bereits den Verdacht der Urkundenunterdrückung darstellt und die Akte frisiert wurde, bleibt zu prüfen.

Polizeipräsidium verweigerte Entschuldigung

Von der Beklagtenvertreterin des Polizeipräsidiums Unterfranken kam jedenfalls keine Entschuldigung, sondern sie beantragte Klagabweisung. Der Folgetermin Am Verwaltungsgericht Würzburg ist der 25.01.19, 12:45 Uhr.

Sozialleistungen für Ausländer

Sozialhilfe für illegal eingereiste Ausländer?

Dem Anspruch auf Hartz IV von eingereisten Ausländern ohne Aufenthaltstitel steht in der Regel zunächst der Leistungsausschluss  nach § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II in entgegen. Für die ersten drei Monate des Aufenthalts in Deutschland gibt es also kein Hartz IV.

Sozialhilfe gegebenenfalls nach Ermessen

Von den Leistungen nach dem SGB XII sind sie aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. In Betracht kommen nämlich Ermessensleistungen nach § 23 Abs 1 Satz 3 SGB XII durch das Sozialamt, wenn Hilfebedürftigkeit des Ausländers besteht und wenn ein geduldeter und deshalb verfestigter Aufenthalts in Deutschland nach Ablauf von sechs Monaten seit der Einreise vorliegt.  Zudem kommt bereits im Einzelfall früher Ermessensreduzierung auf Null in Betracht kommt (so Bundessozialgericht, Az.: B 14 AS 32/17 R).

hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Besserverdienende Schwangere bleibt von Krankenversicherungsbeiträgen verschont

Weil sie die Jahresarbeitsentgeldgrenze überschritten hatte (2018: 59.400 €), führte die GKV eine schwangere Dame nur noch als freiwilliges Mitglied und informierte sie über ihre Austrittsmöglichkeit nach § 191 i.V.m. § 175 IV SGB V innerhalb von zwei Wochen, die diese aber nicht wahr nahm.

Ihre Klage auf Feststellung des Status als beitragsfreies Mitglied, Aufhebung der Bescheide, die ihren Beitrag festsetzten und gegen die Erstattung von Beiträgen hatte kürzlich vorm dem Bundessozialgericht Erfolg (BSG vom 07.06.2018,  Az.: B 12 KR 8/16 R). Denn die recht gut verdienende Dame drang mit dem Argument durch, dass sie im Folgejahr aufgrund des Mutterschutzes wieder unter die Jahresarbeitsentgeldgrenze fallen würde und so § 6 IV S. 2 SGB V ihre Versicherungspflicht ausnahmsweise fortbestehe. Weil sie dann eben ein pflichtversichertes Mitglied sei und damit gem. § 224 SGB V, wie auch während ihrer dreijährigen Elternzeit, beitragsfrei, , bekam sie Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von mehreren Tausend

Behindertenbedingter Mehrbedarf erst mit Bescheidvorlage

Im Falle einer rückwirkenden Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens “G” gibt es den behinderungsbedingten Mehrbedarf (17 % gem. § 30 I SGB XII) erst mit Vorlage des Bescheides beim Versorgungsamt. Dies entspreche dem Gegenwärtigkeitsprinzip im Sozialrecht entschied kürzlich das Bundessozialgericht (BSG vom 25.04.2018, Az.: B 8 SO 25/16 R).

Familiengeldstreit aus Sicht der Hartz IV-Empfänger

Widerspruch gegen Anrechnung des Familiengeldes

Der Streit um das Familiengeld zwischen dem Bundesland Bayern und dem Bund eskaliert. Während das Bundessozialministerium dem Freistaat nun die Auszahlung jeweils 250 €/Kind verweigern möchte, bleiben die Betroffenen noch mit vielen offenen Fragen zurück. Lesen Sie hier zu unseren Rechtstipp:

Widerspruch einlegen

Hartz IV-Bescheide, in denen die Anrechnung des Familiengeldes – das ab September das bisherige Betreuungsgeld ersetzt – bereits vorgenommen wird, sollten Betroffene mit dem Widerspruch angreifen, obwohl diese Bescheide wohl voraussichtlich rechtmäßig sind. Dies ist gleichwohl sinnvoll, da eine Änderung des Bundesgesetzes demnächst erfolgen könnte und der Eintritt der Bestandskraft Ihres Verwaltungsaktes verhindert werden sollte. Zudem haben Sozialgerichte dazu noch nicht entschieden.

Tipp vom Anwalt: Bei vorläufigen Bescheiden  beantragen Sie zeitnah den Erlass eines endgültigen VAs Und legen Widerspruch ein!

Erfolg später ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wegen dem ausgezahlten Familiengeld sollten Sie gegen diesen auf jeden Fall auch mit dem Widerspruch vorgehen, weil die SGB II- Regelleistung von Ihnen vor den Hintergrund der Aussagen der bayerischen Sozialministerin wohl gutgläubig verbraucht wurde. Wenn schon die Sozialministerin Schreyer sich auf den Standpunkt stellt, dass das bayerische Familiengeld nicht anrechenbar ist, wird man von einem Hartz IV-Empfänger wohl nicht  erwarten können, dass er die Worte der CSU- Ministerin als Wahlkampfgeplauder durchschaut.

 

Ein neues Rechtsgutachten der bayerischen Staatsregierung besagt übrigens, dass eine Anrechnung rechtswidrig ist. Es verwundert nicht, weil wie kann es sein, dass in einem Gebiet von Bayern eine Anrechnung erfolgt, nur weil es keine Optionskommune ist, im anderen schon. Die Zeiten des Landrechts sind doch eigentlich schon überwunden! Hartz IV-Empfänger dürfen nicht allein wegen ihrer aktuellen geographischen Herkunft benachteiligt werden. Gesetze müssen einheitlich angewendet werden und es hat das Meistbegünstigungsprinzip zu gelten!

Gute Erfolgsaussichten für Klagen und Widersprüche

Das Sozialgericht Würzburg hat kürzlich für die Klage einer Hartz IV-Empfängerin gegen die Anrechnung des Familiengeldes Prozesskostenhilfe bewilligt, was bedeutet, dass es gute Erfolgsaussichten der Klage sieht. Einige Jobcenter bitten bereits die Hartz IV-Empfänger einem Ruhen der Widerspruchsverfahren zuzustimmen bis eine Entscheidung des BSG vorliegt, was bedeutet, dass sie sich mittlerweile selber sehr unsicher sind über die Rechtmäßigkeit der Anrechnung.

Update wegen neuem BSG-Urteil: Abschlagsfreie Altersrente für langjährig Beschäftigte

Abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte

Ein 63-Jähriger Mann hatte mit seiner Entscheidung nach Altersteilzeitarbeit eine Altersrente mit einem Abschlag von 10,8 % zu wählen so richtig danebengelangt. Denn rund acht Monate später hatte die GroKo im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes die abschlagsfreie Rente für langjährig Versicherte mit 45 Beitragsjahren eingeführt.

Tipp vom Anwalt: Die 45-jährige Wartezeit kann ausnahmsweise auch  durch Zeiten der Arbeitslosigkeit erfüllt werden, sofern diese vor dem 01.07.2014 liegen! Dies hat das Bundessozialgericht kürzlich klargestellt, letzteres gilt für die letzten beiden Beitragsjahre vor dem Renteneintritt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber insolvent wurde oder seine Geschäftstätigkeit vollständig eingestellt hat. Wird hingegen nur eine Niederlassung geschlossen und der Arbeitnehmer in dem Zuge gekündigt, wird nicht die gesamte Betriebstätigkeit eingestellt. Das musste ein Außendienstmitarbeiter eines bundesweit tätigen Bildungsdienstleisters kürzlich erfahren (BSG vom 28.06.2018, Az.: B 5 R 25/17 R)

Wechsel der Rentenart schwierig

Kein Problem, dachte sich der Mann und beantragte nun diese. Damit biss er aber auf Granit bei der Deutschen Rentenversicherung, die ihn an den bestandskräftigen Bescheid erinnerte und an den Umstand, dass der Wechsel von einer Rentenart in die nächste außerhalb des § 300 SGB VI grundsätzlcih ausgeschlossen ist.

Nicht mit mir”, dachte sich der Mann wiederum und ließ nach erfolglosem Widerspruch zunächst Klage beim Sozialgericht Augsburg und dann Berufung beim Landessozialgericht einlegen. Der Mann landete zweimal eine böse Bauchlandung.

Verschiedene Renten wegen Alter

Lesen Sie den § 34 IV SGB VI, schrieben die Sozialrichter dem Kläger in Stammbuch, der den Wechsel von einer in die andere Rentenart wegen Alters in eine andere Rente wegen Alters nach bestandskräftigem Rentenbescheid ausschließe. Der keilte durchaus bauernschlau zurück: “Nein! Die abschlagsfreie Rente ist keine andere Rentenart! Lediglich der Abschlag ist angepasst worden!”

Unterschiedliches Inkrafttreten und Berechnung des Zugangsfaktors

Damit sorgte er aber nur für Kopfschütteln auf der Richterbank, die ihm entgegenhielten, dass es sich bei der Rente nach § 236b SGB V selbstverständlich um eine andere Altersrente handle, da neben anderer Rechtsgrundlage u.a auch eine andere Berechnung des Zugangsfaktors geregelt worden sei. Unterschiede gäbe es auch beim Inkrafttreten der Regelungen.

Hinweis vom Anwalt: Eventuell bestehende Beitragslücken nachträglich durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge zu schließen ist gemäß dem LSG Baden-Württemberg (Az.: L 10 R 2182/16) nach Ablauf der Zahlungsfrist hierfür nicht möglich, wenn nicht ausnahmsweise ein besonderer Härtefall vorliegt.

Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung

Verfassungswidrig sei diese Regelung keinesfalls, so die Sozialrichter. Die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung seien zu stabilisieren und die Funktionsfähigkeit des Systems zu gewährleisten. Dem würde entgegenstehen, wenn Rentner einfach so von einer Rentenart in die andere wechseln könnten.

Dieses Urteil wurde Ihnen vorgestellt von dem in Würzburg und Schweinfurt im Sozial- und Rentenversicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur.

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Hast Du mal ne´ Wohnung für nen´ Euro??

Zahlung des Jobcenters ließ Vermieterkündigung platzen

Ein Euro-Jobs kennen wir mittlerweile. Ein-Euro-Mietwohnungen sind in Zeiten explodierender Mietpreise eher ungewöhnlich. In diesem BGH-Fall vom 15.05.2018 (Az.: VIII ZR 150/17), vorgestellt von dem im Mietrecht tätigen Rechtsanwalt Christopher Richter, ging es um dieses etwas sonderbar anmutende Mietkonstrukt.

Dingliches Wohnrecht wurde wieder aufgehoben

Der frühere Eigentümer hatte sein Vierfamilienhaus gegen Vereinbarung eines unentgeltlichen dinglichen Wohnrecht an einer Dachgeschosswohnung für die Dauer von fünf Jahren zu einem mittleren sechsstelligen Kaufpreis an den jetzigen Vermieter übertragen. Später wurde das Wohnrecht aufgehoben und ein Mietvertrag zu einer symbolischen Miete von einem Euro sowie einer Nebenkostenvorauszahlung von 220€/Monat bei einem fünfjährigen Kündigungsausschluss vereinbart.

Kündigung wegen Mietrückständen

Als der Mieter drei Monatsmieten und Vorauszahlungen in Rückstand geriet, kündigte der Vermieter außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich gem. § 573 II Nr. 1 BGB. Mit seiner späteren Räumungsklage war er zunächst erfolgreich, bis das Oberlandesgericht und der BGH ihm die Suppe versalzten.

Objektiver Mietwert höher als 1 Euro

Die ordentliche Kündigung war vom Tisch, weil diese Kündigung vertraglich ausgeschlossen war. Zwar war der Mieter unstreitig mit mehr als zwei Monatsmieten über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten im Rückstand, jedoch läge nach Ansicht der Richter der höheren Instanzen ein atypischer Fall vor, der so von § 543 II 1 Nr. 3 i.V.m. § 569 III Nr. 1 BGB nicht vorgesehen sei. Denn vorliegend habe die Nettomiete von einem Euro lediglich symbolische Bedeutung und bilde nicht den objektiven Mietwert der Wohnung ab, der bei mindestens 900 € läge. Demnach erreiche der Zahlungsrückstand von 663€ nicht mal die Höhe einer objektiven Nettomonatsmiete.

Übernahmeerklärung für Mietschulden

Letztendlich hat aber die Übernehmeerklärung der Mietschulden durch die Stadt Frankfurt der außerordentlichen Kündigung den Boden entzogen, wie die BGH-Richter in einem Hinweisbeschluss klarstellten. Der Vermieter nahm daraufhin die Revision zurück.

Tipp vom Anwalt: Bevor Sie solche abenteuerlichen Konstruktionen in Mietverträgen wählen, lassen Sie sich besser zuvor umfassend rechtlich beraten!

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Auf die tatsächliche Mietfläche kommt es an

Miete und Nebenkosten bei kleinerem Wohnraum

So können Sie Geld sparen!

Nicht selten enthalten Mietverträge Formulierungen, wie „Die Wohnfläche ist mit … m² vereinbart“ oder „Die Wohnfläche beträgt ca. … m².“

Ist nun die Wohnfläche kleiner, als vereinbart, können Sie nicht nur u.U. die Miete mindern, sondern – wenn Nebenkosten, wie üblich, ganz oder teilweise nach der Wohnfläche umgelegt werden, darf Ihr Vermieter nur die tatsächlich vorhandenen Quadratmeter als Berechnungsgrundlage zugrunde legen. Dies gilt nach einer neueren BGH-Entscheidung auch bei einer preisgebundenen Wohnung gem. § 20 II NMV.

Tipp vom Anwalt: Erheben Sie rechtzeitig Einwand gegen eine Nebenkostenabrechnung, die eine zu große Wohnfläche für Ihre Wohnung ansetzt und behalten Sie einen nachvollziehbaren Betrag von der nächsten Nebenkostenvorauszahlung ein. Ggf. muss Ihre Nebenkostenvorauszahlung sogar nach unten angepasst werden! Lesen Sie hier mehr zu den häufigsten Fehlern in Betriebskostenabrechnungen.

Verteilungsgerechtigkeit im Betriebskostenrecht

Dies hat der Bundesgerichtshof kürzlich in seinem Urteil vom 30.05.2018 (Az.: VIII ZR 220/17) klargestellt. Dabei ging es aber um den umgekehrten Fall, dass ein Mieter auf einer größeren als in dem aus dem Jahr 1984 stammenden Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche wohnte, wobei der Vermieter dann zurecht nach dem größeren tatsächlichen Wohnwert abrechnen durfte. Die Berechnung die der Mieter  anhand der vertraglich vereinbarten Wohnfläche vornahm, verwarf der BGH – genau wie seine Aufrechnung gegen die Miete mit einem behaupteten Guthaben aus Betriebskosten. Der Vermieter der seine Mietforderung zunächst über das Mahnverfahren und schließlich vor dem Amtsgericht verfolgte, war letztendlich über drei Instanzen erfolgreich.

Beschaffenheitsvereinbarungen sind subjektive Elemente

Das folgte aus dem Prinzip der größtmöglichen Verteilungsgerechtigkeit im Betriebskostenrecht. Es laufe hier nach objektiven Maßstäben;  subjektive Elemente, wie vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarungen,  sind hier auszublenden. Etwas anderes folge auch nicht aus § 7 HeizkostenV, die verschiedene Abrechnungsmöglichkeiten erlaube.

Tipp vom Anwalt: Die Bestimmung der tatsächlichen Wohnfläche ist gar nicht so einfach, wenn etwa Dachschrägen, Balkone oder Wintergarten vorhanden sind. Lesen Sie hier diese interessante Entscheidung

Im Spannungsfeld wischen einer interessensgerechten Verteilung von Bettriebskosten und der Verteilungsgerechtigkeit, ist nunmehr klargestellt, dass auf die tatsächliche Mietfläche abzustellen ist.

Tipp vom Anwalt: Es ist zudem unzulässig, wenn der Vermieter Leerstände aus der Gesamtwohnfläche herausrechnet. Diese gehen zu seinen Lasten.

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Vermieter klagte wegen Schimmel, Rost und Kalkablagerungen

Vermieterfreundliche Entscheidung gegen  Chaos-Mietern

Der BGH hat kürzlich entschieden, dass ein Vermieter nach dem Auszug sofort Schadensersatz von seinem Mieter verlangen kann , wenn dieser die Mietwohnung beschädigt hat. Eine Frist zur Beseitigung muss nicht gesetzt werden (Az.: VIII ZR 157/17). Der Mieter darf die Wohnung also in jedem Zustand zurückgeben und der Vermieter hat die Wahl, ob er Schadensersatz verlangt, um Fachfirmen zur Mängelbeseitigung zu beauftragen – oder das Geld einfach einzustreichen – beziehungsweise dem Mieter noch eine Chance gibt die Schäden zu beseitigen.

Mieter hatte Mietwohnung beschädigt

Was der Mieter aus Hohenroht (Landkreis Rhön-Grabfeld) konkret angestellt hatte, war der breiten Öffentlichkeit bisher nicht bekannt gegeben worden. Der im Mietrecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur. hat sich daher die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts Bad Neustadt a.d. Saale besorgt (Az.: 1 C 471/12) und stellt Ihnen die wichtigen Details des Falls vor.

Schimmelbildung, beschädigte Einbauküche und Rostschäden

Nach einem über achtjährigen Mietverhältnis trennten sich Vermieter und Mieter zunächst einvernehmlich, ca. drei Wochen nach Vertragsende war die Wohnungsübergabe. Streit gab es rasch über den Zustand der 15 Jahre alten Einbauküche, einen rostbesetzten Spiegelschrank, die Toilettenbrille und den Spülkasten, eine beschädigte Steckdose, Abplatzungen an der Heizung in der Küche und vorallem um Schimmelpilzbildungen im Wohnzimmer, den beiden Kinderzimmern, dem Schlafzimmer und dem Bad.

Selbständiges Beweisverfahren vor Wohnungsübergabe

Bereits vor der Wohnungsübergabe hatte der Vermieter über seinen Anwalt Dr. Martin ein selbständiges Beweisverfahren angestoßen, wobei es aber über  fünf Monate dauerte, bis es zum ersten Ortstermin kam. Die Gutachterin kam zum Ergebnis, dass ein fehlerhaftes Heiz- und Lüftungsverhalten die maßgebliche Ursache für die Schimmelbildung war.

Mietausfall und Schimmelbeseitigungskosten

Nochmal drei Monate dauerte es bis der Vermieter den Mieter zur Schadensersatzzahlung von stolzen 15.675,95 € aufforderte, darunter auch einen stattlichen Betrag für Mietausfallschaden. Der Anwalt der Mieterseite, Manfred Schneider, konnte nicht mit seiner Behauptung durchdringen, dass der Schimmel Folge eines Baumangels sei. Sein Mandant musste hier letztlich 2.760 € an Schadensersatz leisten, wobei die Gutachterin darauf verzichtete eine Langzeitmessung durchzuführen.

Lebensdauer von Möbeln und Elektroteilen

Im Hinblick auf den Wert der Küche zog die Gutachterin die Lebensdauertabelle des Schweizer Mieterinnen- und Mieterverbands herbei, die eine maximale Lebensdauer von 15 Jahren für Möbel und zehn Jahre Jahre für Teile der Elektrogeräte veranschlagte. Das Gericht folgte dem später mit dem Hinweis, dass die Küche nur eine solche von mittlerer Qualität sei (beschichtete Spanplatten).

Schadensersatz für verschmutzten Spülkasten abgelehnt

Der Vermieter klagte schließlich auf 13.358 € ein samt 899,40 € für vorgerichtliche Anwaltskosten, wobei er letztlich nur ca. die Hälfte bekam, aber auch keine Erstattung der Rechtsanwaltskosten.  2.250 € bekam der Vermieter letztlich als Mietausfallschaden zugesprochen. Auf die Nase fiel er hingegen mit seinm Ziel des Schadensersatzes für den verschmutzten Spülkasten, da dieser wegen bereits vorhandener Verfärbungen aufgrund UV-Einstrahlung nach Ansicht des Richters Rauh ohnehin wertlos war. Am kaputten Toilettensitz konnten die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt werden; bezüglich des Spiegelschranks war die Lebensdauer bereits überschritten.

Schadensersatz für verkalkte Armaturen

Weil das Wasser in Hohenroht einen niedrigen Härtegrad hat, kam die Gutachterin zur Festellung – der sich das Gericht anschloß – dass die stark verkalkten Armaturen auf unsachgemäßen Gebrauch zurückzuführen sei und hier unter Berücksichtigung der Lebensdauer von 20 Jahren ein Schadensersatz von 61 € zu leisten sei. Im Hinblick auf die defekte Steckdose war nicht mehr aufzuklären, ob diese bereits bei Einzug vorhanden war. Beim rostbefallenen Heizkörper sprach das Gericht dem Vermieter ebenfalls einen Schadensersatzanspruch (100 €) ohne den Abzug alt für neu zu, weil ein Heizkörper keinem Verschleiss unterliege.

Aufrechnung mit Kosten für Gasinspektion und Spülmaschinenreparatur

Weil der Vermieter es versäumt hatte dem Mieter die Übernahme von Schönheitsreperaturen aufzubürden, konnte Letzterer aber noch mit Rechnungen für eine Gasinspektion und eine Spülmaschinenreperatur aufrechnen.

Tipp vom Anwalt: Vereinbaren Sie daher immer bereits im Mietvertrag, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen tragen muss. Lassen Sie sich bei der nicht einfachen Formulierung hier von einem Profi im Mietrecht unterstützen und übernehmen Sie nicht vorschnell Vertragsmuster aus dem Internet.

Ersetzungsbefugnis des Vermieters

Weil das Landgericht Schweinfurt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hatte, stellten die Karlsruher Richter klar, dass der Vermieter dem Mieter keine Frist zur Schadensbeseitigung nach Entdeckung von Schäden setzen muss. Sie schrieben der Beklagtenseite folgendes ins Stammbuch: Durch diese Ersetzungsbefugnis  des Vermieters werden nicht nur Abwicklungsstreitigkeiten darüber vermieden, ob eine Schadensbeseitigung des Schädigers gelungen ist und vom Geschädigten als tauglich akzeptiert werden muss. Die Ersetzungsbefugnis sichert dem Geschädigten gerade auch das ihm zustehende Recht, sich bei Ausführung der Schadensbeseitigung ausschließlich an seinen eigenen Wiederherstellungsinteressen zu orientieren und sich nicht auf ein gegenläufiges Interesse des Schädigers etwa an einer möglichst kostengünstigen und deshalb in ihrer Tauglichkeit nicht ohne Weiteres zweifelsfreien Wiederherstelung einlassen zu müssen. Dementsprechend kann der Geschädigte seine Ersetzungsbefugnis grundsätzlich auch ohne Angabe von Gründen ausüben, muss sich für die getroffene Wahl also nicht rechtfertigen und sich auch sonst zu ihrer Umsetzung nicht mit dem Schädiger ins Benehmen setzen.

Dieser Betrag stellt keine Rechtberatung dar, sondern dient der Vorstellung der Rechtsberatungsdienstleistungen der Kanzlei Niggl, Lamprecht und Kollegen. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Ausführungen wird daher nicht gehaftet.

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Mietaufhebungsvertrag zum Nachteil des Untermieters kann sittenwidrig sein

Mietaufhebungsvertrag im Einzelfall sittenwidrig

Wer nur einen Untermietvertrag hat, ist gegenüber dem Vermieter des Hauptmieters in einer schwachen Position. Der BGH hatte sich  mit einem Fall zu beschäftigten, indem einem Verein  ein möglicherweise zeitlich befristetes Nutzungsrecht (strittig) von einem  GmbH als Hauptmieter über ein städtisches Grundstück überlassen wurde  (BGH vom 18.04.18, Az.: XII ZR 76/18).

Vermietung war Minus-Geschäft

Weil das Konstrukt jahrelang ein „Minus-Geschäft“ war, entschlossen sich die vermietende Stadt und die GmbH einen Mietaufhebungsvertrag zu schließen, wobei an den GmbH-Geschäftsführer – der zeitweise auch Vereinsvorsitzender war – ein Millionenbetrag als Abstandszahlung gegen Übertragung der GmbH-Anteile (sog. Share-Deal) erfolgte. Weil der Verein die Räumung des Geländes später jedoch verweigerte, landete der Fall schließlich doch vor Gericht. Gegen die Räumungsklage wehrte sich der Verein zudem mit einer Widerklage auf Feststellung, dass der ihn benachteiligende Mietaufhebungsvertrag sittenwidrig sei.

BGH: Mietaufhebungsvertrag war nicht sittenwidrig!

Letztlich verlor der Verein in doppelter Hisicht: Die Karlsruher Richter sahen die Räumungsklage als begründet an, weil dem Räumungsanspruch infolge des Mietaufhebungsvertrages kein  (Besitz)recht des Vereins am Mietobjekt entgegenstünde. Anders als die Vorinstanz erkannte der BGH keine Sittenwidrigkeit in dem Abschluss des Aufhebungsvertrages. Zum einen sei dessen Abschluss objektiv nachvollziehbar, weil das gewählte Konstrukt zum Betreiben einer Rennsportbahn mit dem Rennsportverein als durchführender Veranstalter ein Verlustgeschäft für die GmbH sei und der Verkauf des Geländes an den DFB der Stadt Frankfurt dagegen Millionen in die Taschen spielen würde.

Verleitung zum Vertragsbruch war folgenlos

Zum Zweiten führe auch die Millionenzahlung nicht zur Sittenwidrigkeit, weil  die hohe Schwelle für das mit einem besonderen Maß an Rücksichtlosigkeit praktizierte Verleitung eines Dritten zum Vertragsbruch nach Ansicht des BGH vorliegend nicht erreicht sei.

Millionenzahlung an ehemaligen GmbH-Geschäftsführer

Der Umstand, dass ein gezahlter Millionenbetrag an den mit dem Verein teilweise verflochtenen GmbH-Geschäftsführer ein „Geschmäckle“ haben könnte, wiesen die BGH-Richter zwar nicht zurück, jedoch sei ein “so verwerfliches Verhalten zum Nachteil des Vereins, das zur Sittenwidrigkeit des Mietaufhebungsvertrages führen musste”, nicht erkennbar. Schließlich habe der GmbH-Geschäftsführer aus seinem Privatvermögen größere Beträge aufgewendet den Mietgegenstand instandzuhalten und instandzu etzen. Hierfür sei die Zahlung auch eine Kompensation gewesen. Ein massives Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung liege daher nicht offensichtlich vor.

Tipp vom Anwalt: Wenn Sie einen Untermietvertrag abschließen, sollten Sie daher zum einen für einen bestimmten Zeitraum das Recht auf ordentliche Kündigung ausschließen und zum zweiten mit dem Vermieter des Hauptvermieters vereinbaren, dass sie das Recht zur Weiternutzung der Mietsache erhalten, wenn der Hauptmietvertrag beendet wird.

Dieser Beitrag dient der Präsentation der Rechtsberatungsdienstleistungen der Kanzlei am Theater und stellt keine Rechtsberatung dar. Für Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher nicht gehaftet. Haben Sie selber ein rechtliches Problem, lassen Sie sich bitte rechtlich beraten.

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Investor bekam Gewerbemieter nach Immobilienkauf nicht raus

Räumungsklage des Käufers wurde abgewiesen

Der Bundesgerichtshof hat eine gewerbemieterfreundliche Entscheidung getroffen und entschieden, dass der Erwerber einer vermieteten Gewerbeimmobilie vom Eigentümer, der mit dem Vermieter nicht personenidentisch ist, diesen auch nicht kündigen konnte.

Rechte von Gewerbemietern gestärkt

Der im Gewerbemietrecht tätige Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur. , stellt Ihnen diese interessante BGH-Entscheidung vom 12. 7. 2017  (Az.: XII ZR 26/16) vor, die den Schutz von Gewerbemietern stärkt.

Befristeter Mietvertrag ging mit über

Der Gewerbemieter hatte den vierten und fünften Stock eines größeren Geschäftshauses von einer GmbH auf mehrere Jahre zeitlich befristet gemietet. Diese GmbH vermietete die Geschäftseinheiten aufgrund einer Vereinbarung einer dieses Gebäude im Immobilienbestand haltenden anderen GmbH. Die Gewerbemieterin kannte den Eigentümerin gar nicht. Nachdem der Eigentümer allerdings die Gewerbeimmobilie veräußerte, wollte die neue Eigentümerin die Mieter loßwerden und kündigte das Gewerbemeitverhältnis ordentlich. In der 1. Instanz erfolgreich, weil das Landgericht der Räumungsklage stattgegeben hatte, da es meinte, der Mietvertrag sei mangels Personenidentität von Vermieter und früherem Eigentümer nicht mitübergegangen. Es sei ein neuer Mietvertrag zustandegekommen, der aber das Schriftformgebot von § 550 BGB verletze.

Gewerbemietvertrag stand Räumungs- und Herausgabeanspruch entgegen

Bereits in der Berufung wurde die Entscheidung gekippt, die nunmehr auch vor dem BGH standhielt. Die Begründung: Dem Räumungsanspruch des neuen Eigentümers stand der über den Gewerbemietvertrag vermittelte Besitz entgegen.

Anders hier dieser Fall.

Im vorliegenden Fall war es nach den Karlsruher Richtern gerechtfertigt, die Mietverträge in entsprechender Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB so zu behandeln, als habe die veräußernde Eigentümerin die Räume vermietet. Denn der Schutz des Grundstückserwerbers vor einer Belastung seines Grundstücks mit einem Mietverhältnis, welches ihn zur Gebrauchsüberlassung verpflicht und an seiner Eigennutzung hindere, ohne dass er diese Belastung selbst eingegangen sei oder sie auf ihn zurückgehe, sei hier nicht bedroht.

Vermietung erfolgte auf Anweisung der Grundstückseigentümerin

Weil der Abschluss der Mietverträge durch die Vermieterin nur auf Anweisung der bisherigen Eigentümerin, die das Haus auch tatsächlich verwaltete, erfolgte, konnte hier ausnahmsweise der Mietvertrag auf die neue Erwerberin mitübergehen. Für dieses Ergebnis  sprach insbesondere eine  Zusatzvereinbarung zum Immobilienvertrag zwischen Verkäuferin und Erwerberin, nach der der Übergang der Gewerbemietverträge auf die Erwerberin gewünscht sei. Der Schutz der Erwerberin die bestimmenden Nebenabreden nicht zu kennen, scheidete daher aus.

Widerklage gegen neue Grundstückseigentümerin erfolgreich

So kam mangels Verletzung der Schriftform eine ordentliche Kündigung nicht in Betracht. Die klagende Erwerberin wurde widerklagend sogar noch  auf die Rückerstattung überzahlte Miete (wegen Mietminderung), Schadensersatz und die Instandsetzung des Lastenaufzugs verdonnert.
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Untermietvertrag läuft trotz Kündigung des Hauptvertrages weiter

Ausnahme bei gewerblicher Weitervermietung

Mit seiner Räumungsklage auf die Nase gefallen ist ein Neueigentümer eines Wohnblocks, den der Voreigentümer an einen Unternehmen vermietet hatte, das die Wohnungen dort seit den 60er-Jahren zu fairen Konditionen an seine Angestellten untervermietet hatte (BGH vom  17.01.2018, Az.: VIII ZR 241/16).

Normalerweise teilt Untermietvertrag Schicksal des Hauptmietvertrages

Bei Untervermietung ist es so, dass dieses Mietverhältnis grundsätzlich das Schicksal des Hauptmietvertrages teilt – fällt dieser weg, dann hat auch der Untermietvertrag keine Bestand mehr. Eine Ausnahme hiervon sieht der § 565 BGB vor, wenn nach dem Hauptvertrag eine gewerbliche Weitervermietung erfolgen soll.  Verereinbart der Zwischenmieters dann eine Wohnraummiete finden alle mieterschützenden Regelungen Anwendung.

Werkwohnung unterliegt Mieterschutzregeln

So ging es auch dem Neueigentümer, der zwar den Hauptmietvertrag beenden konnte und dann automatisch als neuer Vermieter in den Mietvertrag eintrat. Dass der Mieter mittlerweile gar nicht mehr Arbeitnehmer war, sondern bereits Pensionist, änderte nichts, weil er nach der Sozialregelung auch nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb die Wohnung weiternutzen durfte.

Bei Vermietung an eigene Arbeitnehmer wirtschaftliches Eigeninteresse

Anders als die Vorinstanzen sah der BGH den § 565 BGB direkt und nicht etwa nur entsprechend anwendbar. Selbstverständlich habe der neue Eigentümer als Rechtsnachfolger des ursprünglichen ein wirtschaftliches Eigeninteresse gehabt, denn die Vermietung an die eigenen Angestellten war ein Element der Mitarbeiterbindung.

Tipp vom Anwalt: Will  der Vermieter Sie als Untervermieter vor die Tür setzen, dann kann der § 565 BGB ein Hebel sein, dies zu verhindern. Lassen Sie sich daher im Einzelfall beraten!

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Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar, sondern dient ausschließlich der Präsentation der Rechtsberatungsangebote der Kanzlei Niggl, Lamprecht & Kollegen. Lassen Sie sich daher immer individuell rechtlich beraten. Kurze rechtliche Fragen beantworten wir telefonisch unter 0931/47085337 für Sie kostenfrei.

Hohe Sanierungskosten stehen Sanierungsbeschluss der WEG nicht unbedingt entgegen

Schäden am Gemeinschaftseigentum

Weist das Gemeinschaftseigentum gravierende bauliche Mängel auf, die die zweckentsprechende Nutzung von Sonder- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen und ist eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich, dann können einzelne Wohnungseigentümer eine Sanierung gemäß § 21 Abs. 4 WEG a.F. verlangen. Das hat der für das WEG-Recht zuständige BGH-Senat kürzlich entscheiden (Urteil vom 4. Mai 2018 – V ZR 203/17). Nach neuerem Recht ist die Beschlussfassung in einem solchen Fall sogar noch einfacher geworden.

Gewerbeobjekte waren von Durchfeuchtung betroffen

Die Kläger waren Eigentümer und Vermieter dreier Teileigentumseinheiten in einem Altbau, die sie mit Gewerbemietverträgen an eine Naturheilpraxis, eine Künstler- und eine Kommunikationsagentur vermieteten. Weil die Wände Durchfeuchtungen aufwiesen, holten sie  Gutachten eines Ingenieurbüros und  eines Architekten ein, die ergaben, dass die  fehlende außenseitige Sockelabdichtung, eine fehlende Horizontalsperre und im Mauerwerk eingelagerte Salze die Ursache für diese Durchfeuchtung waren. In der Eigentümerversammlung wurde der Antrag  auf Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden jedoch gleichwohl abgelehnt.

Tipp vom Anwalt: Entstehen dem Sondereigentümer in so einem Fall aus dem Ablehnungsbeschluss (weitere) Schäden, dann können ihm die Gegner des begehrten Beschlusses u.U. auf Schadensersatz haften.

Anspruch auf Sanierung aus § 21 IV WEG a.F.

Dieser Ablehnungsbeschluss war rechtswidrig, wie die BGH-Richter  feststellten, weil weil die Kläger einen Anspruch auf die Sanierung des Gemeinschaftseigentums hatten, da dadurch ihr Sondereigentum beeinträchtigt wurde. Denn die Innen- und Außenwände der Teileigentumseinheiten waren massiv durchfeuchtet, wobei die Ursache in einer fehlenden Abdichtung des Gebäudes –  und damit im Gemeinschaftseigentum lagen.

Hohe Sanierungskosten nicht unbedingt Hindernis

Die Sanierung war den anderen WEG-Mitgliedern nach Meinung der Richter auch zuzumuten. Denn ist der Erhalt der Gebäudesubstanz gefährdet, muss saniert werden. Der Zustimmungsverpflichtung zum Beschluss stünden auch nicht die  mit 300.000 € bezifferten und somit recht hohen Sanierungskosten entgegen. Zumal im konkreten Fall auch nicht ersichtlich sei, dass diese Summe völlig außer Verhältnis zu dem erzielbaren Nutzen für die Gebäudesubstanz im Allgemeinen  stehen. Eine “Opfergrenze” für einzelne Wohnungseigentümer gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohnehin nicht.

Tipp vom Anwalt: Ob hohe Kosten einer Instandsetzung dazu führen können einzelne nichtzustimmende WEG-Mitglieder noch von einer Kostenbeteiligung auszunehmen sind, ist nach dem Inkraften des WEMoG, vgl.  § 21 II Nr. 1 WEG n.F. kaum mehr denkbar, wenn eine 2/3-Mehrheit für die Durchführung der Maßnahme gestimmt hat.

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Drittverfall nach Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot

Drittverfall bei Verstoß gegen Sonntagsfahrverbot

Einen Fall des Verstoßes gegen das Sonntagsfahrverbot hatte der BGH snach der Revision gegen das Ausgangsurteil des Amtsgerichts Nordhorn vom 21. Januar 2016 zu entschieden, das gegen den drittverfallsbeteiligten Spediteur aus Polen den Verfall eines Betrages von 2.300 Euro angeordnet hatte.

Internationaler Straßengüterverkehr

Ein Mitarbeiter der Spediteurin befuhr an einem Sonntagvormittag mit einem Fahrzeug nebst Auflieger die BAB 30 in Fahrtrichtung Niederlande. Er führte für die Spedition eine Transportfahrt von Polen über Deutschland nach Spanien durch. Bei einer Kontrolle konnte der Fahrer eine gültige Ausnahmegenehmigung für die Durchführung des Transports an einem Sonntag nicht vorlegen. Nach der Kontrolle und Erbringung einer Sicherheitsleistung setzte er die Fahrt zwar am selben Tag fort. Der Drittverfall in Höhe des Nettolohns von 2.300 € wurde angeordnet.

Einspruch gegen Bußgeldbescheid

Gegen den Bußgeldbescheid wehrte sich die Spediteurin zunächst mit dem Einspruch mit der Argumentation, dass der Transportlohn nur teilweise im Sinne des § 29a OWiG erlangt sei, und zwar entsprechend dem Anteil der Fahrtstrecke in der Bundesrepublik Deutschland an der Gesamtstrecke. Der Anwalt der Spedition trieb den Streit schließlich bis zum Bundesgerichtshof, indem er die Frage aufwarf: „Ist bei einem internationalen Transport, der unter Verstoß gegen deutsche Straßenverkehrsvorschriften, hier die Bestimmungen über das Sonn- und Feiertagsfahrverbot, durchgeführt worden ist, bei der Bestimmung des Erlangten i. S. des § 29a Abs. 1 OWiG auf den gesamten Transportlohn oder nur auf den sich rechnerisch für die inländische Fahrtstrecke ergebenden Transportlohn abzustellen?”

Verfall in Höhe des erlangten Transportlohns

Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass nach § 29a OWiG der Verfall eines Geldbetrages bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem Wert des Erlangten entspricht, also dem gesamten erlangten Transportlohn. Maßgeblich war die Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes des Vorteils, welcher dem Täter infolge der mit Geldbuße bedrohten Handlung zugeflossen ist. Zwar stelle nicht der (Gesamt-) Transport als solcher die mit Bußgeld bedrohte Handlung (§ 1 Abs. 2 OWiG) im Sinne von § 29a OWiG dar, sondern Anknüpfungspunkt des Verfalls sei nur der jeweilige Verstoß gegen deutsche Straßenverkehrsvorschriften gewesen. Denn bei einem internationalen Transport kann die erfolgte Nutzung des deutschen Verkehrsraums nicht hinweg gedacht werden, ohne dass der wirtschaftliche Vorteil des gesamten Transportlohns entfällt.

Internationaler Transport durch mehrere Länder

Eine klare Ohrfeige bekam der Betroffene vom BGH: Die Annahme, bei einem internationalen Transport werde der unmittelbare Tatvorteil nur aus dem Teil des Transportlohns gezogen, der auf den inländischen Streckenanteil entfalle, sei eine reine Fiktion. Der Transportunternehmer wird doch nicht für die zurückgelegten Streckenabschnitte bezahlt, sondern für die Ablieferung des Transportguts am Bestimmungsort!

Einstellung nach Opportunitätsgründen möglich

Auch einem weiteren Zahn zogen die Richter dem kämpferischen Betroffenen: Auch die bloße Möglichkeit einer mehrfachen Abschöpfung des Transportlohns in verschiedenen Ländern führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn sollte eine mehrfache Abschöpfung irgendwann mal in Rede stehen, kann diesem Umstand jedenfalls unter Opportunitätsgesichtspunkten im Rahmen des nach § 29a OWiG auszuübenden Ermessens Rechnung getragen werden.

Unterwegskontrollen nach EU-RiL 2014/47

Unterwegskontrollen und ihre Folgen für die Logistikbranche

Die Unterwegskontrollen sind ein wichtiger Baustein im EU-Paket zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, denn Unterwegskontrollen tragen dazu bei, dass die Machenschaften schwarzer Schafe im Straßengüterverkehr, die sich Wettbewerbsvorteile aufgrund schlampiger Ladungssicherungs-maßnahmen verschaffen, erkannt und sanktioniert werden.

Das System der Kontrollen wird nun durch die Richtlinie in eine anfängliche technische und eine ggf. gründlichere technische Unterwegskontrolle aufgeteilt. Bei der anfänglichen technischen Unterwegskontrolle wird zunächst ein für das Fahrzeug vorhandener Kontrollbericht einer  Kontrolle unterzogen. Außerdem wird die letzte TÜV-Bescheinigung des Fahrzeugs überprüft. Dann folgt eine Sichtprüfung des technischen Zustandes des Fahrzeugs.

Von Sichtprüfung bis aufwendiger technischer Unterwegskontrolle alles möglich

Im Ermessen der Prüfer steht, ob die anfängliche technische Unterwegskontrolle auf eine Sichtprüfung der Ladungssicherung gemäß § 22 Abs. 1 StVO erweitert wird. Außerdem kann eine über die Sichtprüfung hinausgehende Prüfung durch andere Prüfungsmethoden erfolgen, soweit es sich um eine in der Anlage II der Richtlinie 2014/47/EG aufgeführte Prüfungsposition handelt. Dabei geht es sich um die folgenden Prüfungspositionen:

  • Identifizierung des Fahrzeugs
  • Bremsanlage
  • Lenkanlagen
  • Sichtbarkeit
  • Beleuchtungsanlage und Teile der elektrischen Anlage
  • Achsen, Räder, Reifen und Aufhängung
  • Fahrgestell und daran befestigte Teile
  • Sonstige Ausstattungen
  • Umweltbelastung
  • Zusätzliche Kontrollen bei Fahrzeugen (zur Personenbeförderung)  der Fahrzeugklassen M2 und M3

Wird bei der anfänglichen technischen Unterwegskontrolle Mängel bei einem der vorgenannten Prüfungspunkte festgestellt oder  dass eine Position tatsächlich nicht überprüft werden kann, obwohl dies von den Prüfern für erforderlich angesehen wird, dann wird das Fahrzeug bzw. sein Anhänger der sogenannten gründlicheren Unterwegskontrolle unterzogen. Bei der werden insbesondere die Sicherheit der Brems- und Lenkanlage, die Reifen, die Räder, des Fahrgestells und die Umweltbelastung  überprüft. Die gründlichere Unterwegskontrolle ist in einer Untersuchungsstelle durchzuführen.

Bewertung von Mängeln in drei Gruppen und Folgemaßnahmen

Die bei der Kontrolle festgestellten Mängel sind anhand des Anhanges II der Richtlinie 2014/47/EU in eine der drei neuen Mängelgruppen einzustufen. Das EU-Recht unterscheidet dabei konsequent zwischen geringen, erheblichen und gefährlichen Mängeln.

a. Als geringe Mängel sind nach der EU-Neuregelung nur solche Mängel anzusehen, die für die Fahrzeugsicherheit oder Umwelt ohne bedeutende Auswirkung sind oder eine andere geringfügige Unregelmäßigkeit darstellen.

b. Als erheblich hingegen sind Mängel dann anzusehen, wenn sie die Fahrzeugsicherheit oder  die Umwelt beeinträchtigen bzw. dazu geeignet sind andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden oder eine andere bedeutende Unregelmäßigkeit gegeben ist.

c. Als gefährlich schließlich sind Mängel einzustufen, wenn sie eine direkte und unmittelbare Gefahr für die Straßenverkehrssicherheit darstellen oder die Umwelt beeinträchtigen.

Weist ein Fahrzeug oder dessen Anhänger Mängel auf, die gar in mehrere Mängelgruppen fallen, so wird es dann in die Gruppe eingeordnet, die den schwerwiegendsten Mangel aufweist. Wird für ein Fahrzeug  bei einem der zu prüfenden Prüfungsbereiche sogar mehr als einen Mangel auf, dann ist das Fahrzeug in die nächsthöhere Mängelgruppe aufzunehmen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Mängelhäufung zu einer größeren Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs oder der Umwelt führt.

Mögliche Folgemaßnahmen durch die Behörden: Nutzungsuntersagung und Frist zur Mängelbeseitigung

Weist ein Fahrzeug erhebliche oder gefährliche Mängel auf, dann kann die Benutzung des Fahrzeugs bis zur Beseitigung der Mängel vorläufig untersagt werden. Soweit gefährliche Mängel festgestellt worden sind, darf eine weitere vorläufige Nutzung des Fahrzeugs ausschließlich zu dem Zweck der Mängelbeseitigung gestattet werden, wenn bei dem Betrieb des Fahrzeugs keine unmittelbaren Gefahren für die Sicherheit der Insassen, anderer Verkehrsteilnehmer oder der Umwelt bestehen. Bei weniger erheblichen Mängeln hingegen kann eine Frist zur Beseitigung der vorhandenen Mängel gesetzt werden und die vorläufige Weiternutzung des Fahrzeugs von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden. Die Richtlinie überlässt es dem Gesetzgeber die Sanktionen festzulegen. Nach derzeitigem Stand besteht wohl noch ein Umsetzungsdefizit.

Weiterleitung des Kontrollberichts an die Zulassungsbehörde

Der von den Prüfern zwingend zu fertigende Kontrollbericht wird schließlich Übrigens an die  Zulassungsbehörde weitergeleitet, damit diese weitere Maßnahmen ergreifen kann. Soweit ein Fahrzeug betroffen ist, welches in einem Drittland zugelassen ist, kann für das Fahrzeug sogar die Einfahrt in die Bundesrepublik Deutschland sogar untersagt werden.

Das neue Kontrollsystem sieht für die Auswahl der zu kontrollierenden Fahrzeuge ausdrücklich vor, dass Fahrzeuge eines Unternehmens mit einem hohen Risikoprofil häufiger Kontrollen unterworfen und intensiver überprüft werden sollen, als Fahrzeuge eines Unternehmens mit einem niedrigeren Risikoprofil. Um das unternehmensbezogene Risikoprofil erstellen zu können werden zukünftig alle bei einer Kontrolle festgestellten Fahrzeugmängel nach Zahl und Schweregrad der Mängel unternehmensbezogen in ein von den zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten betriebenes Risikoeinstufungssystem eingegeben!

Logistiker: Last-Minute-Tipps zur RiL 2014/47

Ladungssicherheit im Fokus der RiL 2014/47

Logistiker, Versender und Frachtunternehmer beschäftigen nach wie vor Fragen zur  Richtlinie 2014/47 (“Directrive of Road Worthiness”), die im Juni 2018 in Kraft getreten ist und die u.a. die Unterwegskontrollen auf Ladungssicherung und Ladungsstabilität für Nutzfahrzeugen regelt. Diese wendet sich in erster Linie an Polizei und BAG, die die Einhaltung von § 22 StVO kontrollieren.

Qualität der EUMOS-Norm 40509 wird Standard

Nach dieser neuen Direktive wird die  EUMOS-Norm 40509 zum allgemeinen Standard der Ladungssicherheit. Die EUMOS-Norm  verlangt, dass die Verpackung sicherstellen muss, dass eine permanente Deformation von unter 5 %, eine elastische Deformation von unter 10 % und eine verschiebung der einzelnen Lagen unter 2 % (sog. vertical gap) während des Transportes ständig gewährleistet sein muss. Und auch im Rahmen dieser Toleranzen darf es zu keiner Produktbeschädigung kommen. Es muss also ein Beschleiunigungstest durchgeführt werden, wobei eine Probepalette auf eine Ladeplattform gesetzt wird und dann die Steifigkeit der palettierten Gütern mit horizontalen Trägheitskräften quantifiziert werden muss.

hier mehr zur technischen Unterwegskontrolle:

Nachweis der Ladeeinheitenstabiltiät mitzuführen

Während des Transportes muss ein geeigneter Nachweis der Ladeeinheitenstabilität geführt werden, d.h. dass das Gut auch bei einer Neigung nicht beschädigt wird. Ansonsten drohen nach der EU-Richtlinie Sanktionen wie Geldstrafen bis hin zum Entzug der Transportgenehmigung. Allerdings hat der deutsche Gesetzgeber die Bußgeldvorschriften noch nicht angepasst, so dass derzeit wohl ein gewisses Umsetzungsdefizit und damit Rechtsunsicherheit besteht. Das bedeutet aber, dass fortan jede Fracht hinsichtlich ihrer Ladungsstabilität getestet und zertifiziert sein muss. Im Fall eines Verstoßes, wird die Haftung auf den Hersteller, also auf Ihr Unternehmen verlagert, wenn nicht-zertizierte unfallverursachende Ladungen versendet wird, ohne dass genaue Klarheit über die bußgeldrechtlichen Folgen besteht.

Bußgeldumfang und Sanktionen bei Verstößen noch unklar

Weitere Haftende sind alle am Logistikprozess beteiligten Akteuere, vom Verpacker über den Verlader über das Verkehrsunternehmen bis zum Fahrzeugführer. Der genaue Umfang möglicher neuer Bußgelder und weiterer Sanktionen ist bis dato jedoch noch unklar.

Anforderungen, die an den Versender nun gestellt werden müssen:

– Ladungssicherung hat oberste Priorität

– zur Überprüfung der Ladungssicherheit müssen ausgebildete Fachkräfte eingesetzt werden

– es sollen technische Unterwegskontrollen durchgeführt werden und Nachweise dieser Kontrollen mitgeführt werden

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